Alvar Freude: „Vorratsdaten sind so schlecht nicht“

Kai Biermann hat Alvar Freude für Zeit Online zum Thema Vorratsdatenspeicherung bzw. zum Eckpunktepapier von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger befragt (und ihn bei der Gelegenheit auch gleich zum „Netzexperten der SPD“ (Update!) „Experten der SPD in der Internet-Enquete“ ernannt ,).

Gerade beim AK Vorrat und allen, die eine Vorratsdatenspeicherung pauschal ablehnen, dürften Alvars Antworten für wenig Begeisterung sorgen:

Allerdings finde ich die Vorratsdatenspeicherung so problematisch nicht – zumindest wenn sie so unterteilt ist, wie es Leutheusser-Schnarrenberger jetzt mit Quick Frezze tut: in die Bereiche „Verkehrsdaten“ bei Telefonanbietern und „Bestandsdaten“ bei Internetanbietern. […]

Beim Speichern von IP-Adressen auf Vorrat sehe ich keine große Gefahr. Man kann damit keine Nutzerprofile erstellen und nicht herausfinden, wer wann welche Website besucht hat. Nutzen bringen sie nur, wenn eine konkrete Straftat vorliegt und nun ermittelt werden soll, von welchem Anschluss sie begangen wurde. Da verstehe ich auch den Bedarf der Ermittler und könnte damit leben, wenn die IP-Adressen länger als sieben Tage gespeichert würden.

Und nein, Alvar ist da keineswegs „umgefallen“, er vertritt diese Position schon länger. Mit einigen Passagen des Interviews ist er im Nachhinein sprachlich aber wohl nicht ganz so glücklich, wie er mir gerade via Twitter schrieb:

http://twitter.com/alvar_f/status/27849883213889536
http://twitter.com/alvar_f/status/27850238878285824

Siehe auch: Jan Moenikes – Quick Freeze – der Wolf im Schafspelz (18.01.2010)

Jan Moenikes ist Anwalt mit Arbeitsschwerpunkt Wirtschafts- und Telekommunikationsrecht, Medien und Internet, Mitglied des Gesprächskeises Netzpolitk der SPD, „Pirat in der SPD“ und ja, auch Rechtsanwalt (und langjähriger Bekannter) von Jörg Tauss.

Nachtrag, 7:15: Moenikes hat seinen Aufsatz für einen Kommentar zu Sebastian Raibles Beitrag „Quick Vorratsdaten Schockspeicherung light Plus Freeze^TM“ noch einmal zusammengefasst.

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31 Ergänzungen

  1. War wohl SO kein kluger Schachzug. Bald werden Politiker diese Aussagen wieder so verdrehen dass es heissen wird dass jetzt sogar Datenschutz-Fans die VDS gut finden. Details sind ja nicht so wichtig, die fallen unter den Tisch. Wetten wir?

  2. Ich sitze gerade bei ICANN zu dem Thema https://community.icann.org/display/whoisreview/London und die Diskussionen (die man live verfolgen und per Chat daran teilnehmen kann). Ein Audiostream wird nachträglich verfügbar sein.

    Heute ging es um „Worüber reden wir?“, „Was ist Strafverfolgung?“, „Was sind Konsumenten?“ und „Wie wirken sich lokale Gesetzte aus?“

    Morgen geht es um „Wie funktioniert Strafverfolgung?“ und vieles mehr.

    Naturgemäß sind die Positionen divergent und Quick Freeze ist ebenso ein Thema wie „Welcher Offizelle hat wo was gesagt und wie relevant ist dessen Aussage in welchem Kontext“

    Hach, man sollte darüber ausführlicher schreiben.

  3. Völlig unangebrachte und vor allem unsensible Aktion, das Interview.

    Da hätte sich Alvar ruhig mal zurücknehmen können, schließlich ist er einer der exponierten Köpfe der Netzszene, auf den auch gehört wird.

    Man muss nicht auf Teufel komm raus jedes Interview annehmen und zu allem seinen Senf abgeben…

  4. @Christian: Wo kämen wir denn da hin, wenn jemand eine Meinung abseits vom Mainstream äussern dürfte.

