Dem Journalismus geht es erstaunlich gut

Wolfgang Blau, Chefredaktueur von Zeit-Online, hat für die SZ-Serie „Wozu noch Journalismus?“ einen guten Artikel über die Zukunft des Journalismus geschrieben: Dem Journalismus geht es erstaunlich gut.

Ein Ausschnitt:

Online-Kompetenz zu erwerben und ein zukunftsfähiges Berufsbild des Journalismus zu entwickeln, dient aber nicht nur dem Überleben etablierter Medienmarken. Wir sind es auch unseren Lesern schuldig. Das Internet entwickelt sich gerade zum Betriebssystem unserer Gesellschaft. Das Netz ist kein Nebenthema, es transformiert jeden Bereich unseres Lebens, positiv wie negativ. Die Zukunft unserer Bürgerrechte beispielsweise wird sich im Netz entscheiden. Wie aber sollen Journalisten den permanenten, digitalen Angriff auf Bürgerrechte und Privatsphäre verständlich darstellen, wenn ihnen die dafür nötigen Grundkenntnisse fehlen und sie das Netz nur durch die Brille ihrer alten Weltsicht betrachten können?

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13 Ergänzungen

  1. Hervorragender Artikel und endlich mal eine sachliche Bestandsanalyse ohne Eitelkeiten und Scheuklappen.

    Nur ist es auch nichts neues, dass Herr Blau seinen Kollegen in Bezug auf Netzkompetenz um einiges voraus ist.

  2. Text gefällt sehr gut, aber was Herr Blau zum Thema Öffentlich-Rechtlichen sagt kann ich nicht verstehen. „Was spräche beispielsweise dagegen, dass öffentlich-rechtliche Sender sämtliche Inhalte, an denen sie die nötigen Rechte klären können, auch den Nachrichtensites der Printmedien kostenfrei zur Verfügung stellen?“ Pah, ich zahle doch keine GEZ damit dann die Verlage sich dann kostenlos bedienen dürfen. Als erstes sollte erstmal der gesamten gebührenfinanzierten Content im Internet zeitunabhänig online sein. Aber da sträuben sich ja die Verlage gegen.
    Und jetzt sollen die Verlage kostenlos darauf zu greifen, damit der Leser ein zweites Mal für zahlen kann. Ich glaub es hackt.

  3. Das Prinzip der Gewaltenteilung hinter der föderalen Struktur der ARD und der geschichtliche Kontext sind dem werten Herrn Chefredakteur in seiner Laufbahn wohl noch nie erklärt worden. FAIL!

  4. Ich finde die Aussagen des Herrn Blau alles in allem gut nachvollziehbar. Auch wenn er keine Patentrezepte liefert wie das ein oder andere angegangen werden kann, geht seine Meinung meiner Meinung nach in die richtige Richtung.

    Inhalte der ÖR auch an anderer Stelle weiter zu verwenden halte ich für sinnvoll, denn sie wurden bereits bezahlt und dienen explizit nicht dem Zweck den ÖRs Geld in die Taschen zu spielen. Das ändert aber nichts daran das diese Inhalte als Quellen-Material für andere Journalisten dienen können, und diese aus Prinzip diesen zu verweigern riecht für mich nach verstaubtem deutschen Besitzstandsdenken und ist letztlich ein künstliche Blockade auf dem Weg die Gesellschaft zu informieren, aufzuklären und zu bilden.

  5. „Wie aber sollen Journalisten den permanenten, digitalen Angriff auf Bürgerrechte und Privatsphäre verständlich darstellen,“

    Als ob sich ausgerechnet die ZEIT hier mit Lorbeeren bekleckert hätte… die alternativen Medien sind in dem Bereich definitiv die einzigen, die wirklich brauchbare Arbeit leisten. Die ZEIT nicht doch jeden Angriff auf Bürgerrechte bedenkenlos ab, weil es ja angeblich unserer „sicherheit“ dienen soll.

  6. Sollen sie doch den Content der ÖR-Sender unter CC-Lizenz ins Netz stellen. Habe ich kein Problem damit. Ob es nun eine sehr freie (CC-BY) oder eine sehr eingeschränkte (CC-BY-NC-ND) ist, darüber kann man diskutieren.

  7. @Karla Kolumna: Was Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Judikative mit dem ÖR zu tun hat, wäre interessant zu erfahren.

    Und wieso eine föderale Struktur an sich ein Segen sein soll, erschliesst sich mir ebenfalls nicht. Warum leistet man sich 9 Regionalsender mit jeweils unterschiedlichen Systemen, von Kameras über Produktionssysteme und verwendete Codecs bis hin zu Sendeservern und Archiven? Und wieso muss jede Geldverschwendung in unserem föderalen System (siehe 16 Kultusministerien) immer mit Geschichte begründet werden? Könnten Netzneutralität und ordentliche Meinungs- und Pressefreiheitsgesetzgebung in einem offenen Internet eine Pressegleichschaltung nicht wesentlich besser verhindern als eine geschichtsbewusste geographische Verteilung von Medienformen aus dem letzten Jahrhundert?

    1. @_Flin_
      Du sagst es doch schon. Die Gleichschaltung ist das Problem. Damit es keine zentralen Propaganda-Medien des Staates gibt, hat jedes Bundesland in allen Bereichen sein eigenes Organ. Die ARD ist erst später als Verbund drübergestülpt worden.

