Politiker-Rhetorik auf der re:publica ’10

Der Linguistik-Professor Martin Haase hat auf dem 26c3 einen spannenden Vortrag zur „Leyen-Rhetorik“ gehalten. Die Folien haben wir schon gebloggt und eine MP4 des Videos findet sich hier.

Bei dem Vortrag kam mir die Idee, Martin Haase auf der kommenden re:publica’10 einen ähnlichen Vortrag halten zu lassen. Allerdings nicht über die Rhetorik im Rahmen der Zensursula-Debatte, sondern generell darüber, wie Politiker das Internet in ihren Reden und Interviews verwenden und beschreiben. Martin gefiel die Idee auch gut und nun will er es machen. Der Arbeitstitel lautet bisher: „Auf der Überholspur zum Stoppschild: Politiker sprechen über Datenautobahnen“.

Dazu brauchen wir nur Eure Hilfe! Politiker-Aussagen gibt es zahlreich und auch in der Datenbank dieses Blogs finden sich unzählige Zitate. Was sind Eure Lieblingszitate und/oder „Bilder“, die von Politikern verwendet wurden, um sich dem „Phänomen Internet“ zu nähern?

Quellenangaben könnt Ihr gerne (am Besten mit Links) in den Kommentaren posten.

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14 Ergänzungen

  1. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl antwortete am 4. März 1994 in der Sendung „Gefragt“ mit Hans Meiser auf die Frage von Christian Wedell (Microsoft Deutschland) nach dem Ausbau einer Datenautobahn in Deutschland wie folgt: „Ja, da sind wir ja mitten in der Diskussion, das weiß hier ja kaum einer besser als Sie, und Sie wissen auch wie heftig umstritten das ist. Die Zukunft läuft in diese Richtung, aber wir brauchen dafür Mehrheiten und wir sind ein föderal gegliedertes Land und Autobahnen sind elementar, auch mit Recht, in der Oberhoheit der Länder. Der Zustand den wir jetzt auf den Autobahnen haben ist dergestalt, dass wir wissen, wann wir überhaupt nur noch von Stop and Go auf Autobahnen reden können.“
    http://infos.aus-germanien.de/Datenautobahn

  2. Datenautobahn? War das nicht der Begriff, der nach der Jahtausendwende irgendwie verschütt gegegangen ist? In diesem Zusammenhang fällt mir auch der Cybersex und der Datenhandschuh wieder ein :)

  3. „Ich weiß nur, dass es Leute gibt, die da so ein Programm entwickelt haben, womit man mit einzelnen Fundwörtern dann was finden kann, aber ich mach das nie.“

    Hans-Christian Ströbele, MdB (Grüne), auf die Aufforderung, mal ein paar unterschiedliche Browser zu nennen.

    http://www.chip.de/bildergalerie/Verrueckte-Internet-Zitate-von-Pionieren-Promis-und-Politikern-Galerie_34474887.html

    «Ich habe Gott sei Dank Leute, die für mich das Internet bedienen.»
    Michael Glos, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, im März 2007.

    http://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=204016&_t=ft&_b=1258671

    «Das Internet ist heute so etwas wie die universelle Plattform des heiligen Krieges gegen die westliche Welt. Es ist Kommunikationsmedium, Werbeträger, Fernuniversität, Trainingscamp und Think Tank der Islamisten zugleich.»
    Wolfgang Schäuble, Bundesinnenminister, 14.09.2007.

    http://schwarzbu.ch/blog/politische-zitate/index.html

    Markus Söder (CSU): „Der Staat muß die Staatsanwaltschaften und die Polizei schulen, wie das Internet funktioniert und wie man kriminelle Benutzer herausfindet“, sagt Söder. „Wir brauchen über kurz oder lang den Cyber-Cop.“

    Focus 1995

    http://www.focus.de/politik/deutschland/csu-verbrecherjagd-auf-der-internationalen-datenautobahn_aid_150490.html

  4. \Datenautobahn? War das nicht der Begriff, der nach der Jahtausendwende irgendwie verschütt gegegangen ist?\

    Leider überhaupt nicht, wie ich gerade bei einer Google-Suche erfahren musste. Für Lokalzeitungen, die CSU und die Zeit ist das immer noch der hippste Begriff für dieses komische \Internet\.

