eco-Blog: Warum das Bundeskriminalamt nicht besser ist beim Löschen ist

Ihr erinnert euch an die kleine Zickerei zwischen BKA-Chef Ziercke und eco-Vorstand Oliver Süme letztens vor dem Unterausschuss Neue Medien,* wer denn nun besser Kinderpornographie aus dem Netz löschen kann, bzw. wo der jeweils andere scheitert? Prima. Süme legt nun im eco-Blog nach. Wer bei Netzpolitik.org in den letzten Wochen mitgelesen hat, kennt die beiden Vorwürfe bereits:

Innerhalb des Referats, das beim Bundeskriminalamt Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen ermittelt, ist nur ein Personalbestand von 6,3 Vollzeitäquivalenten für das Löschen von Webseiten mit Missbrauchsdarstellungen abgestellt. […]

Eine zweite Erklärung könnte sein, dass das Bundeskriminalamt ausweislich der Antwort der Bundesregierung ausländische Strafverfolgungsbehörden, aber nicht die Provider informiert, die das Material ohne ihr Wissen auf ihren Servern liegen lassen. Aufgrund unserer eigenen Erfahrung mit dem direkten Kontakt zu Providern (in 98,6 Prozent der Fälle, in denen die eco-Internetbeschwerdestelle die Provider direkt kontaktiert, sind die Inhalte binnen einer Woche offline) kann ich mir nicht vorstellen, dass die Provider der Grund sind, warum diese Internet-Angebote nicht verschwinden.

Nun, als einen der Gründe gibt das BKA ja an, dass man den Kollegen vom FBI nicht in laufende Ermittlungen pfuschen will. Wie auch immer: Ich hatte mir fest vorgenommen, Ziercke gestern genau zu diesem Thema zu befragen. Leider musste dieser sich um Terrorpaketsendungen kümmern und konnte nicht am „Dialog Internet“ teilnehmen (die innerdeutsche Sicherheit geht natürlich vor). Seine Vertretung konnte mir leider nicht helfen, die war aus einer anderen Abteilung.

*Die gesamte Ausschusssitzung gibt es inzwischen übrigens als schlanke mp4-Datei (2.4GB!) zum Download.

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11 Ergänzungen

  1. Ein sehr wichtiger Punkt wird hier vergessen:

    Dänemark und Norwegen sperren nach der
    ALTERSGRENZE UNTER 18! DAS IST NICHT VERGLEICHBAR mit D!

    Das scheint auch bei der Anhörung völlig untergegangen zu sein!

    Und da die Amerikaner “alters-nachgewiesene” 18jährige durchaus in Web-Pornos erlauben, ist ein Sperr-Bemühen hier völlig lachhaft –deshalb geben diese Länder auf!

    Solange in USA das Alter nachgewiesen ist, beruft man sich auf “Freedom of Speech” –die Skandinavier hingegen beurteilen nach „Anschein unter 18“. Manche 18jährige können halt durchaus wie 16jährige wirken.

    Deshalb landen auch zB viele Schwulen-Porno-Websites mit „Gerade-18jährigen“, aber auf deren Indizes, die aber durch Nachweis bei den Studios als volljährig überprüft wurden! Und da ist klar, dass die Amis nicht sperren wollen.

    Warum werden ständig unterschiedliche Kinder-Definitionen in einen Topf geworfen? Das ist absolut irreführend!

    Fürs BKA gilt die “Kind”-Grenze U14, soweit man das Alter überhaupt oberhalb oder unterhalb dieser Schwelle präzise einordnen kann!

  2. @Joachim:

    Warum werden ständig unterschiedliche Kinder-Definitionen in einen Topf geworfen? Das ist absolut irreführend!

    Stimmt, das/wird einer heftiger umkämpften Punkte in der Debatte. Wobei man im Internetkopf behalten soll, dass a) die Erhöhung des Schutzalters evtl. über die EU (vgl. Kinderrechtskonvention der UNO, wo Kinder als Personen unter 18 definiert sind) kommt und b) diesbezüglich in Deutschland derzeit massiv Lobbyarbeit (Siehe „Tatort Internet“) betrieben wird.

    1. […]Wobei man im Internetkopf behalten soll, dass….[…]

      und es auch noch den §184c Jugendpornographie im StgB gibt…

      bombjack

  3. Ach wie nett. Dank der Breitbandoffensive der Bundesregierung lad ich die 2,4 GB gleich mal hurtig runter. Also in 3h…

  4. Wenn das BKA den Kollegen vom FBI nicht ins Handwerk pfuschen will (gute Einstellung), dann wäre es sinnfrei, Seiten zu sperren, denn das ist ein Pfusch ins Handwerk weil bei wirklich vernetzten Seiten natürlich auch getestet wird, ob sie von Deutschland aus angesehen werden können, wenn da ein Stoppschild auftaucht, dann heißt es schlichtweg „Sachen packen und ab dafür“, genauso wie es für Nutzer des Angebotes heißt „Ich geb dann mal die Festplatten zum Nachbar“