  5. @Lutz: Klingt spannend. Wenn du was schreiben kannst/willst, wir nehmen es gern. Mailadressen hast du ja, oder?

    @Christian: Alvar steckt schon etwas länger in der Debatte drin, da ist es nur konsequent, wenn er die Chance zu einem Interview wahrnimmt.

    Ob die Äusserungen tatsächlich unangebracht sind, sollte die Netzszene diskutieren. Da dürfte es nämlich durchaus mehr als eine Meinung geben.

    De facto haben wir vier Optionen:

    a) VDS fundamentalistisch ablehnen. Kann man versuchen, ist vielleicht sogar wünschenswert, als Position aber wohl nicht durchzusetzen.

    b) Der ursprüngliche „Quick Freeze“-Ansatz der FDP. Klingt auf den Papier gut, verbindet bei Licht betrachtet aber wohl das Schlechte aus beiden Welten. Ich sehe da durchaus eine Analogie zur Telefonüberwachung.

    c) Ein Kompromiss mit übersichtlicher Speicherfrist (7 Tage? 1 Monat?) und strikter Trennung zwischen Bestands- und Verkehrsdaten. Und nein, man sollte das nicht „Quick Freeze“ nennen. Ebenso wenig, wie man Schweine schminken sollte.

    d) Eine klassische VDS nach Wünschen der Scharfmacher aus der Union.

    Ich sag’s ungern, aber wenn a) realistisch nicht zur Debatte steht, würde ich lieber die Kröte c) schlucken, bevor es d) wird.

    Ich könnte da nun natürlich heucheln und was anderes schreiben, allerdings habe ich mich da auch schon vor Jahren klar geäussert und stehe da auch zu. Und ja, IPv6 macht die Debatte nicht einfacher.

    1. Hallo,

      ich habe dazu eine Frage:
      Wo genau liegt der Unterschied von Alvar Freudes Vorschlag zur Speicherung von Verbindungsdaten zur Rechnungslegung, die Provider meines Wissens ohnehin vornehmen?

      Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass das Internet keineswegs ein anonymer und/oder rechtsfreier Raum ist. Die Anzahl geahndeter Urheberrechtsverstöße zeigt das deutlich. Offensichtlich ist die bestehende Gesetzeslage geeignet Straftaten rechtmäßig zu verfolgen. Ich glaube vielen Befürwortern der VDS sind sich darüber nicht im Klaren!

      @Jörg-Olaf Schäfers: Option c) gegenüber a) vorzuziehen weil letztere nicht durchsetzbar erscheint ist nicht korrekt. Die VDS widerspricht dem Prinzip der Unschuldsvermutung. Die Unschuldsvermutung ist ein essentieller Bestandteil unseres Rechtsverständnisses und lässt sich zum Beispiel aus Art. 1 GG und Art. 2 GG ableiten (vgl. http://books.google.de/books?id=HQVqfZ1UpDMC&lpg=PA46&ots=hvh9uFJW8w&dq=unschuldsvermutung deutschland&pg=PA46#v=onepage&q=unschuldsvermutung deutschland&f=false).
      Option c) gegenüber a) vorzuziehen, weil \a) realistisch nicht zu Debatte steht\, halte ich in diesem Zusammenhang als indiskutabel. Man kann sich nicht mal eben so gegen das Grundgesetz wenden, weil selbiges gerade nicht realistisch zur Debatte zu stehen scheint….

      Realpolitik ist bis zu einem bestimmten Punkt in Ordnung. Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, und wo mehr als eine Person entscheiden muss, da sind Kompromisse notwendig. Grundgesetz und Rechtstaatlichkeit sind davon allerdings ausgenommen, hier sind Kompromisse unzulässig!

      Ich bin für a)!

      1. huch, meine tags für die Polemik sind wohl von WordPress rausgefiltert worden. Also bitte mit Vorsicht genießen.

  6. Abwehrkämpfe helfen uns nicht weiter. Sind wir nicht mal mit dem Ziel angetreten, Freiheit auszubauen?

    Stattdessen schlucken wir jetzt Kröte C, weil das ja so geht in der Politik. Voll auf die Salamitaktik reingefallen. Und in zwei Jahren wird dann die Speicherfrist einfach erhöht auf sechs Monate. Tolle Wurst so ein Kampf für Grundrechte, wenn man das Spiel der Sicherheitsfanatiker mitspielt.