  5. Na, der Lieblingskracher unserer Politdarsteller ist doch immer noch der vom „Internet als rechtfreiem Raum“, dicht gefolgt vom „milliardenstarken Marktplatz für Kinderpornografie“ direkt neben dem „Globalen Planungsort für terroristische Aktionen“.

  6. na gut: nachdem der hinweis auf kohl und wedell schon gefallen ist kann ich zumindest noch ein kleines foto beisteuern: eine displaywerbung zur „information autobahn“ auf dem times square in new york:

    http://tinyurl.com/datenautobahn

    lustig, dass die amerikaner ausgerechnet ein deutsches fremdwort benötigen, um schnelle internet-kommunikation zu verkaufen …
    das bild ist natürlich copyright-frei ;-)

  7. Persönliches Best-of der Internetausdruckerphrasendrescher, teilweise mit leichtem Überhangmandat zum Thema „Killerspiele“ – bei vielen Volksvertretern offensichtlich mit dem Internet gleichzusetzende Ursache für den Untergang des westlichen Abendlandes.

    „Der Generalverdacht ist zeitlich begrenzt.“
    http://www.piratenpartei-sh.de/pressemitteilungen-mainmenu/18-pressemitteilungen/270-piraten-entern-spd-veranstaltung.html
    (Rother, SPD, auf die Frage hin, ob die Vorratsdatenspeicherung nicht den Bürger unter Generalverdacht stelle)

    „Wer die Überprüfung von Daten auf Rechnern potenzieller Terroristen für einen Einbruch in den grundgesetzlich geschützten Wohnraum hält, hat das Wesen des Internets nicht verstanden.“
    http://www.nrw.de/presse/nrw-verfassungsschutzgesetz-garantiert-balance-von-freiheit-und-sicherheit-minister-dr-ingo-wolf-schaerfere-ueberwachung-von-terroristen-1965/
    (Wolf, FDP, Innenminister NRW)

    „Die Piratenpartei wird eine vorübergehende Erscheinung sein. Das Internet gehört allen und wir werden es nicht zulassen, dass es sich eine kleine Minderheit aneignet und selbst die Regeln bestimmen möchte. Ich finde die Piratenpartei intolerant.“
    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,641801,00.html
    (Oppermann, SPD)

    „Eine Ausdehnung der Netzsperren auf andere Inhalte als Kinderpornographie sollte klug beachtet werden, z.B. um Antisemitismus besser zu bekämpfen.“
    blogs.sueddeutsche.de/schaltzentrale/2009/08/05/fuenf-thesen-gert-weisskirchen/
    (Weisskirchen, außenpolitische Sprecher der SPD)

    „In jedem Fall sollte aber meines Erachtens in der Debatte, welche Maßnahmen zur Gewaltprävention ergriffen werden, die von den Bundesministern von der Leyen und Schäuble vorgeschlagene Sperrung von kinderpornografischen Seiten im Internet mit Blick auf Killerspiele neu diskutiert werden.“
    http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,631341,00.html
    (Strobl, CDU, Schwiegersohn des damaligen Innenministers Schäuble)

    „Ich halte es für richtig, sich erstmal nur mit dem Thema Kinderpornografie zu befassen, damit die öffentliche Debatte nicht in eine Schieflage gerät.“
    http://www.heise.de/tp/blogs/8/140775
    (Bosbach, CDU, zur Einführung von Internetsperren)

