BKA lanciert Vorratsdatenspeicherungspapier

Samstag erst wurde im Spiegel auf eine CDU/CSU-Kampagen zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung featuring the BKA hingewiesen und gestern konnte man in der WELT dann den nächsten Kampagnenbaustein ansehen. Ein „streng geheimes“ Papier wurde offensichtlich von der BKA-PR-Abteilung an die Welt lanciert. Ist ja nicht das erste Mal, dass sich die WELT als BKA-Sprachrohr instrumentalisieren läßt. Der Artikel ließt sich dann auch so: Geheimpapier enthüllt die Machtlosigkeit des BKA.

Das Papier des Bundeskriminalamts (BKA) umfasst 16 Seiten und trägt den Stempel „VS – nur für den Dienstgebrauch“. Weil das Dokument unter keinen Umständen öffentlich werden soll, möchte es das BKA selbst für die interne Internetplattform „Extrapol.de“ der Polizei sperren. Angesichts der Brisanz ist die Geheimniskrämerei verständlich. Denn in dem Papier, das WELT ONLINE vorliegt, beklagt das BKA die eigene Ohnmacht. […] Schuld daran ist die Politik, die in dem Bericht allerdings mit keiner Silbe erwähnt wird.

Update: Patrick Breyer hat das Papier gegenüber Heise kommentiert:

Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung bezeichnete die Vorlage des BKA gegenüber heise online als „völlig irrelevant“, da der Vergleich etwa zum Vorjahr fehle. Laut Kriminalstatistik blieben mit einer Protokollierung von Nutzerspuren ebenso viele Straftaten unaufgeklärt wie ohne, nämlich jeweils rund 45 Prozent. Angesichts der jährlich hierzulande rund 6 Millionen registrierten kriminellen Vergehen habe die Polizeibehörde mit 701 Fällen zudem nur „eine winzige und verzerrte Stichprobe“ untersucht. Dies lege die Vermutung nahe, dass die aufgezeichneten Zahlen gezielt durch Anfragen „frisiert“ worden sei, von denen von vornherein feststand, dass sie nicht zu beantworten seien. Schließlich würden laut der polizeilichen Jahresstatistik 80 Prozent der Internetdelikte auch ohne Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt. Insgesamt lebten die Bundesbürger sicherer als die Einwohner von Staaten mit Verpflichtungen zur verdachtsunabhängigen Aufbewahrung von Telekommunikationsdaten.

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18 Ergänzungen

  1. Das Papier enthüllt für mich eher die Unfähigkeit des BKA.
    Oder den Unwillen zur Fähigkeit, wäre der Job mit der VDS doch um so vieles einfacher.

  2. […]Morde an einem Polizisten und einem Mitglied der Mafia,
    […]

    Zählen nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil nicht zu den Delikten wo der Zugriff auf die VDS-Daten erlaubt wäre….

    […]
    angedrohte Sprengstoffanschläge,
    […]

    Wie konkret war die Gefahr, ansonsten siehe oben…und das wäre bei einer wirklich konkreten Gefahr das einzige wo ein Zugriff auf die Daten der VDS okay wäre….

    […]
    die Mitgliedschaft in Terrorgruppen
    […]

    ist ebenfalls nach dem Urteil nicht zulässig…

    […]
    und Kinderpornografie im Internet.
    […]

    und das auch……

    Viel heiße Luft um nichts…..

  3. Wenn man mal ehrlich ist: Ich könnte mir schon vorstellen, dass die VDS es den Ermittlern einfacher macht.

    Aber dafür alle Bürger unter generalverdacht zu stellen und ohne Verdacht alles mit zu protokollieren halte ich für sehr gefährlich, nicht einer Demokratie würdig und mit dem Grundgesetz nicht vereinbar (wobei das BVerfG da ja anderer Meinung ist).

    In meinen Augen bürgen große Datensammlungen immer eine Gefahr, die ich aber gerne auf Basis einer eigenen Entscheidung eingehen möchte (z.B. Facebook).

    Und das in einer Welt, wo die Angst vor einem Terroranschlag oder den ganzen gemeinen Onlinebetrügern so sehr geschürt wird, die Rufe nach VDS, Quellen TKÜ und Netzsperren größer werden, zeigt für mich, dass selbständige und mündige Bürger, die sich demokratisch beteiligen wollen, nicht jedem Politiker in den Rahmen passen.

  4. Kann es nicht in zweiter Linie auch eine, an Kriminelle gerichtete Information sein „Hey, uns sind die Hände gebunden, ihr könnt im Internet machen, was ihr wolllt“? Ähnliche Meldungen wurden ja auch über das angeblich abhörsichere Skype verbreitet.

    Denn was hier nicht ermittelt wird, emitteln eben die ‚Amerikanischen Freunde‘, denen man sowieso schon alle SWIFT- Rechte einräumte. Wahrscheinlich genau aus diesem Grund: Die BKA-Ermittler machen sich nicht die Finger schmutzig und werden mit allen gewünschten Informationen gut versorgt.

