Bericht von der Klausur-Tagung der Enquete-Kommission

Gestern hat im Bundestag die Enquete-Kommission „Netzpolitik und digitale Gesellschaft“ in einer nicht-öffentlichen Klausur-Sitzung getagt. Der Tag fing um 8:00 Uhr sehr früh an, nur die armen OB-Leute der Fraktionen (Quasi die Fraktionskoordinatoren für die Enquete) mussten schon eine halbe Stunde früher im Bundestag sein und den Tag vorplanen.

Den Anfang machte eine erneute Vorstellungsrunde, wobei sich diesmal nicht nur die Sachverständigten inklusive Arbeitsschwerpunkte vorstellten, sondern auch die Abgeordneten. Das ging erfreulicherweise schneller als gedacht. Ursprünglich waren 5 Minuten pro Person angesetzt, im Durchschnitt wurde nur ein Drittel der Zeit genutzt. Die Klausur-Sitzung sollte dazu dienen, die Arbeit der kommenden zwei bis zweieinhalb Jahre vorzubereiten und der Enquete-Kommission eine Organisationsstruktur zu geben. Vorgeschlagen waren dafür vier Arbeitsgruppen zu Wirtschaft, Kultur/Bildung, Gesellschaft und Recht/Innen. Dabei hatte man sich wohl einerseits an den übklichen Ausschüßen im Bundestag und den Ministerien orientiert, zusätzlich gibt es für genau jedes Thema einen eingestellten Referenten im Enquete-Sekretariat.

Wie ich vergangene Woche schon gebloggt hatte, wurde dieser Vorschlag von vielen allerdings als weniger praktikabel angesehen, um Themen wie Netzneutralität oder Urheberrecht interdisziplinär zu diskutieren. Insofern gab es erstmal eine längere konstruktive Debatte darüber, ob wir das vorgeschlagene AG-Gerüst wollen oder eine Alternative. Da es wenige Befürworter des 4-AG-Plans gab, wurde über Alternativen nachgedacht. Viele wollten auch schon mit der inhaltlichen Arbeit anfangen, statt den vier Arbeitsgruppen wollte die Mehrheit auch lieber projektorientiert arbeiten. Des Öfteren wurden auch Bedenken geäussert, dass es im Bundestag nicht unüblich sei, einmal getroffene Entscheidungen in Stein zu meißeln und nicht mehr davon abzurücken. Eine Überlegung war, erstmal noch zu warten und länger zu diskutieren. Das wurde dann aber verworfen. Aus den bei der Vorstellungsrunde genannten Themen wurden die acht am häufigsten genannten rausgesucht und es gab dann ein Blatt Papier zum Ankreuzen.

Gewonnen haben die drei Themen Netzneutralität, Urheberrecht und Datenschutz. Diese werden jetzt zuerst in Arbeitsgruppen diskutiert und andere Themen kommen dann später dran. Das Sekretariat soll sich auch nochmal Gedanken machen, wie man de weiteren rund 30 Themen aus dem Einsetzungsantrag in Gruppen bearbeiten kann. Ungeklärt sind auch noch kleine Formalien, wie die Frage, ob Arbeitsgruppen parallel tagen oder hintereinander. Ich würde am liebsten in allen drei Arbeitsgruppen mitdiskutieren, werde aber zeitlich wahrscheinlich höchstens zwei schaffen. Da es vielen ähnlich geht, wäre es sinnvoll, zeitlich versetzt zu tagen. Aber die Herausforderung wird wohl sein, sowas in den Arbeitsalltag im Bundestag zu integrieren. Abgeordnete haben ja teilweise einen durchstrukturierten Alltag in den Sitzungswochen, der Monate im Voraus geplant ist.

