Wikipedia-Konferenz: Ein Kritischer Standpunkt

Vom 25. – 26. September 2010 findet in Leipzig die Konferenz „[[Wikipedia:Ein Kritischer Standpunkt]] „ statt. Aus der Ankündigung:

Ziel der Konferenz [[Wikipedia:Ein Kritischer Standpunkt]] ist es, Wikipedia-ForscherInnen, KritikerInnen und Community-MitgliederInnen für eine produktive, interdisziplinäre Auseinandersetzung mit dem Mainstream-Wissensmedium Wikipedia zusammenzubringen. Weiteres Ziel ist es, die deutschsprachige Wikipediaforschung sichtbarer zu machen und die Beschäftigung mit Wikipedia in die gegenwärtige Diskussionen um die Konstitution globaler sozio-technischer Informationsarchitekturen einzubetten.

Der Eintritt ist frei und die Konferenz findet in der Universitätsbibliothek Leipzig, Bibliotheka Albertina, Beethovenstr. 6 in Leipzig statt. Das Programm ist noch nciht veröffentlicht, soll sich aber um diese drei Punkte drehen:

Wikipedia & die Politik freien Wissens

Die mehrsprachige Wikipedia-Plattform gilt als eines der Erfolgsbeispiele für den Transfer von FLOSS (Free/Libre/Open Source Software)-Prinzipien auf die Ebene der Inhalteproduktion. Auf der Social-Web-Plattform versammeln sich unterschiedlichste Akteure, um Wissen darzustellen, über die ‚richtige‘ Darstellung von Wissen in der Öffentlichkeit zu diskutieren und Fragen des Zugangs zu Wissen anzugehen. Bei der Herstellung von Wissen als ‚common good‘ verschiedener sprachlich strukturierter Öffentlichkeiten in der Wikipedia bilden Konzepte des ‚Freien’ bzw. ‚Offenen’ (free knowledge/open source) den Kern. Was liegt aber hinter diesen Konzepten? Dienen sie gar als ‚leere Signifikanten’?

Digitale Governance

Welche neuen Prozesse und Strukturen determinieren den (Nicht-) Zugang zu Wissen? Welche Beziehungen entstehen zwischen Wikipedia und externen gesellschaftlichen Institutionen wie z.B. Schulen? Wie ist ‚agency‘ innerhalb der Wikipedia verteilt? Solche Fragen der Selbstregulation sind eng verwoben mit dem Versuch, die Architekturen der Partizipation in der Wikipedia als Kollaboration bzw. ‘ad hoc meritocracies’ (Alex Bruns) zu beschreiben. Eine Analyse der Rekonfiguration des Politischen und neuer Formen der Schließungen blieb dabei bislang außen vor. Doch eine Auseinandersetzung mit der digitalen Governance bedeutet in erster Linie, dass die Rolle(n) und Ideologeme der MediaWiki-EntwicklerInnen sowie der institutionellen Hinterbühne (Wikimedia Foundation, Wikimedia Chapter) kritisch in Bezug zur Idee des ‚freien Wissens’ gesetzt werden.

Wikipedia & Bildung

Zeitungen, Fernsehen, Radio und das Kino sind Gegenstand medienpädagogischer Analysen und haben innerhalb der Diskussionen ihren festen Platz gefunden haben. Obwohl im Bildungsalltag Wikipedia in Nutzungspraktiken – insbesondere bei Jugendlichen – Eingang gefunden hat, bedarf es dagegen noch einiger Anstrengungen, um ähnliche kritische Analysen für digitale Projekte wie die Wikipedia zu entwickeln. Wissen über die Wissensherstellung ist für den Bereich der politischen Bildung nicht nur eine Frage der Medienkompetenz, sondern auch eine Frage der Entwicklung eines kritischen, hinterfragenden Bewusstseins: Auf der Wikipedia versuchen unterschiedliche Akteure – von staatlichen über wirtschaftlichen bis hin zu zivilgesellschaftlichen Akteuren – Deutungshoheit über historische wie aktuelle Themen in so genannten ‘edit wars’ zu gewinnen. Die De- bzw. Rekonstruktion solcher politischen bzw. politisierten Kontroversen ist in der heutigen Informationsgesellschaft wichtiger Bestandteil für politische Bildung, um ein Verständnis für politische Kultur entwickeln zu können.

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15 Ergänzungen

  1. So sehr ich das Gendern der Sprache auch richtig finde und selbst anwende, „MitgliederInnen“ ist nun wirklich nonsense.

  2. sorry für OT

    aber bei diesem Bericht ist der „read more“ link wieder einmal in einem Quote, kann man den Link nicht unter dem Artikel platzieren?

    mfg

  3. @Michael: Löblicher Ansatz. Tun Sie aber bitte sich und Ihren potentiellen Lesern einen Gefallen und verzichten Sie künftig auf die Anwendung des gender fascisms. Danke.

  4. @markus: „gender fascism“ ist eine exaggeration, die mir spontan in den Sinn kam, als ich nach einer treffenden Formulierung für den Kommentar suchte. Sie soll ausdrücken, dass ich die radikale Verschlimmbesserung der deutschen SprachIn durch Entfernung des generischen Maskulinums nicht gutheiße. :)

    1. @XPockel: Dann solltest Du Dir mal Gedanken machen, was Faschismus ist und wieso man, um nicht als Depp dazustehen, eine geschlechtsneutrale Sprache damit nicht gleichsetzen sollte.