    „Es macht mich schon sehr betroffen, wenn pauschal der Eindruck entstehen sollte, dass es Menschen gibt, die sich gegen die Sperrung von kinderpornographischen Inhalten sträuben. Das ist nun wirklich einer der wichtigsten Vorhaben in vielerlei Hinsicht.“
    http://www.netzpolitik.org/2009/online-petition-in-der-tagesschau/
    (Guttenberg, CDU, zur Petition gegen Internetsperren)

    „Rivalisierende Jugendbanden putschen sich mit Hassbotschaften und Gewaltposen im Internet auf, um sich anschließend zu Straftaten zu verabreden.“
    http://www.heise.de/ct/meldung/Die-Junge-Union-NRW-fordert-staerkere-ueberwachung-von-Online-Videoportalen-214022.html
    (Volmering, JU-Landesvorsitzender NRW, will YouTube zensieren lassen)

    „Für mich steht jedoch fest, dass z.B. das Freiheitsrecht eines Kindes, nicht sexuell missbraucht und Pädophilen zur Schau gestellt zu werden, um einiges höher zu bewerten ist als eine verabsolutierte „Freiheit des Internets“ oder anderes dummes Geschwätz. Die ganze pseudo-bürgerrechtsengagierte Hysterie von Pseudo-Computerexperten, man müsse um jeden Preis ein „unzensiertes Internet“ verteidigen etc. – vgl. http://www.ccc.de -, fällt für mich in die Kategorie: juristisch ohne Sinn und Verstand und moralisch verkommen.“
    http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_hans_peter_uhl-650-5550–f173841.html
    „Was die Chinesen können, sollten wir auch können. Da bin ich gern obrigkeitsstaatlich.“
    http://www.datenschutz-ist-buergerrecht.de/blog/archiv/281-csu-traeumt-von-chinesischen-zensurmassnahmen
    (Uhl, CSU, zu Internetsperren)

    „Wir finden heute im Internet Bombenbauanleitungen, wir finden Anschlagspläne, wir finden Aufträge für die Durchführung von Anschlägen, Propaganda, die Ideologisierung, also die Rekrutierung junger Menschen zum Dschihad als Suizidattentäter. Das Internet ist das entscheidende Kommunikationsmittel des internationalen Terrorismus und die Szene arbeitet hoch konspirativ.“
    http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/interview/590511/
    „Das Schadenspotenzial der Internetkriminalität ist immens. Durch das Internet sind Täter in der Lage, Firmen und sogar Staaten in die Knie zu zwingen.“
    http://www.netzeitung.de/internet/viren/818650.html
    (BKA-Präsident Ziercke)

    „Das Internet hat sich zu einer modernen Tatvorbereitungswaffe für Terroristen und andere schwere Straftäter entwickelt.“
    http://www.abgeordnetenwatch.de/christian_schmidt-650-5617–f58879.html
    (diverse Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, auf abgeordnetenwatch.de – „Copy&Paste-Fraktion“)

    „Wenn das Internet zum Tatort wird und wenn der Rechner zum Tatmittel wird, dann kann ich diese Form der Planung von schweren Verbrechen nicht mit TipEx bekämpfen.“
    http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video581046_bcId-ts15070_ply-internal_res-flash256_vChoice-video581046.html
    (Bosbach, CDU)

    „Killerspiele widersprechen dem Wertekonsens unserer auf einem friedlichen Miteinander beruhenden Gesellschaft und gehören geächtet. In ihren schädlichen Auswirkungen stehen sie auf einer Stufe mit Drogen und Kinderpornografie, deren Verbot zurecht niemand infrage stellt.“
    http://www.heise.de/tp/blogs/6/135602
    (Bayerns Innenminister Herrmann, CSU)

