„Censilia“ und die EU: Montag geht es los!

Kennt hier jemand Cecilia Malmström? Nein? Dachte ich mir fast. Keine Sorge, wir werden den Namen der EU-Kommissarin für Innenpolitik demnächst wohl häufiger hören, als uns lieb sein kann.

Üblicherweise gut unterrichteten Kreisen nach plant die schwedische Politwissenschaftlerin von der Liberalen Volkspartei nämlich eine PR-Offensive für europaweite Internetsperren. Ab Montag soll es losgehen, als Ansprechpartner stehen offenbar vor allem deutsche Medien auf ihrer Gesprächsliste.

Paul Meller schreibt bei europeanvoice.com:

Cecilia Malmström, the European commissioner for home affairs, will next week propose a directive aimed at blocking paedophile websites. But civil liberties campaigners, a German government minister, and a fellow commissioner have already voiced opposition. […] Sabine Schnarrenberger, Germany’s justice minister, advised Malmström earlier this week not to include website blocking in the draft law. Viviane Reding, the European commissioner for justice, fundamental rights and citizenship, has also urged Malmström to drop the idea.

Malmström defended the blocking plan in a letter to Reding earlier this week. “The draft directive proposes to strengthen different mechanisms in order to block content,” she wrote, adding that the law would block sites that cannot be eliminated, such as websites located outside the EU.

Nur falls jemand dachte, dass es sich bei dem letzte Woche geleakten Paper des EU-Ministerrats für ein bedauerliches Missverständnis handeln würde. Das war es selbstverständlich nicht. Statt Strategiepapiere zu veröffentlichen, würde „Censilia“ allerdings lieber Nägel mit Köpfen machen und hat bereits eine entsprechende Richtlinie auf EU-Ebene im Sinn.

Nachtrag: Ah, es geht los. Spricht hier jemand Schwedisch?

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49 Ergänzungen

  1. Bitte nochmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass hier „U-18-Sperren“ und NICHT nur „U-14-Sperren“ in Planung sind!

    Es handelt sich also, um terminologisch korrekt zu bleiben, um Maßnahmen gegen die Verbreitung von „Kinder- UND Jugendpornographie“.

    Dies ist deshalb wichtig, weil die „langen Sperrlisten“ der zB skandinavischen Länder deshalb so „lang“ sind, weil sie die ganzen jugendpornographischen Angebote ebenfalls mit einbeziehen!

    Hierunter fallen viele schwule Porno-Angebote.

  2. Wenn man den Text durch den Google-Translator jagt ist er recht gut lesbar.
    Wie erwartet aber nur das übliche blablub.
    Zitat:
    „Es ist eine wichtige und wirkungsvolle Maßnahme, um gefährdete Kinder zu schützen. Es ermöglicht uns den Zugang zu Websites in Drittländern zu stoppen, wie es an der Zeit für die Polizei wird heruntergefahren „, sagt die Quelle.“

  3. Wie kommt’s das gerade eine Schwedin so auf dem Zensurtripp ist? Waren es nicht die Schweden, die nicht einmal die Vorratsdaten-Direktive aus Brüssel umgesetzt haben, aus Angst vor den heimischen Piraten?

    1. Stimmt, hat mich auch gewundert, daß die ANgst vor den Piraten so plötzlich nachläßt bei den Schweden.

      Andererseits ist die Gute ja auf EU-Ebene tätig und da dauert’s bis zu den nächsten Wahlen noch eine Weile und die Leute sind ja wohl dumm genug das auf keinen Fall irgendwie in einen Topf zu werfen: „Das sind die in Europa! Wir *müssen* das jetzt so umsetzen!1!11!“

      Wenn man der ganzen Farce etwas abgewinnen kann, dann die Stärkung der europäischen Piratenparteien.

  4. Hm…also ich glaube fast, die machen Jagd auf uns User. Frau Censursi aus Schweden mag sich sicherlich gedacht haben, wenn wir die Piratentorrents schon verurteilen konnten, dann gehen wir gleich mal weiter und jagen dem Rest der EU mal gehörig was ans Horn.

