CDU-Abgeordneten liegt der Datenschutz am Herzen

Die Europaabgeordnete Sabine Verheyen (CDU) möchte Fragen zu Netzsperren auf europäischer Ebene nicht auf Abgeordnetenwatch beantworten, weil:

vielen Dank für Ihre Anfrage und für Ihr Interesse an europapolitischen Themen sowie an meiner Arbeit als Abgeordnete des Europäischen Parlaments. Aus Gründen des Datenschutzes und der Vertraulichkeit ziehe ich es vor, in persönlichen Kontakt mit Ihnen zu treten. Ich möchte Sie daher bitten, sich mit Ihrem Anliegen direkt an mich zu wenden.

Nun kann man sich fragen, was die Meinung und Positionierung einer Europaabgeordneten zu einem umstrittenen Thema mit Datenschutz und Vertraulichkeit zu tun hat. Aber da fällt einem echt wenig ein.

Das scheint aber eine beliebte Argumentationslinie von CDU-Europaabgeordneten zu sein. Ihre Kollegin Birgit Schnieber-Jastram verwendet gerne eine noch geschicktere Formulierung:

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte mich ganz herzlich für Ihr Interesse an europapolitischen Themen und an meiner Arbeit bedanken! Aus Gründen des Datenschutzes und der Vertraulichkeit ist es mir allerdings lieber, wenn ich in persönlichen Kontakt mit Ihnen treten kann. Das halte ich sowohl für die Fragesteller, als auch aus meiner Perspektive für die sicherste und beste Lösung.

Aus Gründen der Sicherheit, der Wahrung des Datenschutzes sowie der Vertraulichkeit empfehle ich, Abgeordnete mit einer solchen Antwort persönlich anzuschreiben und die Antwort in Form einer Antwort-Frage auf Abgeordnetenwatch wieder einzustellen. Das ist sicher aus Perspektive der Bürger die sicherste und beste Lösung.

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27 Ergänzungen

  1. Merkel wird demnächst auch nicht mehr mit den TV-Sendern sprechen. Aus Gründen der Vertraulichkeit solle doch jeder Bürger seine Fragen ans Kanzleramt schicken. Werden zwar nicht beantwortet, aber wenigstens freut sich dann die Post.

  2. Da hat das Verhalten des Herrn Wolfgang Bosbach wohl auf andere CDU-Kollegen abgefärbt.

    Der schreibt ja solche obskuren Dinge:

    Daher habe ich nunmehr verstärkt erhebliche Zweifel an der politischen Neutralität von http://www.abgeordnetenwatch.de, sodass ich Nutzerinnen und Nutzer sehr herzlich darum bitten darf, etwaige Fragen an mich auch unmittelbar an mich zu adressieren. Sodann werde ich gern antworten.

    Original nachzulesen hier: http://bit.ly/9dhAbm

    Gruss aus NRW, Peter

    1. @Karpfenpeter: Das ist ja wenigstens noch eine Argumentation, die nicht ganz so dämlich klingt wie die seiner beiden Kolleginnen.

      1. @karpfenpeter, @markus

        Bosbachs Aussage ist auch ob der Antwort auf die Anschuldigungen mehr als ein Fingerzeig:

        „Anmerkung der Redaktion: (…) Herr Bosbach verwies (…) auf einen Mitarbeiter von abgeordnetenwatch.de, der seinen Informationen zufolge parteipolitisch tätig sei.

        Tatsächlich hat sich ein ehemaliger Mitarbeiter von abgeordnetenwatch.de während seines Studiums politisch engagiert. Zwischen 2007 und 2009 kandidierte er für das Studierendenparlament an seiner Uni.“

        m(

  3. „Aus Gründen des Datenschutzes und der Vertraulichkeit ist es mir allerdings lieber, wenn ich in persönlichen Kontakt mit Ihnen treten kann.“

    Na klar, aus Datenschutzgründen wollen wir lieber mal persönliche Kontaktaufnahme — am besten mit Adressangabe oder zumindest IP und Routing etc. via E-Mail, um den störenden Querulanten halbwegs identifizieren zu können — statt auf einer WWW-Plattform, die man zumindest teil-pseudonym nutzen kann.

    Klar kann man auch ano-/pseudonym „persönlichen Kontakt“ aufnehmen, wollte aber auf einen weiteren dezenten Hirnriss in diesen Pseudo-Antworten gg. öffentliche Plattformen hinweisen.

    Abgesehen davon ist es natürlich gaaaanz toll, daß die Damen in ihren „Standard-Antworten“ (so werden die Posts auf Abgeordnetenwatch von ihnen ja tatsächlich selbst betitelt) brav diverse Kontaktmöglichkeiten (Tel., Fax, E-Mailadresse) anbieten.
    Das sind aber alles geschäftliche und nicht persönliche, was wohl die meisten Fragesteller so nicht tun können. Ein kleines Ungleichgewicht in der Wahrung der Vertraulichkeit, wenn persönliche Kontaktdaten bei (vermutlich von mehreren genutzten) Geschäftsstellen auflaufen.