    Und den Satz „… ist so schlecht nicht“ in den Mund zu nehmen, wird Alvar leider noch bereuen, wenn Schmuseminister de Maizière ihn benutzen wird.

  7. @John F. Nebel: „Voll auf die Salamitaktik reingefallen.“

    Sorry, aber solche Unterstellungen machen mich echt wütend. Wie wäre es, zunächst einfach mal zu akzeptieren, dass jemand anderer Meinung ist?

    Wie du leicht recherchieren kannst (bzw. könntest) vertritt Alvar Position c) schon länger, als die meisten hier das Wort Vorratsdatenspeicherung buchstabieren können.

    Man muss die Position nicht toll finden (ebenso wie man die Strategie des AK Vorrat nicht toll finden muss).

    Wenn wir uns gegenseitig mit Förmchen und Unterstellungen bewerfen, kommen wir aber kein Stück weiter.

    Nachtrag, 7:15 Uhr: Einer ausufernden Salamitaktik hat das BVerfG ja bereits in seiner Entscheidung zum Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung 2007 Grenzen gesetzt.

    Deutlich wichtiger ist zur Zeit die auch von Alvar angesprochene deutliche Differenzierung bei der absehbaren Speicherung von Verkehrsdaten (insb. bei Telefonanbietern) und Bestandsdaten (insb. bei Internetanbietern).

  8. @pat: Ich kürze mal ab, weil ich ins Bett muss und morgen nachher nicht mitspielen kann:

    Jan Moenikes hat hier nochmal zusammengefasst, warum a) und b) leider keine Option sind.

    Ja, das ist ein neuer Trend bei netzpolitik.org! Jeder schreibt zu jedem Thema was, so können wir die Leser leichter verwirren ,)

  9. Ich kann nur den Kopf schütteln und ein wenig fazialpalmieren.

    In diesem Interview nimmt er das Buzzword/Konzept „Quickfreeze“ für bare Münze anstatt von „Leutheusser-Schnarrenbergers Kompromissvorschlag“ zu sprechen, und kritisiert es in Grund und Boden. Wenn ihm ihr Vorschlag nicht gefällt soll er Gegenvorschläge machen, aber bitte nicht Quck Freeze als Idee schlechtreden.

    Dann sagt er tatsächlch „Beim Speichern von IP-Adressen auf Vorrat sehe ich keine große Gefahr.“, „[Ich] könnte damit leben, wenn die IP-Adressen länger als sieben Tage gespeichert würden.“

    Da bin ich dann sprachlos. Mit 700 Euro Miete bin ich einverstanden, ich würde auch 1300 oder über 9000 akzeptieren.

    So macht man keine Kompromisse, so übt man auch keine Kritik, sorry. Kann ich nicht verstehen.

  10. @Sumosu: „Quick Freeze“ als Konzept ist schlecht (siehe dazu auch den oben nachgetragenen Link zum Kommentar von Jan Moenikes bei Sebastian).

    Das „Quick Freeze XYZ“ für Varianten mit bedingter VDS ein peinlicher Euphemismus ist, hatten wir ja auch schon geklärt (siehe dazu die beiden Links unter b) in meinem Kommentar #8).

    Eine ganze andere Baustelle ist Alvars Position zur Speicherung bzw. Herausgabe von Bestandsdaten im ISP-Bereich. Das ist in der Tat eine Glaubensfrage. Da hinkt deine Mietanalogie allerdings etwas.

    soll er Gegenvorschläge machen / So macht man keine Kompromisse

    Nun, in einem Interview sind die Möglichkeiten da naturgemäß etwas beschränkt. Da wird die inhaltliche Richtung ja vorgegeben. Ich denke aber, dass trotzdem deutlich wird, wie ein Kompromiss nach Alvars Vorstellungen aussehen könnte.

  11. Ich bitte um Verzeihung für den SPD-Netzexperten, ist beim „durch-die-Hände-gehen“ entstanden und nun verschwunden.

    Ich kann nachvollziehen, dass Alvar einige Passagen als ungenau formuliert empfindet, es ist tatsächlich nicht so leicht, ein in jedem Argument sauberes Interview am Telefon zu führen, noch dazu im Zug etc.