    Ständig dieses Totschlagsargument “ es geht doch um Kinder“…jepp, da frage ich mich, warum man nicht gleich den 6jährigen das Autofahren beibringt. Technisch kein Problem. Somit wird auch das Autofahren „kinderfreundlicher“…

    Was beabsichtigen solche Wichtigtuer eigentlich? Geht es nur um eine Totalkontrolle, um eventuellen Widerstand durch demokratische Einflüsse im Keim zu ersticken? Immerhin kann man sich sehr geschickt anonym im Netz unterhalten. Na, ich frage mich dass schon, weil man den Eindruck bekommt, jeder Bürger sei ein potenzieller Täter – egal für was. Nur sehe ich nicht ein, mein letztes Hemd auch für noch so viel Sicherheit (?) zu verkaufen.

    Ihr Photo sieht zumindest nett aus…aber das dachte das Rotkäppchen auch, als sie den Wolf zum Tanz bat..

    Hm…lese mich demnächst mal hier in die „wichtigen Vorschläge zur Erhaltung der europäischen Kultur im digitalen Europa“ durch.
    Wird sicherlich spannend. Vielleicht passend noch dies dazu: Neben England benutzt unser kleiner Nachbar Niedersachsen seit 2008 flugfähige, kaum 1kg leichte Drohnen „zu Testzwecken“ über der Stadt – es sollen bei Geiselnahmen oder ähnlichem ( Demos gegen totale Überwachung ?)aus sicherer Entfernung solide Bildchen erstellt werden. Wen die wohl wirklich suchen..

    re:captcha…ich gebs auf…dictionary failed

  5. @Volker: Nach Brüssel wollte ich sowieso mal gerne. Und von Köln aus auch viel näher als Berlin. :P

  6. Die Seite ist schon komisch…da muss man „search“ klicken um einen Kommentar ab zu schicken.
    Folkpartiet liberalerna 0 – Piratpartiet 1? ;)

  7. „Ab Montag soll es losgehen, als Ansprechpartner stehen offenbar vor allem deutsche Medien auf ihrer Gesprächsliste.“

    Das versteh ich nun nicht…
    Gerade bei uns in Deutschland sind doch die Gegenargumente noch präsent. Selbst die (meisten) Medien haben sich ja in letzter Zeit auf „unsere“ Seite gestellt. Für so doof halte ich unsere Journalisten nicht, dass die sich da diesmal einlullen lassen.

  8. Oh Cecilia, you’re breaking my heart,
    you’re shaking my confidence daily.

    Also, den Rest confidence, der noch über ist.

  9. Hallo allesamt,

    da die ganze Thematik, so z. B. auch ACTA, nun ja zweifelsohne nicht nur Deutschland betrifft, sondern die EU als Ganzes und sich ja auch immer deutlicher abzeichnet, dass entsprechende EU-Institutionen ebenso im Auge zu behalten sind, wäre es da nicht sinnvoll Meinungen und Informationen zu bündeln? Ich meine damit eine Plattform zu finden, auf welcher der Austausch paneuropäisch stattfindet. Dies würde dann sinnvollerweise wohl am Besten auf Englisch stattfinden; oder gibt es derlei Plattformen schon?

    Ich denke da an Seiten wie z. B. http://blackouteurope.eu/ , welche aber nicht mehr so ganz in Schuß zu sein scheint.

    Schönen Sonntag.

  10. Würden wir uns wundern?

    Wäre es eigentlich verwunderlich, wenn die CDU/CSU nur deshalb die Füsse bei der Zensur still gehalten hat, weil sich 1. kein Minister nochmal mit Zensursula-analogen Spitznamen beschrieben sehen wollte und 2., weil dieses so wichtige Projekt (man denke nur an die Worte des Herrn Guttenberg) einfach nach Brüssel verlagert wurde?

    Was sagen CDU-Politiker dazu, die sich innen- und netzpolitisch „geläutert“ geben – also jene, die Franziska Heine anerkennend auf die Schulter tapsen und sagen, dass die Petition viel erreicht habe. Was sagen denn diese CDU-Politiker zu der Europa-Initiative?

    Ihre Zögerlichkeit, ihr Schweigen oder gar ihre Zustimmung wäre natürlich sehr entlarvend für die CDU ..

    Y.S.