  5. @markus: Ich denke, du verwechselst da zwei Dinge:

    1.) war die Sprache schon vorher geschlechtsneutral (http://de.wikipedia.org/wiki/Generisches_Maskulinum), es wurde lediglich die Definition von „geschlechtsneutral“ geändert und

    2.) wurde „Faschismus“ wie diverse andere Schlagworte, Sprüche und Strophen über die Jahre sehr verschliffen und war vom Wortstamm her mal eine Bezeichnung für die (autoritäre) Herrschaft der Inhaber von Fasces (http://de.wikipedia.org/wiki/Fasces).

    Es wäre mir wahrlich ein innerer Reichsparteitag, wenn mich das wieder vom Deppen wegqualifiziert ;)

  6. Ich muss sagen, dass auch ich sprachlos über solche Ausdrücke wie „gender fascism“ bin. Ihr habt das wirklich noch nicht kapiert? Ich empfehle das Büchlein „Mehr Frauen in die Sprache„, damit es klar wird, wie man inklusiv schreiben kann, ohne unnützige „In“ oder „/innen“ verwenden zu müssen.

    Z. B. geht es so zu schreiben: „Ziel der Konferenz [[Wikipedia:Ein Kritischer Standpunkt]] ist es, Wikipedia-Forschung, Wikipedia-Kritik und der sog. „Community“ für eine produktive, interdisziplinäre Auseinandersetzung mit dem Mainstream-Wissensmedium Wikipedia aufeinander treffen zu lassen.“ Einfach mal nachdenken, wie man neutral schreibt.

    Ich unterrichte auf Deutsch immer im Femininum (mit zwei Ausnahmen: selbstverständlich ist es „Sekretär“ und „Arzthelfer“, am sonsten „Programmierin“, „Kundin“, „Chefin“, etc. Ihr seid ja mitgemeint, Jungs). Ein Student sagte mal zu mir: Ich fühle mich aber so ausgeschlossen. Eben.

    Das Thema war aber eigentlich die Wikipedia, auch ein Ort wo Frauen sich unerwünscht fühlen können. Ich finde es sehr wichtig, das über das Wikipedia-Weltbild nachgedacht wird und wie es unsere Denke prägt. In manche Kommentar-Abteilungen fühle ich mich auch an das raue Klima der Löschdiskussionen erinnert. Können wir die Attacken nicht sein lassen, und über die Inhalte diskutieren?

    Schade, dass ich bereits Termine habe am Wochenende, sonst wäre ich gerne in Leipzig gewesen.

  7. Entschuldigung. Ich dachte, in netzaffinen Kreisen herrscht genügend Pragmatismus und Allgemeinbildung, dass man mal kurz und knackig ein Wortspiel bringen könnte ohne gleich eine enotionale PC-Diskussion vom Zaun zu brechen. Kommt nicht wieder vor, ich gelobe gründlichere Selbstzensur.

    Frohes Rachenehmen für 5000 Jahre Patriarchat auf dem Rücken der Studenten.

  8. Das sind eigentlich tatsächlich ziemlich spannende Themen über die es sich zu diskutieren lohnt. Gerade die ‚edit wars’können ziemlich anstrengend sein…Ich habe ein bißchen an der englischsprachigen Version mit geschrieben und zuweilen fand ich es ganz schön zermürbend, weil du immer wieder mit denselben 5 Nasen ein Thema zerkaust…Ärgerlich ist es, wenn du dein Wissen belegen kannst und die Gegenseite nicht..Wenn es wirklich um divergierende Sichtweisen geht, fände ich es schön, wenn Wikipedia einen etwas wissenschaftlicheren Stil annehmen würde und an der ein oder anderen Stelle Forschungskontroversen aufnimmt und aufzeigt..Das geschieht häufig nur sehr indirekt…(Ich finde übrigens, dass sich in 90% Qualität durchsetzt..nach zähem Prozess)

    Open source finde ich einen schönen Schein, denn wem ist denn dieses Wissen zugänglich bzw. wer nutzt es..???? Auch bei Wikipedia werden die Autoren zumeist gebildete Abiturienten, Studenten sein und diese sind kaum repräsentativ für die Durchschnittsgesellschaft..Also soziale Hierarchien bilden sich trotz (vermeintlich) freier Zugänglichkeit weiter ab…
    Wikipedia als Wissensstrukturhegemon ist vor allem eine Erscheinung bei Schülern, die gerne wikipedia Artikel als Referatsvorlage nehmen..Wikipedia ersetzt auch bei den meisten Studenten das moderne Lexikon…
    Also es ist schon zu einer zentralen Macht aufgestiegen, daher ist auch wichtig, wer bei wikipedia schreibt und wie die edit wars sich gestalten…

  9. Ob man sich da dann auch endlich mal darauf einigen könnte gute Artikel aus anderen sprachlichen Ablegern der Wikipedia zu übersetzen anstatt nur einen Bruchteil der deutschen Version zu erlauben?

  10. Es heißt doch ohnehin „das Mitglied“, ist also sächlich. „Mitglieder“ ist also die Mehrzahlform eines sächlichen Wortes und somit geschlechtsneutral.
    Bei „Teilnehmer“/“Teilnehmerin“ wäre das was anderes. Da würde ich die Mehrzahlform „Teilnehmer/innen“ verwenden.

  11. XPockel hat also weder den Beitrag von Michael verstanden, der ja die Verwendung von „MitgliederInnen“ nicht forderte, sondern zu Recht kritisierte, noch hat er verstanden, das „Mitglieder“ eben gerade kein Beispiel für ein generisches Maskulinum ist, weil ohnehin sächlich.

  12. Ich verstand „So sehr ich das Gendern der Sprache auch richtig finde und selbst anwende […]“.

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