Wird NDR gegen depub.org vorgehen?

Gestern haben wir über depub.org berichtet, einer Plattform, wo die depublizierten Inhalte von tagesschau.de für die Nachwelt gerettet werden. Heute berichtet Carta, dass der NDR auf Nachfrage erklärt habe: NDR will mit “allen juristischen Mitteln” gegen Depub.org vorgehen.

Der NDR wird mit allen juristischen Mitteln gegen Depub.org vorgehen, soweit dies möglich ist.


Erschwert wird das Vorgehen dadurch, dass die Server im Ausland stehen und der Domaininhaber nicht so einfach zu identifiizieren ist (Gut gemacht!). Gut möglich, dass der NDR in Form seiner Pressesprecherin nur das sagt, was man offiziell halt zu einem solchen Fall sagen muss. Denn mit einem rechtlichen Vorgehen hat man die große Chance, sich im Netz so richtig unbeliebt zu machen. Und das wird man sicher nicht wollen.

Vor kurzem erst erklärte der Redaktionsleiter von tagesschau.de, Jörg Sadrozinski, im Interview mit Politik-Digital:

Ich kann es gut verstanden, wenn man sagt: Wir wollen diese Inhalte retten und wir wollen sie quasi anderen zur Verfügung stellen. Also von uns aus wird da nichts passieren, das wir eben dies verhindern würden.

Kai Biermann hat den passenden Kommentar auf Zeit.de: Freie Archive für informierte Bürger!

Rechtlich ist das illegal. Sachlich aber ist es zivile Courage. Illegal, weil der von gewählten Abgeordneten in einem demokratischen Prozess beschlossene Rundfunkstaatsvertrag das sogenannte Depublizieren vorsieht und zum Recht erhebt. Illegal auch, weil die Aktion die Urheberrechte von Autoren verletzt. Zivilcourage, weil sie – um ein unabhängiges und frei zugängliches Informationsportal namens Wikipedia zu zitieren – bedeutet, dass jemand „ohne Rücksicht auf sich selbst, soziale Werte oder die Werte der Allgemeinheit vertritt“. Und das tut depub.org.

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34 Ergänzungen

  1. Sehr geehrte Frau Bents,

    Sie werden auf carta.info zitiert mit

    „Der NDR wird mit allen juristischen Mitteln gegen Depub.org vorgehen, soweit dies möglich ist.“
    http://carta.info/33886/ndr-will-mit-allen-juristischen-mitteln-gegen-depub-org-vorgehen/

    Dazu meine Fragen:

    a) Geht der NDR üblicherweise auch mit unmöglichen juristischen Mitteln gegen Dritte vor?
    b) Wenn nein, warum betonen Sie diese Einschränkung?
    c) Welches Interesse hat der NDR, mit allen möglichen juristischen Mitteln gegen depub.org vorzugehen?
    d) Sind andere Mittel als juristische bereits erschöpft?
    e) Wenn nein, warum nutzt der NDR diese nicht zuerst?
    f) Erwarten Sie weitere De-depublikations-Aktionen mit Inhalten, die früher mal auf NDR-Seiten standen?

    Mit freundlichen Grüßen,
    Mathias Schindler

  2. Ach Gottchen,

    da werden also die lieben Kollegen von (mutmaßlich) CMS Hasche Sigle was zu recherchieren bekommen.

    Der NDR scheint momentan sehr auf seine Urheberrechte bedacht, denn er versucht ja auch in mindestens einem Fall die Verbreitung der Satire „Wer stoppt die schwarze Pest“ unter Berufung auf das Urheberrecht gerichtlich zu unterbinden.

  3. Sehr gute Aktion!

    Am Ende wird nämlich noch behauptet, wir wären nie im Krieg mit Ozeanien gewesen…

    Und @Olaf: Rückgrat beweisen kostet ja nichts und bringt viel :)

  4. Gibt es eigentlich einen Grund, weshalb die ÖR ihre Onlineinhalte (wo möglich) nicht komplett unter einer Lizenz wie CC-by-nc-nd (Nennung des Autors, nichtkommerziell, nichtveränderlich) veröffentlichen?
    Beim NDR kenne ich das von Extra 3 und ZAPP.
    Bei Harald Schmidt, der Sportschau und anderen eingekauften Inhalten kann ich mir zwar vorstellen, dass das nicht erlaubt ist, ich hätte aber nichts dagegen, Panorama oder hart aber fair in Zukunft bei youtube oder vimeo zu finden.