Nachmittags wurde das Online-Konzept diskutiert. Bisher gibt es eine Microsite und ein Forum (Was aber kaum jemand nutzt). Das soll aber erst der Anfang sein, viel mehr ist geplant. Die Ansprüche für Partizipation sind auch hoch, ebenso das Ziel der Transparenz. Alle Sitzungen der Enquete und die Anhörungen sollen öffentlich sein und dabei wird es wohl auch einen Stream geben. Die Arbeitsgruppen sollen nicht-öffentlich tagen, damit eine konstruktivere Arbeitsatmosphäre möglich ist. Schon jetzt gibt es auch einen Twitter-Account, der demnächst auf offiziell genutzt wird. Es wurden Ideen präsentiert, welche Werkzeuge man noch integrieren könnte. Es gab allerdings auch einige Vorbehalte gegen zuviele Werkzeuge, vor allem von den Sachverständigen, die in der täglichen Arbeit mit sozialen Medien zu tun haben. Zuviel ist auch nicht gut und es ist besser, wenn man Diskussionen irgendwo bündelt. Auch kann man über ein Wiki nachdenken, aber da sollte man sich vorher nochmal genau Gedanken machen, was denn das Ziel eines Wikis für die Enquete-Kommission sein soll, wer da wie mitschreiben darf, wie das dort geschriebene in die Arbeit der Kommission aufgenommen wird und vor allem, wer das wie moderiert.

Gestartet wird mit einem Blog und die Kommentarfunktion wird erstmal auch liberal ohne Anmeldung sein (Eine kleine Revolution im Bundestag, die Bedenken waren groß). Ich habe vorgeschlagen, dass man sich am Europäischen Parlament orientieren könnte und im Blog zu einer öffentlichen Konsultation und Diskussion einladen könnte, welche Werkzeuge sinnvoll für mehr Transparenz und Beteiligung sein könnten. Soweit ich mich erinnere, gab es dafür auch eine positive Entscheidung.

Die letzte große Diskussion ging um die formale Frage, wer Stimmrecht in den Arbeitsgruppen haben soll. Und hier gab es kleine Kulturunterschiede in der Arbeitsweise zu beobachten: Jeder darf zwar an Arbeitsgruppentreffen teilnehmen, aber es wurde dann die (alternativlose) Vorgehensweise präsentiert, dass die Stimmberechtigten alle paritätisch nach Fraktionsschlüssel gefüllt werden. Dabei wurde ein 9er Schlüssel vorgeschlagen, d.h. die CDU sitzt mit 4 Menschen stimmberechtigt in der Arbeitsgruppe, die SPD hat 2 und der Rest eine Stimme. Ich gehörte zu denen, die das hinterfragten. Denn in der ersten Sitzung wurde noch erzählt, dass neue Wege gegangenen werden und man die Fraktionszugehörigkeit jetzt ablegen könnte (Viele Sachverständige sehen sich als eigenständige Personen und nicht als Fraktionsvertreter wie die MdBs). Und nun sollte das wieder eingeführt werden, wo doch schon die große Runde nach einem Schlüssel besetzt sei. Ich habe dann nicht dafür gestimmt, es gab aber eine große Mehrheit.

Und das war es dann auch. Die nächste Sitzung ist am 14.6. und für den 5.7. ist eine Anhörung geplant. Thema ist „Rückblick, Sachstand, Ausblick- Wie hat sich die Gesellschaft durch die Digitalisierung/ Internet verändert? Wie steht Deutschland im internationalen Vergleich da?“

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42 Ergänzungen

  1. das nennt man den-Maziere-machen, wir reden mit euch als ob wir euch ernst nehmen würden, entscheiden tun wir aber doch lieber das was uns gefällt

  2. Schade, Schade… was das Abstimmungsmodus angeht bin ich schon ein bisschen enttäuscht. Da wär wirklich einmal etwas Inovation möglich gewesen…

  3. Und wieder Fraktionszwang, na toll.
    Kann man nur auf ‚Zwang‘ durch eine breite Öffentlichkeit hoffen, das auch die jenigen die es betrifft erhört und gehört werden und das die Arbeit der Gruppen sich frei entfalten kann.

    Wann wird sich unsere Politikerkaste wohl von ihrem altbackenen Denken verabschieden?

  4. ..dass die Stimmberechtigten alle paritätisch nach Fraktionsschlüssel gefüllt werden….

    Bedeutet das, dass die Kommission die tollsten progressiven Ideen haben kann, aber die CDU das Abstimmungsergebnis praktisch von außen per Fraktionszwang vorschreiben wird?
    Und das wird dann als „Ergebnis der Kommission“ verkauft?
    Da muss man aber verdammt aufpassen, nicht instrumentalisiert zu werden.