    Ihm aber das Recht abzusprechen, seine Meinung zu äußern, nur weil sie von der Meinung anderer abweicht, finde ich seltsam.

    Beste Grüße
    Kai Biermann

  12. Quick Freeze ist generell der Weg, den wir zu gehen haben. Allerdings eben Quick Freeze, und nicht irgendetwas „plussiges“.

    Quick Freeze heißt, daß nur auf Daten zugegriffen werden kann, die sowieso anfallen und für die keine weitere Aufbereitung stattfindet.

    VDS ist, wenn ein ISP extra Daten erzeugt oder aufbereitet, um sie den Strafverfolgungsbehörden aushändigen zu können.

    Deswegen greift Jans Kritik nicht direkt. Er sagt, daß der Vorschlag der Justuzministerin ein VDS Vorschlag ist, und kein Quick Freeze. Das ist alles.

    Hier wird politisch der Begriff „Quick Freeze“ verwässert. Trotzdem werden ich heute bei den LEAs für Quick Freeze eintreten. Und darauf bestehen, daß keine Daten eben keine Daten sind.

    Ich hatte die Diskussion gestern beim Abendessen bereits. Man sagte mir „Dein Punkt ist ok, aber bedenke, daß die Regierungen auch das Gesetz ändern können, daß aktuell die Datenerfassung verbietet. Dann bekommen wir auch mit Quick Freeze, was wir brauchen.“

  13. Mal eine Frage

    „Beim Speichern von IP-Adressen auf Vorrat sehe ich keine große Gefahr. Man kann damit keine Nutzerprofile erstellen und nicht herausfinden, wer wann welche Website besucht hat. Nutzen bringen sie nur, wenn eine konkrete Straftat vorliegt und nun ermittelt werden soll, von welchem Anschluss sie begangen wurde. Da verstehe ich auch den Bedarf der Ermittler und könnte damit leben, wenn die IP-Adressen länger als sieben Tage gespeichert würden.“

    Das gilt doch (wenn überhaupt) nur für IPv4. Bei IPv6 ist das doch schlichtweg falsch.

    Oder?

  14. Bin zwar Micro-Blogger, aber letztendlich doch nur neugieriger Netzbesucher. Also kein Aktivist oder Innendrinnensider. Eine Frage.

    Mit einer völlig gegenteiligen Forderung gegenüber dem Bundesinnenminister & Friends ist es diesem doch unmöglich, auf euch einen Schritt zuzugehen. Wenn, dann müßte er eine unwahrscheinliche Kehrtwende vollziehen.

    Die drängendsten Probleme sind doch, das weder die Provider diese Daten haben sollen (wirtschaftliche Weiterverwertung, erpreßbar durch staatl. Aufträge) noch Polizeibehörden („2 Klicks“ und man hat die Informationen auch ohne Richter). Kann man nicht beide Positionen miteinander verbinden?

    Idee und mit Bitte um eure Meinung: die Daten werden nach dem Anfallen umgehend an das Bundesarchiv übermittelt und dort offline gelaget. Der Beamtenhaufen ist nicht erpreßbar, verfolgt keine eigenen wirtschaftlichen Interessen, ist nicht dem Bundesinnenminister unterstellt und keinem Intranet einer Polizeibehörde mal eben so angeschlossen. Die würden dann wirklich auf einen Richterbescheid warten. Einer vergleichbaren Forderung könnte sich der Minister doch wohl kaum verschließen. Oder.

  15. @Annarose/@Mayleen: Ja, IPv6 ist ein durchaus ernsthaftes Problemfeld.

    Wobei Frank Rieger, zumindest, soweit ich das gerade beim Überfliegen einschätzen kann (Ich kämpfe gerade mit meiner eigenen Kolumne), auch ein wenig überzieht (Das ist ok, ist schließlich sein Job!):

    Eine uferlose Ausweitung des Quick-Freeze steht zu befürchten.

    Einer „uferlosen Ausweitung“ hat das BVerfG enge Grenzen gesetzt, auch den Kampfbegriff „Quick Freeze“ finde ich an der Stelle nicht ganz passend.