      Die föderale Struktur in allen Bereichen ist eine Auflage der Alliierten gewesen, ohne diese hätte es keine Bundesrepublik gegeben. Die Lizenzen zum Betrieb von Medien haben die Alliierten in ihren Sektoren vergeben.

      Auch wenn viele über die Umständlichkeit meckern, ist sie doch ein Garant dafür, dass unser Land bisher demokratisch geblieben und nicht völlig in eine Richtung abgedriftet ist. Von daher scheint es nicht der schlechteste Weg zu sein. Negativbeispiel wäre Italien.

      Ich finde das föderale System nicht schlecht, weil so niemand wirklich einen Alleingang machen kann. Jeder kann dem Anderen auf die Finger hauen. Passiert leider nur zu selten.

      Netzneutralität ist eine gute Sache und wünschenswert, aber wer garantiert die Neutralität?

      Im Rundfunk gibt es auch keine völlige Netzneutralität und das hat auch technische Gründe. Dort gibt es Kontrollgremien der Länder, die nicht wirklich unabhängig vom Staat sind, aber man muss sich auch fragen: wie gefährlich wären unabhängige Gremien, die nicht staatlich garantiert sind und von einem politischen Extrem unterlaufen würden?

      Genauso sehe ich die Netzneutralität des Internet auch problematisch. Man kann zwar eine Institution aufbauen, aber wer garantiert die Unabhängigkeit und kann es überhaupt eine völlige Unabhängigkeit geben, um die Existenz der Aufsicht zu garantieren? Hier wäre der Gesetzgeber gefragt.

      Es gibt zwar für alles mittlerweile übergeordnete EU-weite Gremien und Institutionen, aber wer kontrolliert die EU?

      Deshalb kann Netzneutralität für mich nur eine globale Angelegenheit sein, bei der die Länder sich gegenseitig kontrollieren. Da spielen aber bekanntlich nicht alle mit und einige tanzen wie immer aus der Reihe.

      Wenn das deutsche Mediensystem in ein Extrem verfällt, dann könnte ich mir vorstellen, dass die Alliierten wieder tätig werden, weil wir immer noch unter deren Obhut stehen, aber wie ist das mit anderen Ländern? China, Iran, Saudi Arabien etc…

      Als Allheilmittel kann man Netzneutralität noch nicht wirklich sehen, denn es ist viel mehr, als nur ein Datenstrom.

  8. @Flin: Bis jetzt gab es nur eine erfolgreiche Fusion von Bundesländern nach ’48 (Baden-Würtemberg).
    Der 2. große Versuch (Berlin, Brandenburg) wurde von der Bevölkerung abgelehnt.

    Vermutlich wird es die nächsten Fusionen von Bundesländern dann geben, wenn die einzelen Länder finanziell so pleite sind, dass sie fusionieren müssen (geschieht auf kommunaler Ebene inzwischen ja schon vereinzelt).

    Was die Strukturen der ÖR Sender angeht: Solange da Koch & Co. in den Gremien sitzen, kannst du Reformen dort knicken. Da müsste schon jemand genug Power haben, die Kontrolle der ÖR-Sender auf eine andere Basis zu stellen.

  9. Den hat mir Rivva empfohlen…ich finde eigentlich die ganze Reihe gut. Daraus wird bald auch ein Buch gemacht, bei so langen Artikeln wäre das fast eine Überlegung wert.

  10. Ich finde es gut dass auf die Druckversion verlinkt wird, wesentlich übersichtlicher und besser zu lesen!

    Und ich bin positiv überrascht dass die SZ solche Artikel noch zuwege bringt, ich hatte mich schon damit abgefunden dass sie immer mehr auf das Niveau von TZ/AZ/u. Ä. absinkt.

  11. Zum Thema möchte ich kurz beitragen. Jedenfalls was den Onlinebereich betrifft.

    Bei welt.de, spiegel.de, sueddeutsche.de, zeit.de etc….. ist mittlerweile der Beitrag des Journalisten nur noch ein Anstoß. Für die meisten Leser/innen sind die Kommentare viel wichtger und lesenswerter. Also die Meinung des Otto Normalverbrauchers, der eigene Beitrag, die anderen Beiträge und vor allem die Debatte.

    Wohl dem, der ein solches Angebot beinhaltet. Spiegel.de hat sich lange geweigert, Kommentare unter den Beiträgen zu ermöglichen, hat auf das Forum verwiesen. Mit dem blödsinnigen Grund, dort sei eine längere, aktuellere Diskussion möglich.

    Mittlerweile haben die auch eingesehen, daß es wichtig ist, mit den Leser/innen in Kontakt zu stehen, deren sofortige Bewertung und Kritik zu ertragen, wenn auch nur mit Registrierung, was ich ablehne.

    Die Springerpresse ist da schon mutiger. Ich lobe sie nicht gerne, aber bei welt.de kann jeder seine Meinung spontan schreiben. Traurig, wenn ich die Springerpresse mal loben muß, aber da komme ich nicht drumrum.

    So sieht die Gegenwart und Zukunft aus.

    Wer nicht möchte, daß sich Leser/innen einmischen, dessen Seite wird früher oder später vereinsamen. Langsam lernen die alten Säcke. Und die sind auch bald weg. Müssen auch weg.

    Oualität ist wichtig, aber auch der gute Draht zu denen, für welche diese angeblich geleistet wurde.

    Digitalis

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