  5. Das bedeutet dann, dass \Die Enquete-Kommission hat beschlossen\ gleichbedeutend ist mit \Die Regierungsfraktionen haben beschlossen\? Hoffentlich nicht (BKA + Musikindustrie + Jugendschutz + BITKOM = 4*CDU).

    Wer werden denn stimmberechtigte sein? Werden das nur die Abgeordneten? Oder können das andere Kommissionsmitglieder sein?

  6. Klingt wie ein Bericht von der Klausurtagung des Ortsvereins. Das ist gemütlich und erschreckend zugleich

  7. Das finde ich aber auch bedenklich. Dann hat die alte, durch Digitalisierung und Vernetzung teils infrage gestellte Industrielobby dank CDU/CSU in jedem Fall die Stimmenmehrheit? Wozu dann die Enquete?

    Ich nehme mal das Ergebnis vorweg: Internet de facto abschalten, damit veraltete Geschäftsmodelle aus der analogen Welt wieder funktionieren.

    Danke für den ausführlichen Bericht.

  8. Ohne jetzt die Ernsthaftigkeit des hier Berichtenden in Frage stellen zu wollen: Das Ganze klingt für mich nach dem üblichen „Wir spielen Demokratie“, und das wird sich dann möglicherweise deutlich in den Resultaten widerspiegeln. Wenn ich unrecht habe: um so besser.

  9. das gute ist aber immerhin: sollte die cdu-fraktion etwas beschließen, das nicht die meinung der kommission wiederspiegelt, hat allein schon markus mit netzpolitik.org genug ansehen, um das korrekt darzustellen

  10. Markus war am Schluss der Sitzung etwas verwirrt und hat – da ist er unter den Sachverständigen allerdings nicht allein – das Spiel der Politik immer noch nicht kapiert. Es geht darum Interessen durchzusetzen und dabei ist Öffentlichkeit hinderlich. Die Koalition hat daher mit Zustimmung der SPD (!)und zunächst wirrem Gestammel des Grünen-Abgeordneten (ihr hättet euch wirklich vorher in dieser entscheiden Frage abstimmen können!) Nichtöffentlichkeit durchgesetzt. Das war ein wichtiger Sieg für die von ihnen vertretenen Interessen der Unternehmenslobby beim Urheberrecht, der Netzneutralität und dem Datenschutz.

  11. Wenn man zuerst über das Stimmgewicht in den Untergruppen/AGs entschieden hätte, wäre es vielleicht anders ausgegangen.
    Da wußten die MdBs noch nicht, dass einige Leute auch in mehreren AGs mitarbeiten würden und damit der bisherige Proporz verzerrt werden würde.

  12. @Peter:
    Wenn keine Öffentlichkeit zugelassen wird, dann sollte Markus vielleicht Steno lernen, dann kann er nach den Sitzungen die Inhalte an die Öffentlichkeit tragen…. :-)

  13. “ Die nächste Sitzung ist am 14.6. und für den 5.7. ist eine Anhörung geplant. Thema ist „Rückblick, Sachstand, Ausblick- Wie hat sich die Gesellschaft durch die Digitalisierung/ Internet verändert? Wie steht Deutschland im internationalen Vergleich da?“

    Na, das ist doch mal was Markus. Endlich mal ein Themengebiet, wo sich Gedanken um die Entwicklung der Gesellschaft in der digitalen Welt gemacht wird.

    Das hätte schon in den 90ern stattfinden müssen, ohne eine Enquete Kommission. Wir sind – so denke ich – in Deutschland diesem Themengebiet zu lange aus dem Weg gegangen und müssen nun viel Öffentlichkeitsarbeit betreiben, um die Menschen mitzunehmen. Zuviele Falschmeldungen gibts ja in Sachen Internet und den verschiedenen Platformen, wo so unsachlich und mit viel Unkenntnis das Netz auseinandergenommen wird.

