Netzneutralität: Konkreter werden

Nun gibt es also eine neue E-Petition für den Erhalt der Netzneutralität beim Bundestag. Das ist grundsätzlich begrüßenswert. Aber eine Petition beim Bundestag sollte über allgemeine Statements hinausgehen.

„Durch eine gesetzliche Verankerung der Netzneutralität soll ein freies und offenes Internet sichergestellt werden! Alle Daten sollen gleich behandelt werden, kein Anbieter sollte in den Netzen „Vorfahrt“ vor anderen bekommen, kein Infrastrukturanbieter einzelne Kunden für Vorzugsbehandlungen zur Kasse bitten.“

Das ist inhaltlich nicht falsch. Aber:

Ein solches allgemeines Statement stellt ja zum Beispiel bereits die Pro-Netzneutralität-Initiative dar. Stattdessen sollte eine Petition beim Bundestag einen konkreten Vorschlag enthalten, wie zum Beispiel einer Regelung im Telekommunikationsgesetz TKG. So könnte man zum Beispiel im §19 das Diskriminierungsgebot entsprechend ausgestalten, dass es eine strukturelle Diskriminierung nach Anbieter, Inhalt oder Empfänger verbietet und in §20 die Transparenzpflichten auch auf Unternehmen ausweiten, die nicht „über beträchtliche Marktmacht“ verfügen und eine öffentliche Berichtspflicht zum Umgang mit der Netzinfrastruktur einführen und in den §§116-131 entsprechende Befugnisse der BNetzA als Aufsichtsbehörde sowie einen zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch definieren. Nun bin ich natürlich kein Jurist, aber ich denke, es gibt den einen oder anderen Juristen da draußen, der einen entsprechenden Formulierungsvorschlag für das TKG erarbeiten kann. Und das wäre tatsächlich ein besserer Weg als eine relativ oberflächliche Petition zu starten.

Derzeit gibt es nach wie vor Unklarheiten:

• Welcher Provider macht eigentlich momentan was?
• Ist das, was verkauft wird, wirklich Internet?
• Nach welchen Kriterien werden eventuelle Datenstaus derzeit behandelt?
• Lässt sich – was die Telkos immer wieder sagen – bei einer Priorisierung eine Diskriminierung ausschließen? Das klingt für mich unlogisch, aber vielleicht können das die Telekoms ja mal erklären.

Einige dieser Fragen werden die Telkos nicht ohne eine gesetzliche Auflage beantworten. Daher ist die Einführung von Transparenzvorschriften das absolute Minimum – aber nicht das Ende der Fahnenstange. Wer Jurist ist und sich der Sache einmal annehmen möchte, möge sich bitte melden.

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18 Ergänzungen

  1. Eure Tipps sind cool und richtig. Aber:

    Wenn ihr die bessere Kompetenz habt, dann verfasst doch selbst eine solche Initiative und uns allen wäre geholfen. Wir wären abgesichert, dass die Petition erfolgreicher, weil sachlich fundiert wäre.

  2. Soweit ich Deiner Forderung nach Konkretisierung der Petition auch zustimmen mag – es kann nicht Sinn und Zweck einer Petition sein, dem Bundestag die Arbeit abzunehmen.

    Ich bin kein Jurist und habe entsprechend keine Ahnung oder auch nur die Zeit, dem Bundestag ausformulierte Gesetzesänderungen hinzukippen. Warum auch – das ist die Aufgabe des Bundestages bzw. der Ausschüsse.

    Der Sinn von Petitionen besteht für mich darin, dem Bundestag zu zeigen, wo aus meiner Sicht der Schuh drückt, womit sich der BT mal beschäftigen sollte und ihm natürlich auch die Lösung oder einen Lösungsweg aufzuzeigen.

    Wäre dem nicht so, würde der BT nur Petitionen positiv bescheiden, die schon die Gesetzesvorlage mitbringen, ginge ein Instrument der Demokratie verloren an Volljuristen. Denn Lieschen Müller kann, will und muß keine Gesetze ausformulieren, dafür hat sie ihre Abgeordneten…

    Just my 2 Cents.

  3. @Alex: Im Prinzip ja richtig. Die Erfahrung zeigt aber leider auch, dass „die Politik“ zu wenig auf Experten hört (bzw. nur auf die eigenen, interessengesteuerten) _oder_ deren Argumente nicht versteht und praktisch dann nur Dinge so umsetzt, wie sie es für richtig halten. Was also ist das kleinere Übel?

    @Markus: Mir geht die Debatte auch nicht weit genug. Die Telkos sagen immer, sie wollen nur zukünftige Entwicklungen kostenpflichtig einschränken, nicht das „alte Internet“. Mir geht das nicht weit genug. Niemand weiß, wo sich das Netz hinentwickelt und was in 5 Jahren vom „alten Netz“ noch übrig ist. IPv6 z.B. Ist nur ein technisches Protokoll. Raffzähne könnten das aber als neue Technologie einstufen, die nunmal leistungsfähiger ist (vielleicht neue Dienste bietet wie Datensicherheit auf der Vermittlungsschicht oder größere Adressbereiche (Internet der Dinge) etc.) und damit auch kostenpflichtig wird. Die Weiterentwicklung des Netzes sollten wir uns jetzt nicht leichtfertig abkaufen lassen! Nicht für eine schnelle Lösung der NN-Debatte.