  11. @Schildbuerger („am Besten auf Englisch“)

    Erstens geht die Arbeit über den jeweiligen EU-Abgeordneten. Der sitzt in Deinem Wahlkreis. Mit dem kannst Du deutsch reden.

    Zweitens sprechen nicht alle, die sich für dieses Thema engagieren, fließend Englisch. Die würdest Du vom Infofluß quasi ausschließen.

  12. Leider ist das Geschütz, das Censilia auffährt, nicht die „denkt-an-die-kinder“-Nummer alleine.

    Es ist perfider – sie spricht von der Bekämpfung des Sex-Menschenhandels über das Internet – also auch Erwachsener.

    http://www.dn.se/nyheter/sverige/malmstroms-eu-forslag-hojt-straff-for-trafficking-1.1068812

    Ich habe leider gerade nicht die Zeit, das alles zu übersetzen – aber Themen wie ‚Nätneutralitet‘ sind in Skandinavien schon viel länger in der öffentlichen Diskussion. Man kann jetzt nur hoffen, daß alle Medien sowohl ‚up north‘ als auch hier, den Angstköder, der ausgeworfen wurde, entsprechend auseinandernehmen.

  13. @MNB

    Sicherlich, da hast Du vollkommen, dass der/die entsprechende EU-Abgeordnete eine der ersten Anlaufstellen sein sollte.

    Auch hinsichtlich der evtl. Sprachbarriere magst Du sicherlich nicht Unrecht haben, jedoch fragte ich mich nach einer adäquaten Hebelwirkung i. S. eines aggregierten Auftrittes um auch Aufmerksamkeit von der (EU-)Öffentlichkeit und nicht so internetaffinen Personen, wie viele es von uns sein werden, zu erreichen. Es ist ja gar nicht notwendig, dass alle derart gute Englischkenntnisse haben die sich diesem Ziel verschreiben wollen; die „Sprachrohre“ sollten es wohl aber beherrschen. Google-Translate, Babelfish usw. mögen z. T. schlechte Übersetzungen liefern, doch können Sie durchaus hilfreich sein. Und für einen gemeinsamen Auftritt, länderübergreifend, sehe ich leider keinen Weg, der an Englisch vorbei führt; natürlich nebst der Kontaktaufnahme zu dem/der entsprechenden/-er EU-Abgeordneten.

    Ich fragte mich lediglich, wie man diesem Unmut, anscheinend nicht weniger Menschen, eine entsprechende erweiterte Wirkung verleihen könnte. Als grenzübergreifende „Organisation“ fällt mir natürlich die Piraten-Partei ein, doch welche weitere _gemeinsame_ Plattform, die auch grenzübergreifend ist, fällt Dir/uns noch ein? Ich kann z. B. die Reichweite und z. B. Ernsthaftigkeit von social networks nicht recht einstufen, da ich mich da eher heraushalte.

    Weiterhin einen schönen Sonntag.

  14. Hat jemand die Mailadresse von der Tuss?

    Man sollte ihr eine Dankesmail zusenden, da wenn dieses „Gesetz“ beschlossen würde, Deutschland per BVerG sofort aus der EU raus wäre (verschiedenste Urteile im Zusammenhang).

    Nur mal wieder pervers, das Kinder als Alibi benutzt werden.

  15. Wieviele Köpfe hat diese Zensurhydra eigentlich? Könnte allerdings eine gute Gelegenheit sein, sich schonmal europaweit zu vernetzen für die nächsten geistigen Ergüsse unserer EU Politiker. Wo kann man da denn klagen gehen und gegen wen klagt man dann?

    Die EU wird uns ja noch so einige lustige Dinge unterjubeln wollen, ich sag nur Nacktscanner usw… von daher auf ins Gefecht. Gibts es irgendwo bissel Info über diese Frau Malström? Schiebt die genauso Paranoia wie der Schäuble und ist genauso polemisch wie die von der Leyen? Oder ist die Chance hoch, dass sie bei bissel Gegenwind das Handtuch wirft?

    Wichtig wäre ja erstmal die drohende Gefahr einzuschätzen. Gibts da Unterstützer? Was für eine Geschichte hat die frau denn überhaupt, dass sie der ganzen EU jetzt meint das Netz zensieren zu können?

    Fragen über Fragen…

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