    Eine gute Idee finde ich, das es eine Online Platform geben soll. Ein Blog mit Kommentarfunktion. Na, weiter so. Hat mein Daumendrücken also doch was gebracht. Hoffe nur, das sich dies nicht so schnell umwandelt in eine Art “ machen wir lieber nicht “ Menthalität.

    Go Ahead…

  14. in 48 Stunden will ich lesen:

    Markus Beckedahl verläßt Enquete-Kommission: „Es ist eine Farce, Altparteien wollen nur ihr Programm durchdrücken“

  15. @ Blogfürst 16. Yes, indeed. Natürlich ist dadurch noch nicht alles an alternativer Öffentichkeitsarbeit verunmöglicht. Künftig
    uß aber insbesondere aufgepasst werden, daß nicht etwa ein Twitterverbot durchgesetzt wird. Die Koalition hat dazu auf der Kommissionssitzung schon einem Versuchsballon gestartet. Die unabhängigen Sachverständigen wie Markus und Constanze u.a. haben hier eine wichtige Wächterfunktion stellvertretend für die Öffentlichkeit im Netz. Aber sie müßen diese Rolle auch annehmen.

  16. @ Medienfloh Grundfalsch. Jetzt erst recht. Aufgabe ist Kapitulation. Und bei Kapitulation wird, das hat diese so an sich, verloren, nicht gewonnen. Mehr Selbstwußtsein und Kampf lautet die Alternative.

  17. Vielleicht sollte ich das mit dem Frakionsschlüssel nochmal konkretisieren: Es gibt Arbeitsgruppen, wieviele das in den 2-2,5 Jahren werden, ist bisher noch unklar. Die Arbeitsgruppen sollen Themen tiefer diskutieren und dann auch Beschlußvorlagen für die große (öffentiche) Runde machen. Soweit so gut.

    Unklar ist, ob man auch noch in der großen Runde eigene Beschlußvorlagen vorlegen kann. Unklar ist auch, wie das so abläuft, wenn man als Sachverständiger einer kleinen Fraktion mit einem MdB dieser Fraktion in einer Arbeitsgruppe sitzt und der Sachverständige eine andere Meinung hat, als der MdB im Namen seiner / ihrer Fraktion wählen würde. Geht die Stimme dann an den MdB und der Sachverständige darf daneben sitzen und zuschauen?

    @5: Ich hab eine Mailingliste vorgeschlagen und auchmeinen eigenen Server angeboten inklusive Einrichtung, falls Mailinglisten für die Bundestags-IT ein Problem darstellen. Entscheidung gab es noch nicht.

    @12: danke, ich war in Zeitnot und wollte nicht noch die Webseite suchen.

    @13: Es gibt auch Minderheitenvoten und -meinungen bei den Berichten einer Enquete. Die bekommen oft auch mehr Aufmerksamkeit. Wenn wir irgendwann das Gefühl haben, dass das nichts bringt, konzentrieren wir uns gerne auf Minderheitenvotumen zum Schluß.

    @16: Bevor ich Steno lerne, mach ich lieber einen Piratensender. ;)

    @18: Warum? Was bringt das?

    @19: Twitter wurde angesprochen, ich kann mir nicht vorstellen, dass ein richtiges Verbot kommen wird und dafür eine Mehrheit vorhanden sein wird. Spannender wird sein, was man danach wem berichtet oder auch nicht. Ich halte mich ja lieber hier auch erstmal diplomatisch zurück und nenne auch keine Namen und zitiere niemanden aus nicht-öffentlichen Sitzungen.

  18. Kein Wunder, daß niemand mehr Bock auf Politik hat. Euer Geschreibsel kommt nicht mehr an.

    Nicht mehr an bei denen, die Ihr ausschließt.
    Der Basis, den Outsidern, welche einfach nicht mehr mitkommen mit dem Gescheiße.

    Ihr holt die Leute nicht mehr ab, wo sie stehen.

    Armselig.

    Die Texte lesen sich auch nur noch als für Juristen gemacht. Kotz!

    Digitalis

  19. Markus, vielleicht solltest du schonmal ankündigen, dass der Gorny in jedem Fall zitiert wird. Dann macht der vielleicht gar nicht erst den Mund auf. Da kommt nämlich entweder nur Mist raus, oder ein total unverständlicher Kauderwelsch.