    „Wer die Stoppseite zu umgehen versucht, macht sich bewusst strafbar, weil er dann aktiv nach Kinderpornografie sucht.“
    http://www.zeit.de/online/2009/26/leyen-heine-netzsperren
    „Mir geht es jetzt um den Kampf gegen die ungehinderte Verbreitung von Bildern vergewaltigter Kinder. Der Straftatbestand Kinderpornografie ist klar abgrenzbar. Doch wir werden weiter Diskussionen führen, wie wir Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im Internet im richtigen Maß erhalten.“
    „Wir wissen, dass bei den vielen Kunden, die es gibt, rund 80 Prozent die ganz normalen User des Internets sind. Und jeder, der jetzt zuhört, kann eigentlich sich selber fragen, wen kenne ich, der Sperren im Internet aktiv umgehen kann. Die müssen schon deutlich versierter sein. Das sind die 20 Prozent. Die sind zum Teil schwer Pädokriminelle. Die bewegen sich in ganz anderen Foren. Die sind versierte Internetnutzer, natürlich auch geschult im Laufe der Jahre in diesem widerwärtigen Geschäft“
    http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,623125,00.html
    „Pornografische Videos, auf denen Kinder gequält und gefoltert werden, werden allein in Deutschland bis zu 50.000-mal im Monat heruntergeladen. Die Bandbreite reicht vom Pädokriminellen bis zum User, der wahllos sucht und ignoriert, dass er sich gerade die Einstiegsdroge besorgt.“
    http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,591526,00.html
    (von der Leyen, CDU)

    „Wenn durch das Sperren von Internetseiten auch nur ein einziger Fall von sexuellem Missbrauch an einem Kind verhindert wird, dann hat es sich für mich gelohnt.“
    http://www.csu-bundestagsabgeordnete.de/Titel__Seitentitel/TabID__55/SubTabID__86/InhaltTypID__2/InhaltID__12946/Reden.aspx
    (Noll, CDU)

    „Weil das Netz anonym ist und soziale Kontrolle kaum stattfindet, verbreiten sich dort auch illegale Inhalte besonders häufig und schnell.“
    http://www.welt.de/webwelt/article4161912/Das-Internet-der-Hass-der-Dreck-und-die-Freiheit.html
    (Zypries, SPD)

    „Das Internet ist zum Leitmedium des Heiligen Krieges gegen die westliche Welt geworden.“
    http://www.swr.de/nachrichten/-/id=396/nid=396/did=2838440/1lfmcm4/
    (Schäuble)

    „Es ist eine gewisse Hysterie in der Öffentlichkeit, die da erzeugt wird. Aber die große Mehrheit der Bevölkerung weiß natürlich, dass das notwendig ist.“
    http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Interviews/DE/2007/07/bm_interview_nzz_online.html
    (Schäuble zu Online-Durchsuchungen)

  8. Was mich in letzter Zeit am meisten nervt: Das Gerede von der sogenannten „Internet-Community“. Klingt nett nach WG, bzw. so eine putzige Randgruppe der Gesellschaft die irgendwelche Privilegien fordert….

    Besonders ausgeprägt in den Textbausteinen der SPD bei den Beschwichtigungsversuchen rund um die Zensursula-Diskussion – aber auch unabhängig davon wird der Begriff immer wieder gerne verwendet.

    Tja, die Internet-Community hat natürlich noch einen weiten Weg zu gehen bis sie auf einer Ebene steht mit der „Telefon-Community“, der „Brief-Community“ und der „Buch-Community“.

    Und selbst dann sind das natürlich alles „special-interest-Gruppen“ die nicht einfach beanspruchen können für die Gesellschaft an sich zu stehen !einself!!

    Grüße vom Ork

  9. Ich erinnere mich noch an Manfred Kanther in der Kryptochip-Debatte, der das Internet als Hades bezeichnet hat. Außerdem sollte nicht vergessen werden, dass es auch einen Positiv-Diskurs zum Internet gibt, etwa die lustige Beschreibung von Gerhard Schröder, als Bill Gates seinen Road Ahead Preis vergab, der für die beste Darstellung der Bundestagswahl 1998 ausgelobt war. Die SPD ist die Partei des Internet, die digitale Inforamtion ist in unseren Blutbahnen. usw usf. http://www.gebonn.de/schule/foerder/roadahead.htm

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