    Anyway, schön, dass wir nun vielleicht eine etwas breitere Debatte haben.

    Habt ihr schon die Diskussion zum Beitrag von Sebastian gesehen?

    Nicht, dass ich euch hier loswerden möchte, aber da ist’s gerade interessanter ,) Und ich bin eigentlich auch gar nicht da (also, hier. Siehe oben) …

  16. Die Debatte ist vergiftet.

    Das Problem ist doch, dass niemand mehr glaubt, dass diese Debatte wirklich nur geführt wird, um Strafverfolgung zu ermöglichen. Jedem müsste inzwischen klar sein, dass die VDS dazu da ist, die Bürger zu überwachen, der Rest sind Ausreden.

    Dabei gehen die durchaus berechtigten Interessen der Strafverfolger unter.

    Wie kann man hier noch eine konstruktive Debatte führen? Sorry, so wie Alvar leider nicht. Alvar schätze ich so ein, dass er sich Gedanken macht, was wäre denn sinnvoll und was könnte er konstruktiv vorschlagen. Aber das wird so nicht wahrgenommen, kann in dieser Situation nicht wahrgenommen werden.

    Alvar hat sich wohl wirklich auf IPv4 bezogen, denn, wie schon andere hier anmerkten, bei IPv6 stimmt das so einfach nicht. Und eigentlich weiss Alvar das auch.

    Durch solch einen Lapsus wird nun seine eigentlich konstruktiv gemeinte Aussage zum Problem.

    Man sieht hier sehr deutlich, wie schwierig Kommunikation ist, wenn die eine Seite immer nur hetzt und polemisiert.

    Und das ist keinesfalls die Seite der Datenschützer, die von Alvar. Es ist das traurige Ergebnis der Lügen mit dem Terror und den Kinderpornos, die jede konstruktive Diskussion so schwierig machen.

    Schade.

    Viele Grüsse,
    VB.

  17. @Jan-Olaf „a) VDS fundamentalistisch ablehnen. Kann man versuchen, ist vielleicht sogar wünschenswert, als Position aber wohl nicht durchzusetzen.“

    Wenn ich mir betrachte, welche Positionen die CDU/CSU immer wieder in der Netzpolitik vertreten und letztendlich durchzusetzen vermögen, halte ich jedes Entgegenkommen, was man als „faulen Kompromiss“ betrachten könnte, als schmerzliche Niederlage im Endresultat.

    Wieso hält man sich nicht konsequent an gegebene Fakten? Die Kriminalstatistiken belegen dort recht eindrucksvoll, dass VDS nicht das Highlight in der Strafverfolgung repräsentiert. Die im Konjunktiv geführten Debatten sollten wirklich nicht Basis für eine Gesetzesänderung sein. Es gibt auch Belege für die Gefahr von unvermeidbaren Kollateralschäden (siehe Frontal21).

    „Ich sag’s ungern, aber wenn a) realistisch nicht zur Debatte steht, würde ich lieber die Kröte c) schlucken, bevor es d) wird.“

    Weshalb steht a) nicht realistisch zur Debatte? Welcher Vogel hat dies denn gezwitschert? Das ist eine Behauptung, die sich darin begründet, dass man ein solches Strafverfolgungsinstrument unbedingt brauchen würde. Sie folgt also der Argumentation von BKA und Union. Selbst die 21 BKA Fallbeispiele, welche die VDS als unverzichtbar erklären wollen, lassen sich recht schnell entzaubern (habe ich ja in meinem Blog bereits getan).

    Man sollte die Ausgangsposition zunächst bestimmen, bevor man über das best- bzw. schlechtmöglichste Konzept diskutiert. Eigentlich sollte man das gesamte Vorhaben einstampfen, da mit Einführung von IPv6 die Karten sowieso neu gemischt werden. Gleich, wofür man sich durchringen wird, es bleibt eine Übergangslösung, aber sicher keine datenschutzfreundliche, so wie sich die Sache entwickelt.