  20. Ich finde das Forum der Enquete-Kommission richtig gut. Doch was bringt mir dieses Forum, wenn sich die Kommission nur lesend daran beteiligt (wenn überhaupt?). Die Kommunikation über ein Forum sollte bidirektional laufen, sonst kann ich auch auf woanders schreiben…

    Doch dann sind wir wieder bei dem Problem das Markus bereits mehrfach angesprochen hat: Wer soll sich darum kümmern? Wer moderiert (sichtbar) dieses Forum. Wer tritt mit den Benutzern des Forums in den Dialog. Wer trägt die Argumente, Ideen, Kritiken, Vorschläge etc. aus dem Forum in die Kommission und andersrum?

    So lange diese Frage nicht geklärt ist, scheint es mir (und anscheinend vielen anderen auch, wie man an der Anzahl der registrierten User erkennen kann) unsinnig, sich in dem Forum zu beteiligen.

    Eine Einbeziehung der Öffentlichkeit mittels des Forums kann meiner Meinung nach nur erreicht werden, wenn die Kommission beginnt, selbst über das Forum öffentlich miteinander zu kommunizieren. Das bleibt allerdings wohl nur ein feuchter Traum meinerseits. Der Aufwand für die Teilnehmer wäre zu groß, wenn man das Forum als Selbstdarstellungsbühne versteht.

    Der Sachverständige als Mittelsmann der Öffentlichkeit zu speziellen Themen funktioniert bisher zumindest auch ganz gut ;) (Nur eben mit weit weniger Gedankenaustausch als möglich wäre)

  21. Danke für den Bericht!
    Finde es sehr spannend, ein bisschen „Hintergrund“ zu lesen und hoffe, dass es dir auch zukünftig möglich sein wird, zu berichten (sowohl zeitlich als auch „inhaltlich/rechtlich“).

  22. Wie Volker Pispers schon sagt:
    „Fraktionszwang – einer steht vorne und sagt den anderen, wann sie den Arm heben müssen. Das ist Deutschland, da haben wir gute Erfahrungen mit.“

    Damit hat sich das mit der Enquetekommission doch schon wieder erledigt. Es wird in der Gruppe diskutiert und am Ende macht die CDU, was die Rentner im Altersheim und die Idioten im Bierzelt hören wollen.

  23. Ach Leute,

    das Lamentieren kennt schon wieder keine Grenzen. Es war doch klar, dass eine vom Bundestag eingerichtete Enquete-Kommission auch ein kleines bisschen den Regeln der etablierten Politik folgen muss … schon allein, damit ihre Ergebnisse am Ende auch für die Politik nutzbar sind.
    Bei der (notwendigerweise) begrenzten Zahl von Leuten in der Kommission finde ich diesen Abstimmungsschlüssel sogar vorteilhaft – sonst könnten sich einzele Mitglieder gezielt auf eine Arbeitsgruppe stürzen und z.B. die Position von Grünen und Linkspartei durchdrücken … Ergebnis wäre, dass eine Minderheitenposition beschlossen wäre und z.B. Schwarz-gelb sowas natürlich sofort infrage stellen würde. (Das Szenario ist auch gar nicht so unwahrscheinlich, hab das auf kommunaler Ebene schon mehrfach erlebt)

    Undemokratisch ist das Verfahren übrigens auch nicht, da ja genau so im September gewählt wurde … und (@4, @10) der Schlüssel bietet übrigens für keine der Fraktionen eine Mehrheit. CDU/CSU bekommen ja nur 4 der 9 Sitze, SPD zwei und FDP, Grüne, Linkspartei je einen. CDU/CSU können also nichts alleine durchsetzen oder blockieren – meine Hoffnung wäre, dass die FDP-Leute da auch eigenständig arbeiten.

    Außerdem stimme ich Markus (@21) zu, dass Minderheitenvoten ein wichtiges Instrument sind. Ich würde sogar behaupten, dass die in der Presse stärker berücksichtigt würden als das große Enquete-Papier.

