Jugendmedienschutz-Staatsvertrag: Entscheidung an der Ruhr?

Ich bin extra früh aufgestanden, weil mir Jens vom Pottblog gestern Abend noch ein Update zum JMStV-E versprochen hat, das auch für Netzpolitik.org interessant sein könnte. Seit ein paar Minuten ist es online.

Wie wir wissen, ist die Neufassung des Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (JMStV) so gut wie durch. Anfang Juni wurde der von weiten Teilen der vernetzten Zivilgesellschaft abgelehnte Vertrag durch die Ministerpräsidenten der Länder unterzeichnet.

Um, wie geplant, am 1. Januar 2011 in Kraft zu treten, muss er lediglich noch von den Landesparlamente ratifiziert werden. Das ist, üblicherweise, nur eine Formalie. Und hier kommt mit NRW ein sympathisches Bundesland zwischen Rhein und Ruhr ins Spiel, in dem es kürzlich einen Regierungswechsel gegeben hat. Im Grunde stellt sich eine einfache Frage:

Warum sollte der nordrhein-westfälische Landtag, in dem SPD und Grüne eine Mehrheit gegenüber CDU und FDP haben, ein Vorhaben von Jürgen Rüttgers absegnen?

Ganz so einfach ist es allerdings nicht. Wir erinnern uns, noch Ende Juni betonte Martin Stadelmaier, Chef der SPD-geführten rheinland-pfälzischen Staatskanzlei und federführend beim Entwurf des JMStV beteiligt, auf der Internet-Plattform der SPD die Wichtigkeit des JMStV für die Partei:

Der Entwurf des Staatsvertrags ist von den SPD-geführten Ländern maßgeblich mitentwickelt worden, er ist somit ein Kind der SPD. Wir konnten die CDU-Länder damit komplett überzeugen.

Zum anderen, weil es auch in der NRW-SPD namhafte Vertreter gibt, die sich noch auf dem Landesparteitag Anfang des Jahres gegen eine klare Ablehnung des JMStV ausgesprochen haben sollen. Zu nennen wäre hier insbesondere der medienpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Jan Marc Eumann. Ein guter Bekannter von Martin Stadelmaier aus der Staatskanzlei RLP, übrigens.

Auch im Koalitionsvertrag zwischen Grünen und SPD ist keine klare Ablehnung des JMStV-E zu finden. Und das, obwohl sich beide Parteien noch im Wahlkampf gegen den Vertrag positioniert hatten. Es wird also durchaus noch spannend zwischen Rhein und Ruhr.

Die nächste Runde läuten gerade die Jusos ein. Der Landesvorstand hat nämlich für die nächste Landeskonferenz Anfang September in Bielefeld einen Antrag eingebracht, nach dem die Novelle des Jugendmedienschutz-Staatsvertrag in der vorliegenden Form abzulehnen sei. Vielleicht wäre der Termin auch geeignet, um ein Stimmungsbild bei der Landesregierung einzuholen?

Aber lest selbst …

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7 Ergänzungen

  1. Da kommt bei mir jetzt doch der Lokalpatriotismus durch:
    Wenn sich in NRW was entscheided dann doch am RHEIN und nicht an der Ruhr, das Landesparlament steht schliesslich direkt am Rhein in Düsseldorf.

    Da die rot-grüne Regierung danach lechzt Bundespolitik zu machen, stehen die Chancen gar nicht so schlecht, das der Vertrag abgelehnt wird.

  2. @Patrick Bohr: Was soll ich als Ossi-Westfale denn da erst sagen? Ok, ich könnte \Entscheidung jenseits der Pader\ schreiben und auf Bielefeld verweisen (Die Juso-Konferenz ist in Bielefeld … ,)

    @mj: klar ,)

  3. Ich bin mir da überhaupt nicht mehr sicher, ob die feinen Herrschaften die Sache abnicken oder sich doch aufgrund von irgendwelchen „Parteigeplänkel“ dagegen entscheiden. Würde es aber begrüßen, wenn schnellstmöglich eine Entscheidung fällt.

  4. @Vaterschaftstest: Eigentlich ist es einfach.

    Wenn wir nicht wollen, dass der JMStV-E irgendwo am Rande einer Plenarsitzung durchgenickt wird, müssen wir unseren Politikern klar und deutlich machen, wie wichtig uns das Thema ist.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.