    Außerdem habe ich bei keiner der Damen einen öffentlichen PGP/OpenPGP-Schlüssel zur wirklich vertraulichen Kommunikation finden können. Oder um genauer zu sein: ich konnte überhaupt nur einen für @europarl.europa.eu finden und zwar von giorgio.stampa@europarl.europa.eu

    Echt super.

    Ach pfff, das wird sowieso nie was. Was reg ich mich auf.

  4. scheint inzwischen Mode zu sein bei der CDU, keine Fragen mehr via diesem komischen neumodischen Internet-Dings da zu beantworten…

    ähnlich auch Volker Kauder, wenn auch nicht mit geheucheltem Hinweis auf Datenschutz etc:

    http://www.abgeordnetenwatch.de/volker_kauder-575-37693.html

    Sagt für mich fast mehr aus über die Grundhaltung der Union zum Internet als ihre ganzen Sperr- und Zensurgelüste.

    Die Überschrift „Standard-Antwort von Volker Kauder“ entbehrt auch nicht einer gewissen Komik…

    1. „scheint inzwischen Mode zu sein bei der CDU, keine Fragen mehr via diesem komischen neumodischen Internet-Dings da zu beantworten…“

      Ich fürchte, es geht nicht so sehr um die Angst der Internetausdrucker und alten Männer mit Kugelschreibern vor dem Neumodischen, sondern vor der unmittelbaren, kaum/nicht zu kontrollierenden Öffentlichkeit von Aussagen, die durch Plattformen wie Abgeordnetenwatch hergestellt wird.

      Zum einen dürfte klar sein, daß für Glaubwürdigkeit eine Authentizität notwendig ist, die nur durch eigenständige Nutzung vernünftig hergestellt werden kann, d. h. keine Ghostwriter oder durch PR-Teams polierte Texte.
      Zum anderen ist damit aber auch die „Gefahr“ gegeben, daß man sich „verplappert“.

      Das passiert dann „ungünstigerweise“ ohne, daß man seinen Text noch einmal zum Redigieren vorgelegt bekommt, wie bei vielen Interviews inzwischen leider üblich.
      Oder daß sich das Gesagt im Rauschen des Rundfunks versendet.

      Vielmehr wird es mehr oder weniger unmittelbar in Rohform einer unbegrenzten Öffentlichkeit verfügbar gemacht.
      Irgendeiner findet sich immer, der über unglückliche Äußerungen stolpert und diese weiterträgt, vgl. Köhlers Radiointerview.

      Dokumentiert bzw. kopiert wird es dann meist auch noch und verschwindet nicht in den Archiven oder wird dank Rundfunkstaatsvertrag depubliziert.

      Der (zunehmende?) Rückzug von solchen einst als tolle, weitere PR-Kanäle (fälschlich) entdeckten Plattformen ist für mich ein deutliches Zeichen für das Zutreffen von Überlegungen wie von Peter Kruse ( Rückkopplung, Selbstverstärkung, Aufschaukelung, Resonanz) oder mspr0 (Kontrollverlust).

  5. @scanlines:

    „Ich fürchte, es geht nicht so sehr um die Angst der Internetausdrucker und alten Männer mit Kugelschreibern vor dem Neumodischen, sondern vor der unmittelbaren, kaum/nicht zu kontrollierenden Öffentlichkeit von Aussagen, die durch Plattformen wie Abgeordnetenwatch hergestellt wird.“

    …aber das läuft dann doch aufs gleiche hinaus. Das ist doch eine der Grundeigenschaften des Internets. Diese „unmittelbare, kaum/nicht zu kontrollierende Öffentlichkeit“. Das ist genau das, was im Endeffekt die diffusen Ängste und die Ablehnung des Internets als Kommunikationskanal bei diesen „alten Männern“ auslöst.

  6. Datenschutz ist der neue Kampf gegen Kinderpornografie.

    Wann immer es Meinungs- und Informationsfreiheit einzuschränken gilt, brauchen konservative Politiker irgendeinen Vorwand, der möglichst gut in der Bevölkerung ankommt. Datenschutz eignet sich da besonders, weil gerade der ja den „Netzbürgern“ vermeintlich besonders am Herzen liegt und die sich teilweise sogar für entsprechende Vorhaben mit einspannen lassen (z.B. Hexenjagd gegen Google).

    Es also nicht verwunderlich, dass „Datenschutz“-Argumente nun auch in die CDU-Standardfloskeln Einzug halten.

  7. Oh Man…..erhlich….mir fällt dazu nichts mehr ein. Ich fordere hiermit einen IQ-Test oder zumindest eine art Qualifizierung für das jeweilige Gebiet. Der Bauarbeiter kann auch nicht ohne eine grundsolide Ausbildung als Arzt praktizieren.