  24. @Benni 29: Natürlich haben die Regierungsfraktionen die Mehrheit. Das ist auch normal. Und in der Tat ist die FDP in diesem Fall der einzige Hoffnungsschimmer. Wir werden sehen inwieweit die FDP ihrer bisherigen, positiven Linie (siehe Justizministerin) in Sachen Netzpolitik treu bleiben wird oder ob im Zweifelsfall (wie eigentlich immer bisher) der Koalitionsfriede wichtiger ist und die Netzpolitik eine bequeme Verhandlungsmasse, die sowieso immer wegverhandelt wird.

    Und Minderheitenvoten… sind leider ziemlich irrelevant. Nach gescheiterten Gesetzesvorhaben kräht kein Hahn. Und ob man jedesmal so viel Druck aufbauen kann wie beim Zugangserschwerungsgesetz (das übrigens verabschiedet wurde und keines Wegs vom Tisch ist), ist fraglich. Außerdem besteht auch die Gefahr der parteilichen Einfärbung und somit der Verlust einer Außenwirkung als neutrale Sachverständige. Und was da alles auf den Tisch gebracht werden wird wird, kann man sich an 5 Fingern abzählen:

    – contra Netzneutralität (oder in neusprech: pro Quality of Service)
    – pro Kindernet (oder: Schutz unschuldiger Kinder vor entwicklungsgefährdenden Inhalten)
    – pro Totalüberwachung (siehe neueste Bedrohungskulisse und PsyOp gestern – http://is.gd/cfQgt) (oder: Aufrechterhaltung der rechtsstaatlichen Ordnung und Schutz der Bevölkerung vor kriminellen Internetverbrechern)
    – pro Abmahnwahn (oder: Beibehaltung bewährter Mittel zur Verkürzung der Verfahrensdauer und Entlastung der Judikative)
    – pro Filesharer-Kriminalisierung (oder: Gewährleistung des kulturellen Niveaus der Bundesrepublik durch Sicherstellung des nachhaltigen Schutzes und der angemessenen Entlohnung geistigen Eigentums)

    Da bin ich gespannt, wie man da jeden einzelnen Nonsense-Punkt, die allesamt die Zukunftsfähigkeit, Freiheit und auch das wirtschaftliche Entwicklungspotential unserer Gesellschaft hemmen, entschärfen oder verhindern will, ohne als parteiliche Schlechtredner und Besserwisser hingestellt zu werden.

    Das wird eine große Herausforderung und ein Ritt auf der Rasierklinge. Viel Erfolg an Markus dafür auf jeden Fall!

  25. Das Forum wird vielleicht viel intensiver genutzt, als Markus annimmt. Ich habe mich grade mal angemeldet und auf ein Thema geantwortet:

    „Vielen Dank für Ihren Beitrag. Ein Moderator wird ihren Beitrag prüfen und dann freischalten.“

    Kein Wunder, dass das Forum leer ist.

    Grüße,
    Chris

    1. Update: Nach ca. einer Stunde wurde der Beitrag freigeschaltet. Also doch kein Moderationsproblem. Wenn jedoch tatsächlich ein paar Dutzend Beiträge pro Stunde auf die Herrschaften einregnen, dann sieht das vermutlich wieder anders aus.

  26. @benni (#29)

    Ich habe nicht gesagt, dass das Verfahren undemokratisch sei. Ich habe angedeutet, dass die Union null Komma nichts von Digitalisierung und Vernetzung begreift, deren \Experten\ und die gesamte SPD ebenso wenig – ein milder Hoffnungsschimmer könnte Lars Klingbeil sein.

    Die größte Kompetenz und eine leise Ahnung dessen, was dieses Internet so alles für Implikationen mit sich bringt, traue ich den Grünen zu. (Wo ist eigentlich Jerzy Montag abgeblieben? Der war doch noch bei der ersten Sitzung anwesend.) Nach allem, was ich von Konstantin von Notz bisher gehört habe, ist der Mann nicht auf den Kopf gefallen. Markus ist über jeden Zweifel erhaben, logisch.

    Halina Wawzyniak von den Linken macht auch den Eindruck, dass sie weiß, worum es geht. Sie war mir schon auf dem letzten Politcamp positiv aufgefallen.