  4. aha.. selbst ne unkonkrete petition (strategisch) unterschreiben und dann plötzlich andere für genau den selben mist kritisieren. großartig… :)

    mfg
    mh

  5. Yet another ePetition: Es gab bereits eine ähnliche ePetition des BT davor. Ich habe beide dort und auch die andere Initiative mitgezeichnet.
    https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=9149

    Meinem Eindruck nach wird das alles keine Rolle spielen, wenn nicht mal langsam ein Ruck durch die Politik geht. Kann man auch an anderen Themen-Feldern der Politik sehen. Beispiel: Einige Autobahnen werden gerade an privatwirtschaftliche Betreiber-Konsortien überschrieben. Jene sollen dann die Wartung und Erneuerung dieser Infrastruktur übernehmen. Im Gegenzug bekommen sie einen Teil der eigentlich staatlichen Maut-Einnahmen, wobei die Summe natürlich ein Betriebsgeheimnis ist. Und genau so würden die regierenden Personen die Netz-Infrastruktur verkaufen, wenn sie in staatlicher Hand wäre. Der Markt wird sich schon selbst regulieren.

    Wird langsam mal Zeit für Politik 2.0.

  6. @mithos: Zeit für Politik 2.0 – Wohl nur wenn die Bürger zusammenhalten und Junta etwas ändern (lassen) will. Eines von beiden ist definitiv ausgeschlossen.

    @markus: Schade, dass es in der Prioritäten-Agenda immer wieder unters Tagesgeschäft rutscht. IHR seid diejenigen mit Followern, Lesern, Blogger-Kumpels. IHR seit netzpolitik.
    Von euch muss es (auch) ausgehen. Das ist kein Vorwurf sondern ein Wunsch!

    1. @Rolfi: Ja, danke. Unser Wunsch ist das auch. Aber manche Sachen sind komplexer und wir leiden auch an mangelnden Ressourcen für die lange „Müsste man mal“-Liste, die wir mal abarbeiten müssten.

  7. Habe mir auch überlegt, wenn wir uns nicht so durchsetzen können, sollte es doch möglich sein alle Nutzer eines bestimmten Providers von möglichst vielen Seiten durch die Inhaber auszuschliessen, ich meine erstmal nur so für drei Tage als Protestaktion. Wenn der jeweilige Provider dann weiterhin die Netzneutralität nicht respektiert, werden die Aussperrungen immer wieder wiederholt und irgendwann gibt es eine Komplettsperre -> Hausverbot auf vielen Websites. Die Kunden hatten dann ja genug Zeit zum wechseln, oder der Provider zum Einlenken. Man kann auch vorher ein Banner auf die Seiten bringen, dass diese Seite ab einem bestimmten Tag nicht mehr über diesen und jenen Provider erreichbar ist.
    Vielleicht machen dabei sogar einige kommerzielle Anbieter mit, sie haben ja auch ein starkes Interesse die Netzneutralität zu verteidigen.

  8. @ markus

    Du hast jederzeit die Möglichkeit, den Leuten auf dem Petitionsforum zu erklären, worum es eigentlich geht. Mein Eindruck ist, dass die meisten, die sich unschlüssig über die Mitzeichnung einer Petition sind, ihre Informationen aus der Diskussion auf dem Forum beziehen. Sie auf dein Blog zu verweisen, ist zwar sinnvoll, aber sinnvoller ist es, sie auf dem Forum aufzuklären. Und ich finde, dass die Aufklärungsarbeit diejenigen übernehmen sollten, die sich intensiv mit dem Thema, das ihnen angeblich so am Herzen liegt, beschäftigt haben. Die Kompetenz der Diskutanten auf dem Petitions-Forum hält sich jedenfalls bis jetzt in engen Grenzen.

    Im Übrigen ist es keineswegs sicher, dass du, falls du dich dazu entschließt, selbst eine Petition für Netzneutralität einzureichen, damit durchkommst. Der Petitionsausschuss kann Petitionen, die sich nicht wesentlich von Petitionen, die bereits gestellt wurden, unterscheiden, abblocken.

    Außerdem werden selbst die erfolgreichsten Petitionen nicht eins zu eins vom Gesetzgeber umgesetzt. Je weniger oberflächlich du bist und je konkreter du wirst, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Gesetzgeber nur bestimmte Teile deines Anliegens aufgreift.

    Im Übrigen erreichst du über das Petitions-Forum auch Leute, die sich sonst gar nicht für Netzpolitik interessieren.

    1. @NGC280: Der Beitrag war eher für die allgemeine Debatte gedacht und mein Zeitbudget ist leider begrenzt als dass ich im Petitionsforum ausführlich erklären könnte, um was es geht. Daher bloggen wir hier ausführlich viele Hintergründe zur Debatte, sod ass gerne andere an vielen anderen Orten Menschen aufklären können, worum es bei Netzneutralität geht.

  9. @ markus

    Ich habe aber nicht wirklich den Eindruck, dass »andere«, die da derzeit auf dem Forum über Netzneutralität diskutieren, wirklich kompetent sind, inklusive meiner Wenigkeit. Ich habe zwar vermutlich mehr Zeit als du, aber mich interessiert das Thema gerade so sehr, dass ich seine Wichtigkeit halbwegs nachvollziehen kann, nicht aber so sehr, dass ich mich bedroht genug fühle, um mich in das Thema einzuarbeiten. Ich quäle auf dem Forum lieber christliche Fundamentalisten und andere enge Stirnen, und verbalisiere überhaupt lieber handgreifbare Probleme wie die Ernährungslage von Hartz-IV-Empfängern oder das Weltbevölkerungswachstum. Das liegt mir einfach mehr. Smiley.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.