  5. @3: Ja. Interessant wirds bei der Umsetzung in nationales Strafrecht. Falls -wegen der Richtlinie- die Verabredung zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen auch mit Jugendlichen über der Schutzaltersgrenze in D strafbar werden sollte, würde das das Sexualstrafrecht auf den Kopf stellen. Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen, weil sich massive Wertungswidersprüche ergäben:
    -Real-Live Verabredungen außerhalb des Netzes wären weiterhin legal?
    -Oder will man das ganze Schutzalter verschieben?
    -Junge Menschen haben auch das positive Recht auf sex. Selbstbestimmung –sollen sie das dann gerade Online nicht mehr ausüben dürfen? -Wenn man das Recht auf positive sex. Selbstbestimmung anerkennt (was das dt. Sexualstrafrecht tut), dann kann es kaum sein, dass „Verabredungen“ zum Sex, gleich welcher Art, mit Strafe bedroht würden. Man kann dem jungen Menschen nicht das Recht darauf einräumen, aber gleichzeitig *willkürlich* den von ihm erwählten potenz. Partner mit Strafe bedrohen. Das käme einer faktischen Schutzaltersgrenze von 18 gleich.

    Ich sehe hier auch hohe verfassungsrechtliche Hürden, die nur sehr schwierig zu nehmen wären.

    @4: Aber das BKA hat aktuell keinen Auftrag, auf die Löschung ausländischer *Jugendpornographie* hinzuwirken. Diese Frage wurde noch zu der Zeit von Frau v.d.Leyen andiskutiert, aber ausgespart –die Jugendpornographie-Frage sollte nach der Evaluierung nochmal neu diskutiert werden.
    Auch falls es die Aktivierung der Sperr-Mechanismen bei den Providern gegeben hätte, hätten auf den Listen keine jugendpornographischen Angebote stehen dürfen.

    Ich habe gerade nochmal die BKA-Stellungnahme gelesen, und bin wirklich entsetzt, dass bei der Beantwortung der Frage 8 die unterschiedliche „Kinder-Definition“ U18 vs U14 völlig unterschlagen wurde!

    Die korrekte Antwort hätte einschließen müssen: Vergleiche zu europ. Ländern, die bereits sperren, verbieten sich, weil deren Anspruch ist, auch jugendpornographische Angebote von Personen im Alter v 14-18 zu blockieren. Damit ist eine ganz andere Grundgesamtheit gegeben, was zB sowohl versuchte Zugriffszahlen als auch mögliche Strafverfolgung anbelangt.

    BTW: Wie soll auch in den USA eine Strafverfolgung von 18jährigen Porno-Darstellern und -Produzenten erfolgen, wenn dort kein „Anschein“ sondern das durch Dokumente nachgewiesene Alter zählt? Dort gibts dann nichts zu verfolgen!

    Hierin zeigt sich wieder die Inkompatibilität zum EU-Jugendpornographie-Strafverbot und welche Probleme die Anscheins-Definition mit sich bringt.

    Es entsetzt mich, dass keiner in der Runde der Anhörung („Sachverständige“) auf diese unterschiedlichen Altersdefinitionen eingegangen ist, als die Begriffe „Norwegen und Dänemark“ fielen!

    Die Zahlen sind nicht vergleichbar, und wer dies dennoch tut, handelt unseriös.

  6. @Joachim:

    Hervorzuheben ist allerdings, daß gemäß der aktuellen Fassung der EU-Richtlinie (Entwurf) kein generelles europaweites Schutzalter für sexuelle Handlungen vorgegeben wird, sondern dies weiter Sache der Mitgliedsstaaten sein soll. Auch bei Grooming sollen explizit nur Personen unterhalb des nationalen „age of consent“ geschützt werden. Das wird sicher wildgewordene Kinderschützer nicht davon abhalten zu fordern daß in Deutschland die Grooming-Altersgrenze bei 18 sein soll. Was in unserer modernen Kommunikationswelt auch in der Tat einem Sexverbot für unter-18jährige gleich käme, oder zumindest wieder einmal mehr Jugendlichen das Gefühl geben würde daß Sexualität etwas Verbotenes ist das man heimlich auszuleben hat.

    Aber m.E. ist hier der Widerspruch, daß eine Vorbereitungshandlung für eine legale Tat illegal sein soll, also das Verabreden von und mit Jugendlichen per Internet zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen, so unüberwindbar groß und dürfte so massenhafte Proteste sowohl von Jugendlichen als auch der Fachwelt und Parteien im Bundestag provozieren, daß es dazu nicht kommen wird. Es sei denn, man will wirklich in Kauf nehmen daß erst hunderte von Jugendlichen vor Gericht gebracht werden und wegen einvernehmlicher Handlungen verurteilt werden, bevor das Bundesverfassungsgericht das Gesetz wieder kippt.

    Vorstellbar ist leider alles, aber nicht alles ist gleich wahrscheinlich. Um positive sexuelle Rechte Jugendlicher geht es jedoch in der Tat schon lange nicht mehr, da hast du recht.

  7. @Jörg-Olaf Schäfers

    Wie… weißt du da mehr als wir??

    Das wäre insofern überraschend, als die mehreren „Drafts“ die es bislang zu der Sache gegeben hat jeweils immer wieder betont haben daß zum einen einvernehmliche sexuelle Handlungen nicht erfasst werden sollen, und zum anderen die Schutzaltersgrenzen weiterhin Sache der Mitgliedsstaaten sein sollen. Wird man da jetzt völlig durchdrehen und Europas Jugend komplett einen Keuschheitsgürtel verpassen??

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.