  5. Zumal: Da jetzt ja eh die Geräte- duch eine Haushaltsabgabe ersetzt werden soll (ist das noch aktuell?), macht es Sinn, jedem die Inhalte für die er bezahlt (auch für den Internetzugriff) frei zugänglich zu machen.

  6. @heldt: Ja, gibt es. Hatte ich oben ja bereits angerissen. Ein bisschen mehr zum Thema findest du im Blog von Meike Richter (hat das CC-Projekt) beim NDR betreut.

    „Hart aber fair“ wird – genau wie „Harald Schmidt“ zugekauft (wird eigenverantwortlich von Plasbergs Firma „Ansager & Schnipselmann“ produziert). Auch bei Panorama dürfte – wie bei fast allen Magazinen der ÖRs – ein beachtlicher Teil von externen Produktionsfirmen stammen.

  7. Wie schon in anderen Blog geäußert: Die Pressestelle konnte kaum anders antworten.

    Denn mit einem rechtlichen Vorgehen hat man die große Chance, sich im Netz so richtig unbeliebt zu machen. Und das wird man sicher nicht wollen.

    Man muss dazu wissen, dass der NDR durchaus gespalten ist (meine Wahrnehmung):

    Es gibt den NDR aus Schleswig-Holstein (Kiel): sehr unpolitisch, sehr uninformativ, immer an die Heimatseele appellierend. Das exakte Gegenteil des abgesetzten hessischen vorabendlichen Informationsmagazins.

    Und dann gibt es den NDR aus Hamburg (u.a. „Tagesschau“): kritisch, informativ und natürlich extra-3.

  8. vielleicht wollen sie ja auch nur den Streisand Effekt nutzen, damit so viele Leute wie möglich von dem Schwachsinn, den die Politik da beschlossen hat, erfahren.

  9. Aber Leute!

    Debup.org verfolgt sicher nur ehrbare Ziele, dass damit aber die Urheberrechte der Journalisten mit Füßen getreten werden, und schlicht gegen geltendes Recht verstoßen wird, sieht keiner?

    Hauptsache immer gegen GEMA, ARD, ZDF, Gesetzgeber… Ist das die neue Form des Punks? Mich wunder doch ein wenig die Haltung padeluuns zu diesem Thema. Wenn der Rechteinhaber nicht mehr haben möchte, dass die Inhalte genutzt werden, dann kommt ein depub.org daher und tritt eben dieses exklusive Recht mit Füßen.

    Keiner möchte, dass private Bilder oder Briefe im Netz landen bzw. wenn er diese aus dem Netz nimmt, dass diese auch daraus bleiben. Warum darf der NDR nicht auch seine Beiträge aus dem Netz nehmen? Gleiches Recht für alle!

    Gruß

    Pti

    1. @Peter Müller: Die Vielzahl der Autoren, die in den Tagesschau-Foren Beiträge hinterlassen hatten, wurden auch nicht gefragt, ob sie möchten, dass ihre Beiträge verschwinden.

  10. @25, Peter Müller: Satire? Ironie?

    Dass der NDR seine Beiträge aus dem Netz nehmen „darf“ ist ja eine schöne Umschreibung. Politik und Verlagslobby zwingt sie dazu. Und dass die Autoren der einzelnen Artikel ein Interesse daran haben, dass ihre Artikel wieder verschwinden sehe ich auch nicht. Vor der Änderung des Staatsvertrag war ja auch gar nicht geplant, dass die Artikel nach kurzer Zeit wieder offline gehen und da haben sie ja auch zugestimmt, dass ihre Texte auf tagesschau.de veröffentlicht werden.

  11. Hallo Balkonschlaefer,

    es ging mir um das Prinzip! Und: die Autoren waren/sind mehr oder weniger gezwungen, der VÖ im Netz zuzustimmen (bin „leider“ vom Fach). Extra vergütet wird die Onlinenutzung nicht!

    Es geht hier nicht um Ironie, sondern darum, dass einige hier nicht das in D (und nicht nur da) geltende Recht zu beachten.

    Gruß
    Pit

    1. @Peter Müller: In diesem Fall kann ich es verstehen, wenn Autoren „gezwungen“ wurden, einer VÖ im Netz zuzustimmen, immerhin ist tagesschau.de nicht gedruckt erhältlich. Ich verstehe Deinen Punkt, aber meine Meinung deckt sich ziemlich mit dem Kommentar auf Zeit.de (Und das losgelöst von GEMA, GVU und anderem, was Du ansprichst).

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.