Die ganz alltägliche digitale Enteignung

Das Handelsblatt berichtet über DRM und Verbraucherrechte und hat mich dazu befragt: Die ganz alltägliche digitale Enteignung.

Netzpolitik-Aktivist Markus Beckedahl sieht das kritisch: „Digitale Rechtekontrollsysteme sind in der Regel eine unzulässige Beschneidung von Verbraucherrechten“, so der Blogger, der mit Netzpolitik.org ein bekanntes Blog führt, das sich für Bürger- und Verbraucherrechte in der digitalen Sphäre einsetzt. „Wenn Verlage ihre analogen Geschäftsmodelle mehr oder weniger eins zu eins ins Digitale übersetzen, müssen auch Gewohnheiten wie der Verleih und Weiterverkauf der digitalen Güter für die Verbraucher legal möglich sein“, so Beckedahl.[….] Die jüngsten Ausnahmen im US-Copyright, die es unter anderem Apple-Usern erlaubt, das iPhone aus dem Apple-Gefägnis zu befreien, hatte die EFF durch Beschwerden erstritten. Eine derartige Klarstellung fordert Beckedahl auch für Deutschland: „Es wäre erfreulich und notwendig, wenn Deutschland sich ein Beispiel an den USA nehmen würde, und die Umgehung von technischen Kopierschutzmaßnahmen explizit erlauben würde“.

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10 Ergänzungen

  1. ein wenig off-topic – aber es gibt ja keine „allgemeine“ kommentarfunktion – wie siehst du das verhältnis von flattr oder kachingle zu nc-lizenzen? du schreibst selbst, dass deine beiträge unter der cc-lizenz by-nc/3.0 weitergenutzt werden dürfen. wäre die lizenz aus deiner sicht verletzt, wenn ich z.b. einen beitrag in mein blog übernehmen würde, das ein kachingle-medaillon beherbergt? oder zählen „soziale“ zahlungen bzw. spenden nicht dazu? es geht mir hier nicht um ein konkretes nachnutzungsprojekt sondern um die rechtlichen implikationen und kompatibilität der social payment systeme.

    1. @poupou: Es gibt zwei Lager, wie man das NC in CC definiert. Das eine Lager sagt, dass absolut kein Geld fließen darf. Das andere ist liberaler und definiert es als „nicht gewinnstrebend“. Ich gehöre zum zweiten Lager, weild as erste viele Nutzungen untersagen würde, z.B. durch Nichtregierungsorganisationen, die über Spendengelder finanziert werden (Es fließt ja Geld) oder aber Blogs, die ihre Unkosten wie Server, etc. damit finanzieren. Man stelle sich auch Parties vor, die NC-Musik spielen will, was bei der ersten Definition unmöglich wäre, wenn irgendwer zum Selbstkostenpreis Bier ausgibt und/oder Miete/Strom gezahlt wird, welche über einen Unkostenbeitrag am Eingang refinanziert wird. Wenn Du nicht gewinnstrebend bloggst, dann kannst Du gerne unsere Inhalte übernehmen, wenn Du uns als die Quelle nennst und verlinkst.

  2. Ich verstehe die Argumentation nicht so ganz. Wird ein konkretes Verbraucherrecht auf „Weiterveräußerung“ usw. beim digitalen Vertrieb gefordert (weil nicht vorhanden) oder soll ausgedrückt werden, dass ein solches Recht bereits existiert, allerdings von den Unternehmen nicht beachtet wird?

    Faktisch kauft man das Werk ja nicht. Das hat man analog nie getan, das tut man digital auch nicht. Im Grunde genommen erwirbt man – analog wie digital – lediglich bestimmte Nutzungsrechte. Allerdings erwirbt man bei den analogen Geschäftsmodellen neben dem Nutzungsrecht am „geistigen Eigentum“ (sprich: Der Inhalt des Buches, der CD, der DVD) einen Datenträger. Und die Rechte des Datenträgers wiederum werden durch das Sachenrecht bestimmt, so dass man die Veräußerung des Datenträgers nicht über AGB einschränken kann. Von daher sehe ich schon Unterschiede zwischen beiden Modellen. Zudem würde die Erlaubnis, die Nutzungsrechte an dem digitalen Werk weiter zu veräußern, faktisch ein Problem mit illegalen Kopien mit sich bringen. Veräußert man im analogen Bereich den Datenträger, hat man das Produkt nicht mehr und kann die Nutzungsrechte auch nicht mehr wahrnehmen. Tut man dasselbe in der digitalen Welt müsste ja irgendwie sicher gestellt werden, dass das Produkt übertragen und nicht lediglich kopiert wird (Dass es ohnehin nur kopiert wird, ist mir bewusst; Es müsste halt sichergestellt werden, dass die Kopie des Übertragenden vernichtet wird). Nur so wären die analogen und die digitalen Geschäftsmodelle überhaupt ansatzweise vergleichbar.
    Schließlich würde ein solches Recht auf Weiterveräußerung auch in der Rechtswissenschaft zu Problemen führen, die ganz praktischer Natur sind. Der Käufer weiß in der Regel nicht, ob die Kopie des Verkäufers gelöscht wird. Es stellt sich also die Frage, ob der Käufer gutgläubig ein solches Nutzungsrecht erwerben könnte. Für die Nicht-Juristen, die mitlesen:
    Gutgläubiger Erwerb meint, dass ich etwas erwerben kann (=Eigentümer werden kann), obwohl der Verkäufer/Veräußerer nicht Eigentümer ist. A leiht B ein Rad, B veräußert es an C, C glaubt, dass B Eigentümer ist und A verliert damit sein Eigentum.
    Übertragen auf den Fall hier heißt das: Wenn jemand eine bestimmte Datei bereits veräußert hat: Kann er es erneut tun mit der Folge, dass auch der nächste Käufer Eigentümer/Inhaber von Nutzungsrechten werden soll? Oder hat er einfach Pech gehabt?