    Allein für, speziell auf Deutschland zugeschnittene geheime Sperrlisten ist das BKA gezwungen, selbst zuständig zu sein. Für die nationalen Sperrlisten irgendwelcher Staaten haben die Amerikaner keine Zeit. Das sollen die Deutschen schön selbst ausfüllen. Und das funktioniert im Moment nicht so richtig. Also lanciert man diese Wünsche in die Presse. Verbunden mit ein paar unbewiesenen Terrorwarnungen oder Beinahe-Rettungen wirds vielleicht funktionieren.

    Mein Hund bellt auch des öfteren, um zu melden, dass er noch da ist und mich gerade wieder vor Einbrechern beschützt hat…

  5. Warum ist eigentlich die Kommentarfunktion beim WELT ONLINE Artikel deaktiviert? Angst vor oder schon zu viele negative Reaktionen?

  6. In meinen Augen unerträglich, wie unverblümt sich die Exekutive in Dinge der Legislative einmischt. Auch unerträglich, wie diese Lobbyarbeit auch noch geduldet wird.

    1. @Christian: Es ist völlig legitim, wenn die Exekutive ihre Wünsche bei der Legislative anmeldet. Es ist dann allerdings Aufgabe der Legislative diese sachgerecht zu bewerten.

      Man müsste Exekutive und Legislative nicht trennen, wenn die immer einer Meinung wären. Durch unseren Parteien- und Fraktionenfilz ist die Trennung aber leider oft nicht so stark, wie sie eigentlich sein müsste.

  7. Blöde Frage: gibt es eigentlich jemanden, der an einem vernunftbasierten Kompromiss arbeitet? Das Telemediengesetz war schon immer widersprüchlich und inkonsequent, die Vorratsdatenspeicherung versuchte das Problem zu lösen, in dem man eine Extremlösung mit minimalen Abstrichen versah. Man kann jetzt sagen: „selbst schuld“ und sich zurücklehnen. IMHO wird eine Totalverweigerung letztlich zu einer Wiederholung führen.

    Gleichzeitig wirkt der komplette Speicherverzicht inkonsequent, wenn man ansieht welche Speicher/Abhörpflichten Provider heute schon bei E-Mail und Co haben. Letztlich könnten findige Polizisten dadurch eine Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür betreiben: man lauscht viele DSL-Anschlüsse und E-Mail-Postfächer im Umfeld von Verdächtigen ab, um an die so schmerzlich vermissten IP-Adressen zu kommen. Zudem haben die Massenabmahner offenbar weiterhin keine allzu großen Probleme, ihr Geschäftsmodell aufrecht zu erhalten.

    Arbeitet eine Gruppe vielleicht daran, inwieweit eine temporäre Speicherung von IP-Zuordnung tatsächlich nützlich wäre und mit welchen Schranken man sie versehen müsste um einen Missbrauch zu verhindern?

  8. In dem Bericht der Exekutive wird die Legislative nicht erwähnt. Diese Verknüpfung wird dann aber mit Hilfe der *hust* freien und unabhängigen Presse hergestellt, die darf das und die liefert auch gerne nach:

    Schuld daran ist die Politik, die in dem Bericht allerdings mit keiner Silbe erwähnt wird.

    Neulich auf den Fluren der WELT:
    »Hoppla, was liegt denn da neben dem Blumentopf?«
    – »Muss das neue versehentlich verlorene Geheimpapier sein.«
    »Wurde auch Zeit.«

  9. Liebes BKA, wie währe es den mit elektronischen Fußfesseln (GPS) für alle? Dann könnte man doch noch viel viel mehr Straftaten aufklären.

  10. VS – NfD = Geheimpapier? NfD, „Nur für den Dienstgebrauch“ ist die niedrigste der möglichen Klassifizierungen für Dokumente: „(VS-NfD) sind für jeden Mitarbeiter einer Behörde im Rahmen seiner Dienstgeschäfte zugänglich.“

    Richtig geheime Sache werden auch „geheim“ genannt..

  11. #3 Ruben

    Wenn man mal ehrlich ist: Ich könnte mir schon vorstellen, dass die VDS es den Ermittlern einfacher macht.

    Klar macht es das. Ich kann mir auch vorstellen, dass man dutzende Fälle häuslicher Gewalt aufklären könnte, wenn man mit Stasi-Methoden sämtliche privaten Wohnung überwachen würde. Aber ich denke diesen Preis würde niemand zahlen wollen. Und bei der Vorratsdatenspeicherung ist es ähnlich.

  12. in Wirklichkeit geht es lediglich darum den Machtbereich des BKA ständig zu erweitern. ein totalitärer Staat wird immer behaupten er sei ohnmächtig, die totalitäre Staatsführung soll ja nicht zu offenbar werden. deswegen immer kräftig jammern….

  13. @Torsten #8

    Bezüglich eines möglichen Kompromisses werde ich einfach einmal den Begriff „quick freeze“ in die Runde.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Quick_Freeze

    Sicherlich als Ausgangsposition nicht eine der schlechtesten Ansätze. Es könnte versucht werden durch Richterbeschluss die Verhältnismäßigkeit zu wahren, wenn wir der Einfachheit halber einfach einmal davon ausgehen wollen, dass sich der Richter auch wirklich damit befasst und nicht nur seinen Kaiser Wilhelm drunter setzt.
    Weiter ginge die Diskussion dann sicherlich mit der Frage, für welche Fälle man dann das ‚quick freeze“ Verfahren einsetzen dürfte.

    Wünsche einen angenehmen Abend.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.