Lawrence Lessig über Bugs in der US-Demokratie

Lawrence Lessig hat auf der TEDxBoston vergangene Woche einen 18 Minuten Vortrag über Bugs in der US-Demokratie gehalten. Dabei geht es darum, wie Politik gekauft wird und dann Entscheidungen getroffen werden, die mit gesundem Menschenverstand als etwas unlogisch angesehen werden. Wie Genehmigungen für Ölbohrungen im Meer oder die Frage, warum Zucker so teuer ist und Korn Mais so billig.

July 29, 2010, TEDxBoston talk, an attempt to distill further this plea that activists recognize that until we fix this problem, no other problem gets fixed.

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18 Ergänzungen

  1. Die letztenh Fragen beantwortet sehr eindrucksvoll die Episode „King Corn“ der Serie „The West Wing“

  2. Ganz schön eindrucksvoll. Und ganz schön Mist. Zum einen kann man sich vor lauter Geflacker auf dem Schirm kaum auf die Worte konzentrieren („HOWTO do a power point… NOT“). Zum anderen ist seine Lösung zum Scheitern verurteilt. Wenn man den Politkern vorschreibt nur noch max. 100$ pro Bürger zu nehmen, wird das Geld andere Wege zu ihnen finden. Meinetwegen werden Unternehmen oder Personen dafür werben diese 100$ an Person xy zu geben. Oder das Geld geht eben nicht direkt an die Politiker, sondern indirekt. Fazit: Schön, dass er auf solche Probleme hinweist. Schade, dass er das gleich dazu nutzt für eine Placebo-Lösung zu werden, die lustig an den Ästen des Bösen herum hackt. Man kommt sich vor wie bei Dr. Allwissend, der mit seiner Allheiltinktur und Planwagen durch die Gegend zieht.

  3. @markus(5)

    LobbyControl ist auch der Meinung, dass zu kleine Kappungen und ein Verbot von Spenden von Firmen eher durch Intransparenz von Ausweichmöglichkeiten schadet als nutzt.Siehe dazu z.B.:

    http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2010/04/partei-sponsoring-wir-setzen-auf-eine-kritische-offentlichkeit-ein-debattenbeitrag/

    LobbyControl ist eine deutsche NGO zu diesem Thema. Disclaimer: Ich bin Fördermitglied von LobbyControl.

    @TheClone(4) vergessen wir nicht, dass es noch ein weiter Weg bis dahin ist.

  4. markus: Wenn sich das Problem so einfach lösen würde, wäre es schon gelöst. Mit Regulierungen wird man das Problem nicht grundsätzlich aus der Welt schaffen können. wo eine Regel, da ein Schlupfloch. Besonders in so komplexen Systemen. Aber Politiker kommen ja aus der Gesellschaft und wenn diese moralisch so hochstehend wäre, dass sie selbst bei so etwas nicht mitmachen würde, würden die Politiker, die sich daraus entwickeln moralischer werden. Aber Moral kann man nicht erzwingen und darum wird es immer Leute geben ,die nach Schlupflöchern im System suchen.

    blauebirke: Ja, aber warum ihn gehen wenn er nix hilft? Wenn die Lösung wenigstens eine starke Dämpfung bewirkt, wäre ich dabei. Aber diese Lösung scheint mir gar nichts zu helfen, außer für 2 Monate.

  5. Billiger Zuckerersatz ist auch bei uns auf dem Vormarsch. Sonntag hat mir jemand eine Flasche „Beck’s Green Lemon“ in die Hand gedrückt (ekelhaftes Zeug), dort hieß die Süßungszutat der Limonade „Glukosesirup (Weizen)“.

    Bei uns hat aber wenigstens noch Cola und Ketchup echten Zucker. In America sind nicht einmal Coca-Cola oder Heinz Tomato Ketchup mit echtem Zucker. Vom Pepsi gibt es sogar eine Sorte namens „Throwback“ („Pepsi wie früher“), die auf den Dosen mit „made with natural sugar“ wirbt.

    http://www.retroist.com/wp-content/uploads/2009/04/pepsi-throwback.jpg

    So weit sind die schon!

  6. Das Problem ist auf einer anderen Ebene in den Staaten. Man braucht eigentlich nur das Wahlsystem zu ändern und eine Verfassungsreform.

    Weil das nicht passieren wird, muss eben die USA erst zusammenbrechen wie die Sowjetunion, dann werden die Reste wieder aufgebaut. Da sind die ja auf dem besten Wege.

    Wieso ist Canada normal und wieso sind die USA politisch so abgedreht?

  7. @TheClone(7) zu: „Wenn sich das Problem so einfach lösen würde, wäre es schon gelöst. Mit Regulierungen wird man das Problem nicht grundsätzlich aus der Welt schaffen können. wo eine Regel, da ein Schlupfloch.“

    1. Resignation ist keine Lösung.
    2. Wenn es leicht wäre Gesetze gegen Lobbyisten durchzusetzen wäre, wäre Lobbyismus kein Problem.
    3. Man kann sehr wohl Korruption (und Lobbyismus ist eine Form dieser) eindemmen. Verschiedene Länder mit verschiedenen Gesetze haben unterschiedliche Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung gemacht. Fehlerfrei ist keins, aber man kann die Probleme minimieren.

  8. @Andre(11): Vergessen wir nicht, dass die US bessere Transparenzgesetze hat, als die EU und Deutschland. Außerdem ist in Russland die Korruption und Presse-/Menschenrechtsunterdrückung nach wie vor sehr hoch. Revolutionen und Systembrüche lösen nicht automatisch alle Probleme.

