Heitere Postkarten – ePost und De-Mail für mehr Vertrauen im Netz?

Tina Guenther hat sich im Sozlog ausführlich mit De-Mail und dem ePostbrief auseinandergesetzt: Heitere Postkarten – ePost und De-Mail für mehr Vertrauen im Netz? Interessant sind ihre soziologischen Gedanken zu Verläßlichkeit und Vertrauen. Sie kommt zu dem Fazit:

Auf ihrem gegenwärtigen Entwicklungsstand sind ePostbrief und De-Mail eine prima Sache für heitere Postkarten und liebevolle Grußkarten, doch sie stellen keine überzeugende Alternative zu E-Mail dar. Im Gegenteil: Sie sind der Versuch, gut etablierte Möglichkeiten zur Schaffung von mehr Vertrauen und Kooperation im Netz wie z.B. Informalität und Netiquette, Pseudonymisierung, Anonymisierung, offener Quellcode, offener API-Schlüssel etc. durch eine Form der Kommunikation zu ersetzen, wie man sie aus formalen Organisationen kennt und von der sich die Internetkommunikation klar abgrenzt. Sie sind darauf ausgerichtet, das Internet im Grundsatz zu verändern, hin zu einem dezidiert kommerziellen Internet, in welchem die Interessen großer Unternehmen und staatlicher Behörden gegenüber denen einfacher Bürger bevorzugt behandelt werden. Den Nachweis ihrer eigenen Vertrauenswürdigkeit müssen die Anbieter von ePostbrief und De-Mail erst noch erbringen, auch ihren Nutzen im Gegensatz zu E-Mail erst einmal überzeugend nachweisen – die bisherige öffentliche Resonanz lässt erahnen, dass die Anbieter davon noch weit entfernt sind.

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9 Ergänzungen

  1. Die gute alte Stiftung Warentest hat den E-Postbrief einem Schnelltest unterzogen. Das Fazit:

    Mit dem E-Postbrief hat die Deutsche Post ein unfertiges Produkt auf den Markt gebracht. Die holprige Aufladung des Guthabens, die langen Ladezeiten und die fehlerhafte Eingabemaske verleiden dem Absender das elektronische Briefeschreiben. Hinzu kommt: Bei ausgedruckten Briefen weiß niemand, was am Ende beim Empfänger ankommt. Bis zum Start der De-Mail-Konkurrenz im Herbst muss die Deutsche Post ordentlich nachbessern.

    So ähnlich stand das am Wochenende auch in unser (gedruckten) Zeitung. Das dürfte der weiten Verbreitung ziemlich abträglich sein. (Und das wahrscheinlich zu recht.)

  2. Solche Betrachtungen sind essentiell wichtig. Zeigen sie doch, dass Analysen der Gründe des Handelns wichtiger sind als die meist aufgeregte Besprechung technischer oder rechtlicher Details einer Entwicklung im Digitalen.

    Statt Säue durchs Dorf zu treiben, ist es an der Zeit sich die Frage zu stellen, mit welch unterschiedlichen Haltungen, mit welch gegensätzlichen Systematiken die soziokulturelle Entwicklung im digitalen Zeitalter vorangetrieben wird.

    E-Post, ein Wort das vielen internet-affinen Menschen als Hohn daherkommt. Als würde tatsächlich jemand für eine Email zahlen wollen, nur weil ein Marketing-Fuzzi und ein Kapitalist alter Garde beschlossen haben, die Email \jetzt mal richtig zu erfinden\; dies mit einem Verständnis durchziehen, das so dermaßen im letzten Jahrhundert hängengeblieben scheint, dass jeder erfahrene User nur den Kopf schütteln kann über soviel Dreistigkeit oder soviel Dummheit.

    Die noch jungen Chancen einer gesellschaftlichen Weiterentwicklung zu einer offeneren Gesellschaft, unterstützt durch den umfassenden, gut platzierten Einsatz digitaler Werkzeugen, werden, wie zuvor vieles andere, von den zersetzenden Egoismen eines Systems bedroht. Gefahren, die nicht mit Waffen und Zensur daherkommen, sondern mit (sozialen/wirtschaftlichen) \Innovationen\, die keine sind, mit \Freiheiten\, die nicht mal ansatzweise diesen Namen verdienen und mit einer Geisteshaltung, die zusammen mit ihrem in den 90er Jahren gestorbenen Bruder im Geiste, dem Realen Sozialismus, endlich beerdigt gehört.

  3. Wenns nicht gefährlich wäre, das Zeug, weil der Versuch offensichtlich ist, sowas wie De-Mail zukünftig zum „Behördenstandard“ zu erklären und somit für alle Bürger zur Pflicht zu machen, wäre es äusserst amüsant.

    Alte Männer mit Kugelschreibern versuchen sich in der Definition einer Web-2.0-Anwendung.

    Das wird keiner wollen. Aber was passiert, sobald es keiner gewollt hat?

    Viele Grüsse,
    VB.

  4. Hi,
    da ich keine Mobiltelephon besitze, kann ich an diesem „Service“ eh nicht teilnehmen.

    fürtti

  5. Danke für den Link! Sehr schöne Zusammenfassung.

    Mich würde die Meinung eines Anwaltes interessieren. Und zwar steht dort, dass man die AGB und die Leistungsbeschreibung akzeptieren muß. Das wird nach einer ensprechenden Gesetzgebung nicht anders sein. Vor Gericht sollte man argumentieren können, daß die Einholung einer Zustimmung impliziert, seine Zustimmung auch verweigern zu können.

    Als Selbständiger kann man selbst die „eElster“ verweigern, wenn man zu blöd ist. Als Privatanwender sollte diese Schiene noch leichter zu fahren sein.

  6. DEppen-Mail und ePestbrief, das ist wohl genau das Richtige – für Leute, die auch glauben das Internet hätte irgendwas mit Indien zu tun ;-).

    Nur heisst es bei dieser Zielgruppe:

    Ich abe gar keine Internet ;-).

  7. Es liegt nahe, das dort verpflichtend durchzudruecken, wo sich die Zielgruppe schlecht wehren kann und Einsparungen immer opportun sind. Zumal Telekommunikationskosten ja schon im HartzIV Regelsatz enthalten sind.

    Wie lange es wohl dauert?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.