    Die Forderung jedenfalls – so vernünftig sie sich im ersten Augenblick anhören mag – zieht einen ganzen Rattenschwanz an Problemen nach sich, die äußerst schwer zu klären sind.

    1. @Karpatenhund: Das ist sehr oberflächlich gedacht. Auch bei Vorhandenseins eines physischen Datenträgers kann ich die Software installieren, die Musik digital kopieren und dann den Datenträger weiterverkaufen. Es kann auch kein Argument sein, dass der Eigentümer der installierten Software (und Verkäufer des Datenträgers) nicht als Beweis der Eigentümerschaft den Datenträger vorweisen kann, denn er kann den genausogut verloren haben.

      Das Problem ist nicht der Datenträger. Das Problem ist, dass das klassische Recht für immaterielle und intrinsisch nicht-knappe Güter einfach nicht geeignet ist.

  3. Phew, interessante Analyse Karpatenhund und es ist wohl wahr (und das spricht das Handelsblatt auch an), dass im Bereich der Software auch bei stofflichen Datenträgern heftige Einschränkungen gemacht werden, auch und gerade was die Weitergabe betrifft.

    Ich glaube man kann das Problem ein Stückweit über den Preis regeln. Viele Leute hätten möglicherweise ein kleineres Problem damit, wenn die Preise extrem niedrig wären wenn DRM drin ist. So niedrig, dass es nicht stört, dass man es vier mal erwirbt (fürs Smartphone, fürs Notebook, für den Heim- und für den Büro-Rechner z.B.).
    Behebt aber nicht das Problem der Veräußerung… d.h. bedingt. Wenn der Preis entsprechend niedrig ist ist der Wiederverkaufswert ggf. gegen null.
    Der gleiche Händler kann dann natürlich zu höheren Preisen DRM-freies Zeugs anbieten, welches ich privatkopieren oder veräußern kann.
    Das Problem mit der Kopie vor/beim Weiterverkauf bestand auch schon in der analogen Welt. Ich kenne eine Menge Leute (und hab’s selber gemacht), die sich eine Kopie von analogen Werken gemacht haben, bevor sie sie weitergaben (idR verschenkten).

    Unterm Strich bin ich froh, dass ich damit nichts mehr zu tun habe, ich konsumiere einfach nur noch freie Werke. Das betrifft vor allem Musik, Software und kurze Texte (also z.B. Blogeinträge ^^) aber zunehmend auch Filme und Literatur.

    Also ich glaube ich habe seit locker fünf wenn nicht mehr Jahren kein GEMA-Werk mehr gekauft geschweige denn illegal runtergeladen (Ausnahmen bilden Online-Videos, da liegt die Musik halt oft drunter, ist aber afaik idR abgegolten).
    Ich habe mit DRM also eh nichts zu tun, weil CC- oder GPL-lizenzierte Werke in der Regel keine DRM-Mechanismen verbaut haben :)

  4. Gute Zusammenschau, leider nix Neues. Neben Netzneutralität aber meiner Meinung das wichtigste IT-Politikthema derzeit. Wird leider völlig unterschätzt, obwohl es viel publikumswirksamer und konkreter als viele andere unserer Anliegen sind.

    „Der Mann auf der Straße“ hat viel mehr Verständnis für Haben oder Nichthaben von einem Buch oder einer CD als „abgehobenere“ Themen wie Datenschutz etc, die man nicht sofort am eigenen Leib spürt. Dass man dagegen ein ausgelesenes Buch nicht verkaufen darf, dagegen regt sich auch bei der Generation 60+ instinktiv Widerstand. Das Thema ist ein guter Köder für digitale Politik.

    Liebe Piraten, könntet ihr euch zu diesem kleinen bisschen (richtigem und wichtigen) Populismus durchringen?

    1. @Chris; Yes! Sir!

      Mein Lieblingsbeispiel ist das Buch, das man vor dem Transatlantikflug auf dem Flughafen Chicago gekauft hat, und aus dem, irgendwo über dem Atlantik, alle Buchstaben herausfallen, weil regionscodiert.

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