    Sogar der FDP traue ich in dieser Runde einiges zu. Padeluun ist sowieso der personifizierte Netzaktivismus. Der Mann hat den Durchblick, der ist mit Einsen und Nullen im Blut aufgewachsen. Padeluun ist sozusagen von Haus aus vertrauenswürdig.

    Aber dann wird es schlagartig dunkel. Kurz gesagt: Nicht die Regierungskoalition ist das größte Problem, sondern ein Bündnis aus Netzanalphabeten der gesamten Union und der SPD. Vor allem Martin Dörmann – Moment bitte. Kurz den Mund ausspülen – ist die personifizierte Inkompetenz. Er vereinigt in sich all das, was die SPD nach Schröder ausmacht: getrieben von Industrieinteressen, befreit von jeglicher Sachkenntnis, unfähig, eigene Konzepte zu entwickeln, aber wahrlich meisterhaft in der Disziplin Umfallen im Liegen. Ich weiß nicht, wer von den peinlicher ist: Der Vorsitzende Axel E. Fischer hat jedenfalls auch gute Chancen auf den Titel größte Niete der Enquete [klick].

    Wer den Artikel noch nicht kennt – Spiegel-Online: Im Namen des Internets – Man beachte vor allem die Antworten der sich immer noch so nennenden Sozialdemokraten. Ein Trauerspiel.

    @_Flin_ (#30)

    Hehehe .. gute Aufzählung.

  27. Liebe Leute. Ich schreibe mal ein paar Zeilen, nachdem ich einige der Kommentare hier überflogen habe:

    Macht mal die Mitglieder der Enquete-Kommission nicht so ‚runter. Wir haben auch von der CDU-Seite bereits hervorragende Beiträge gehört; der Vorsitzende Fischer hat am Montag eine Gesprächsführung gemacht, die ihm Respekt von *allen* Seiten eingebracht hat und er hat eine Eigenschaft gezeigt, die ich sehr schätze: Er möchte ein Thema verstehen und scheut sich nicht, alle Fragen die notwendig sind zu stellen und sich die Antworten auch anzuhören (das ist eine Eigenschaft, die ich bei vielen kritischen Geistern oft vermisse).

    Also: Gebt uns allen eine Chance.

    Ob die Anzahl von Stimmen hinterher so wichtig sind, ist erst einmal nebensächlich (auch wenn wir *jetzt* über die Verfahren streiten müssen).

    Ich glaube, dass erst einmal alle in der #eidg ihr Wissen und ihre Fragestellungen einbringen wollen. In diesem Pool werden wir gemeinsam herumwühlen und versuchen, was für die Politik (= Entscheidungsanleitungen) herauszufischen. Natürlich ist die Gefahr groß, dass komische Dinge passieren. Aber die Revolution können wir immer noch machen — und bis dahin die Mittel und (Kommunikations-)Wege nutzen, die zur Verfügung gestellt werden ;-)

    Und dies bitte möglichst ohne Häme und Beleidigungen. Es würde die Arbeit ungemein erleichtern. Es ist weder für die CDU’ler noch Herrn Dörmann oder einige der Sachverständigen angenehm, einfach so getrollt oder (schlimmer noch) geprollt zu werden. Freundlichkeit – oder wenigstens Höflichkeit – sind Tugenden, die in allen Nettiketten der Welt zu finden sind.

    So, jetzt muß ich einige Einsen und Nullen aus dem Blut schwitzen (bin krank ;-(

    Freundliche Grüße
    //padeluun

    1. @padeluun: Bei der angekündigten REVOLUTION bin ich natürlich dabei. Ruf mich bitte vorher kurz an … ;-)

      … und lasst Euch bis dahin nicht bis zur Unkenntlichkeit intrumentalisieren.

      1. @Verschlüsselterfanatiker: Warum sollten wir uns „bis zur Unkenntlichkeit intrumentalisieren“ lassen und was stellst Du Dir darunter vor?

  28. @ padeluun: Muss ich mal zustimmen. Schön geschrieben.

    Ich denke auch, dass sich ersteinmal die Gruppe zusammenraufen muss und sich alles einspielt.