    @Volker Birk (#25) „Durch solch einen Lapsus wird nun seine eigentlich konstruktiv gemeinte Aussage zum Problem.“

    Dem kann ich mich anschließen. Allerdings greifen die VDS- Befürworter konsequent solche Aussagen auf, um sie für sich zu verwenden. Das funktioniert recht gut, weil die Gegner sich dauerhaft um Begrifflichkeiten und Definitionen streiten, anstatt eine gemeinsame Linie zu verfolgen. Es ist wenig hilfreich, wenn Alvar Freude meine Analyse der BKA- Fallbeispiele als Unfug bezeichnet bzw. andere wiederum sein missverständliches Interview entsprechend verwerten. Die Union steht wie ein Mann hinter ihrer Sache und das macht sie so erfolgreich.

    @Lutz (#17) „Quick Freeze heißt, daß nur auf Daten zugegriffen werden kann, die sowieso anfallen und für die keine weitere Aufbereitung stattfindet.“

    Genau so hatte ich es als Techniker und Nichtjurist auch immer verstanden, doch plötzlich differenzieren Juristen und Politiker zwischen etlichen Varianten. Es gab für mich bei dieser Methode nie den Anlass zu glauben, dass man dabei anlasslos und ohne richterliche Verfügung anfallende Daten abspeichern soll. Ich war sogar so naiv, dass ich annahm, bei bereits aktenkundigen Straftaten würde man ein solches Quick Freezing bereits gedeckt durch die bestehende Gesetzeslage anwenden. Jan Moenikes belehrte mich eines besseren und will es mir auch noch detailliert erklären (danke schon mal im Voraus). Wie ist es dann möglich, dass die Content- Industrie so erfolgreich bei Abmahnungen vorgehen kann und darf bzw. wieso sind Kreditinstitute so reaktionsschnell, wenn Phishing & Co. ihre Infrastruktur bedroht? Irgend etwas läuft hier gewaltig schief?

    Gruß,
    J.D.

  18. @Johannes Döh:

    Die Kriminalstatistiken belegen dort recht eindrucksvoll, dass VDS nicht das Highlight in der Strafverfolgung repräsentiert.

    Mit Verlaub: Ich halte die vom AK Vorrat in diesem Zusammenhang lancierte PR für irreführend und nicht aufrichtig [1].

    Ich finde es wirklich ärgerlich, dass der AK Vorrat immer wieder auf solche Spielchen zurückgreift [2]. Eigentlich arbeiten dort ja viele engagierte Leute (die ich persönlich sehr schätze!) an einer guten und wichtigen Sache. Nunja.

    Weshalb steht a) nicht realistisch zur Debatte?

    Steht doch oben. Unter anderem ist da die EU im Weg.

    „Jörg-Olaf“, übrigens.

    [1] Die VDS hat vor allem deswegen kaum etwas gebracht, weil vor ihr Einführung bereits eine ~80-tägige Speicherung von IP-Adressen üblich war. Das schien in vielen Fällen zu reichen. Und genau die Möglichkeit fehlt, wenn gar keine Zuordnung mehr möglich ist.
    [2] Damals schon, siehe den verlinkten Thread auf der Fitug-Liste. Alvar hatte das Thema auch mal am Wickel: http://blog.odem.org/2009/02/ak-vorrat-spielt-mit-der-angst.html.

  19. Sorry übrigens, wenn ich oben mitunter ein wenig unfreundlich klinge. Ist nicht persönlich gemeint (oder selten ,).

    Das Problem, generell, und hier wieder speziell, ist einfach, dass es bei komplexen Themen wie der VDS unglaublich zeitaufwändig ist, auf alle Kommentare in einer Tiefe einzugehen, wie es eigentlich nötig wäre.

    Sobald man versucht, bei einem kontroversen Thema auf die Fragen und Kommentare von 3 oder mehr Leuten parallel einzugehen (bzw. auf mehrere eingehen muss, damit eine Debatte nicht vollends aus dem Ruder läuft), hat man eigentlich schon verloren (oder braucht eine Vertretung fürs Real Life).

    Das trifft dann leider nicht nur die Kommentare, wo es eine Menge geradezurücken gibt (ganz gleich, ob Missverständnisse, Unwissen oder gezielte Angriffe), sondern manchmal auch die, aus denen ein konstruktiver Dialog entstehen könnte.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.