    Müssen wir denn bei der nächsten Wahl persönlich Anrufen etc. um das Parteiprogramm zu erfahren?

  8. Bei Politikern, die dauernd Fragen in dieser Art beantworten, würde ich einfach gleich mit der Fragestellung schreiben, das ich zum höhreren Zwecke der allgemeinen Informationen hier gerne und bewusst auf den Datenschutz verzichte, und daher eine öffentlich Antwort vorziehe.

    Damit müsste der Politiker dann zumindest deutlich sagen, das es ihm um seinen eigenen Schutz geht, und kann sich nicht mehr als um meine Daten besorgter Volksvertreter darstellen.

  9. „Sehr geehrte Frau Verheyen,

    schämen sie sich derart für ihre Positionen, das sie diese nicht öffentlich äußern möchten und fadenscheinige Gründe des Datenschutzes und der Vertraulichkeit vorschieben.
    Das wirft leider weder ein gutes Bild auf sie oder ihre Positionen.

    Mit freundlichen Grüßen“

  10. Die Argumentation ist wirklich sehr, sehr traurig. Sie schiebt ein Argument vorher, was so garnicht haltbar ist.
    Eigentlich sollten Politiker mal ehrlich sein und genau schreiben, was sie über abgeordnetenwatch denken, denn übersetzt heisst die Lüge eingentlich:
    „Lieber Besucher, aus Gründen der Transparenz begrüße ich Einrichtungen wie abgeordnetenwatch sehr. Leider wird dieses Netzwerk immer wieder von terrorisierenden Zeitbindern missbraucht und ich habe einfach keinen Bock jedem Idioten zu antworten. Wenn sie ein ernsthaften Anlieges an mich haben, wenden sie sich doch bitte über eines meiner Büros direkt an mich. Gerne vereinbaren wir mit Ihnen auch ein persönliches Gespräch“

  11. Ich verstehe die Christsozialen nicht. Da könnten die doch mal ihre Werte leben. Deren Märtyrer sind doch auch in alle Welt zur Missionierung der Ungläubigen ausgezogen und nicht nur in Rom ausgeschwärmt.
    Da waren die Mönche im Mittelalter nur mit Kutte und Bibel „bewaffnet“ aber Lichtjahre mutiger…

  12. >>Aus Gründen der Sicherheit, der Wahrung des Datenschutzes sowie der
    >>Vertraulichkeit empfehle ich, Abgeordnete mit einer solchen Antwort
    >>persönlich anzuschreiben und die Antwort in Form einer Antwort-Frage
    >>auf Abgeordnetenwatch wieder einzustellen. Das ist sicher aus Perspektive
    >>der Bürger die sicherste und beste Lösung.
    Wenn sich da jemand berufen fühlt: Macht das besser auf Papier oder Fax, unsegnierte E-Mails sind viel zu einfach abzustreiten bzw. viel zu schwer zu belegen. Gilt für Papier (Snailmail) im Grunde auch, aber da wird wahrscheinlich niemand ein Dementi wagen.

  13. Da sieht man mal, wie die ganze Bürokratisierung meistens in die flasche Richtung geht. Wie kann das sein, dass die Abgeordneten sich nach außen hin so sehr um die Privatsphäre sorgen, aber auf der anderen Seite alles dafür tun, um möglichst alles, was die Bürger so tun, aufs Genauste verfolgen zu können?

  14. Kleiner Blick in die Zukunft gefällig?

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    Sie wissen, dass aus Gründen des Datenschutzes seit dem 1. Januar 2012 die Namen von Abgeordneten nicht mehr veröffentlicht werden dürfen.

    Ich fordere Sie auf, alle diesbezüglichen Anspielungen, Vermutungen und Anfragen, aus denen hervorginge ich wäre als Abgeordnete eines Parlamants an irgendwelchen Entscheidungen beteiligt zu unterlassen.

    Sollten Sie diese Aufforderung mittels technicher Hilfsmittel versuchen zu umgehen, sende ich Ihre, aus Datenbschutzgründen für 30 Jahre gespeicherte IP- Adresse umgehend an die Ihnen bekannten Abmahnkanzleien…

  15. Der Plan mit der Antwort-Frage auf abgeordneten-watch wird so nicht aufgehen. Etwas ähnliches habe ich schon einmal probiert, mein Beitrag wurde aber mit dem Hinweis nicht freigeschaltet:

    „Wir müssen Ihnen allerdings mitteilen, dass wir Ihre Nachricht in der uns
    vorliegenden Version nicht freischalten, da Sie sich auf Schriftwechsel mit XY beziehen, die für uns nicht nachvollziehbar sind, sodass wir
    um Auslassung der entsprechenden Passagen bitten.“

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