  9. @Andre:

    In den USA ist eingentlich nur der Bund ein echtes Problem. Auf Kommunal und Bundesstaatenebene ist alles ziemlich demokratisch geregelt.
    Davon können wir in Deutschland nicht einmal zu träumen wagen. Volksabstimmungen sind an der Tagesordnung, gewählt wird alles vom Dorfsheriff bis zum Oberstaatsanwalt.
    Bei denen ist alle 2 Jahre Wahl, und zwar auf allen Ebenen gleichzeitig. Deshalb sind die Perioden 4 oder 6 Jahre. So ein Wahlzettel enthält dann gleich zig Fragen a la: „Soll xy Sheriff bleiben?“, „Soll yz Richterin werden?“, „Sollen die Schulen dies und das kriegen?“, „Sollen der Highway Patrol (so heißt die Polizei des Bundesstaates, die hat nämlich nicht viel zu sagen. Polizei ist Kommunalsache, Unis haben sogar ihre eigene Campuspolizei) die Dienstwagen gekürzt werden?“ usw.

    Das Problem ist wirklich hauptsächlich „United States“, nicht die „States“ selbst. In den Augen der Amerikaner sind die „Feds“ (federal government) so wie für uns die EU: wenig demokratisch, machen bescheuerte Gesetze und kosten Unmengen Geld.

    1. @earl: Das ist in der Theorie sicher so. Meine amerikanische Frau hat sich beim letzten mal den Spass gemacht und mir ihren Wahlzettel in die Hand gedrückt und gesagt: Na los, Pirat, dann wähle mal?

      Dann habe ich versucht über Webseiten herauszufinden, wer diese Leute alle sind, und was die für einen Hintergrund haben usw. und wer da überhaupt wählbar ist, wie die auf die Zettel gekommen sind usw. Das hat ca. zwei Tage gedauert und richtig viel schlauer war ich am Ende trotzdem nicht, da man teilweise nur die Wahl zwischen Pest und Cholera hat.

      Das macht einfach niemand. Da wird dann „republican ticket“ oder „democratic ticket“ angekreuzt und fertig ist.

      Sicher, in der Theorie ist auch z.B. der „write in“-Kandidat für den Präsidenten eine tolle Sache, aber wenn dann die Leute in der Gemeinde beim Auszählen die write-ins wegwerfen (kann man ja nachher per Web schön transparent nachvollziehen), weil sie angeblich die Schrift nicht lesen können, dann hat sich die Sache doch erledigt.

  10. blauebirke: Das war nicht als Resignation gemeint. Aber diese Lösung taugt nichts. Klar kann man versuchen es einzudämmen. Man soll sogar. Nur eben anders als in dem Video dargestellt.

  11. @TheClone: Soweit ich das sehe meinst du mit „anders eindämmen“ genau das, was im Video als „das Problem nicht an der Wurzel bekämpfen“ bezeichnet wird. Die Wurzel ist der ausufernde Wirtschafts-Lobbyismus. Laut der Präsentation geht da kein Weg dran vorbei. Ich befürchte, da hat Lessig recht.

    Machen wir uns nichts vor, bei uns sieht das nicht viel anders aus. Wir lenken uns mit einem Blick über den Atlantik nur gern von der Situation zu Hause ab. Oder was glaubt ihr, was ein Herr Wilhelm :-) zu Guttenberg im exklusiven China-Club hinter dem Adlon zu besprechen hatte. (siehe
    http://wissen.dradio.de/index.38.de.html?dram:article_id=3014 )

    Bei uns ist das genau so. Wenn nicht sogar noch schlimmer, weil noch weniger transparent.

  12. Schaut mal, lass uns doch einen Fehler nicht machen: Glauben, dass Politik in unserem Lande mit einem Geldkoffer funktioniert. Klassische Interessenvertretung findet statt aber ist extrem ineffizient und oft wenig ergebnisorientiert. Bestechung gibt es auch, aber das ist ein krimineller Grenzfall. Ihr müsst auch bedenken, dass Amtsträger bei uns in ihren Möglichkeiten sehr eingeschränkt sind.

    Die Lobbykritiker vereinfachen, bedienen die öffentliche Polemik und schlagen oft Transparenzinstrumente vor, die kontraproduktiv sind, weil sie die sichtbaren Kontrollinstitionen schwächen. Sie stärken die Kontraste! Anstatt Licht ins Dunkle zu werfen, richten sie ihre Scheinwerfer auf die Leuchttürme und tragen damit zur Lichtverschmutzung bei.

    Beispiel: Mehr öffentliche Transparenz in einem unbekannten Bundesamt für das sich keiner interessiert ist viel wichtiger als in der Kontrollinstitution Bundestag, die ohnehin dem Bürger ständig zugewandt ist. Der Herr von Guttemberg steht ständig in der öffentlichen Aufmerksamkeit, seine Verfehlungen sind nicht so relevant wie die eines Staatssekretärs, den keiner kennt.

    Realität sieht aber so aus, dass wir die Kontrolleure extrem gängeln, man denke zum Beispiel an den „Bonusmeilen“-Peanuts der MdB, während sich kein Mensch dafür interessiert, was in Ministerien oder Ämtern passiert. MdB sind unsere Anwälte, die gegenüber der Exekutive Kontrollfunktionen wahrnehmen. Parlamente sind vor allem dann stark, wenn sie im institutionellen Konzert diese Kontrollfunktionen wahrnehmen statt sich mit sich selbst zu beschäftigen.

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