    Zugegeben, ich selber bin aber auch mit viel Ungewissheit über die weitere Entwicklung und den seit längerer Zeit negativen Bemerkungen auf anderen Webseiten etwas beeinflusst. Gerade die sehr treffenden Aussagen vieler User im Hinblick auf die Zukunft und der Censorship Hystery sind an mir nicht spurlos vorübergegangen.

    Ich versuche mich aber trotzdem mit einem klaren Verstand und der Hoffnung auf ein Weiterbestehen der gesetzten Ziele aufrechtzuerhalten. Oder mit anderen Worten:

    Die „Revolution“ im Netz ist ein langwieriger und steiniger Weg, viele Kritiker machen das Netz durch wilde Aussagen kaputt und wenn dass noch die Enquete runtergeredet wird, dann ist das Wasser auf den Mühlen aller Kritiker.

    Warten wir es doch mal ab. Mit der Aussage “

    “ Freundlichkeit – oder wenigstens Höflichkeit – sind Tugenden, die in allen Nettiketten der Welt zu finden sind. “ schliese ich meinen Kommentar hier ab.

    Gruss G. P.

  29. @padeluun (#34)

    Vermutlich fehlt mir die Eigenschaft, ein wohlwollendes Pokerface aufzusetzen, obwohl die Politik jahrelang das Gegenteil dessen gemacht hat, was richtig gewesen wäre – nur den Bereich Netzpolitik betrachtet: ACTA, JMStV-E, Three-Strikes, Censilia, Zensursula, UrhG-Verschärfungen, Abmahnindustrie [rechtsfreier Raum für weitere Eintragungen].

    Na, wenn der Vorsitzende etwas dazulernen kann, dann war die ganze Enquete schon mal nicht umsonst. Irgendwas muss man ja positiv sehen.

    Und wen kümmert das bisschen gerante? Denkst du, dass irgendeiner der Spezialexperten sich hierher verirrt? (Von Leuchten wie dir, Markus und Conz mal abgesehen.)

    Aber beim ersten positiven Gesetz, das im Bundestag beschlossen wird und auf die Arbeit der Enquete zurückzuführen ist, werde ich engelsgleich Loblieder in den höchsten Tönen anstimmen. Versprochen.

  30. Jetzt muss ich Markus, padeluun und allen anderen Mitgliedern der Enquete, auch denen, die ich persönlich nicht mag oder für unkompeteten halt, beispringen. Bei manchen Kommentaren frage ich mich echt, in was für einer Welt diejenigen leben.

    Dass die AGs nach Fraktionsproporz besetzt sind ist doch völlig normal. Und dass CDU und FDP bzw. CDU und SPD dort eine Mehrheit haben – so sieht nun mal die Sitzverteilung im Bundestag aus. Da kann man sich drüber ärgern, aber so wurde halt gewählt.

    Wer darin den Untergang der Kommission sieht oder meint, Minderheitenvoten hätte ja eh keine Bedeutung, hat nicht verstanden, was der Sinn einer Enquete-Kommission ist. Dort werden keine Gesetzte gemacht, die macht der Bundestag und da haben CDU und FDP eine Mehrheit, egal wie die Verhältnisse in der Kommission sind.

    Und was die Nicht-Öffentlichkeit angeht: In einer zielgerichteten Diskussion muss man auch mal die Möglichkeit haben, einen unausgegorenen Vorschlag als Diskussionsansatz in die Runde zu schmeißen um dann einzusehen, dass man den nicht zu Ende gedacht hat und es doch kompletter Bockmist ist. Man braucht keine große Vorstellungskraft um zu erahnen, wie die Medien und die Öffentlichkeit mit einem Politiker umgehen würde, der so etwas öffentlich tut. Und das ist Ausnahmsweise mal nicht die Schuld der Politik sondern der Medien und unserer Gesellschaft.

  31. Kennt einer das Budget der Kommission? Das sind mehrere Sekretariats und Referendariatsstellen, dazu Reisekosten, Miete Server und so weiter. Hat der Bundestag ein Budget beschlossen?

    Gruss
    Bernd

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.