Kurz nach 9: Apple, Google, Hacker & Killerspiele

Für die Einleitung zu unserer kleinen Medienschau möchte ich heute auf die weisen Worte eines Häkelschweins zurückgreifen:*

Wir haben Glück, dass Saudi-Arabien uns nicht vorschreibt, nur Tugendhaftes aus ihrem Erdöl produzieren zu dürfen.

Richtig, es geht um Apple. Genau wie heute Abend im ZDF Auslandsjournal, wo ab 22:45 Uhr der Beitrag „Steve Jobs – der digitale Diktator?“ zu sehen ist. Produziert wurde das gut 6-minütige Stück vom elektrischen Reporter Mario Sixtus, einem guten Bekannten und, das sei zur Erhaltung der Transparenz erwähnt, Freund des Hauses.

# Heute Abend im ZDF: Steve Jobs – der digitale Diktator? (ZDF)

Der Preis für die absurdeste Schlagzeile des Tages stammt ebenfalls aus dem Apple-Universum: „Arbeiter in China sollen Selbstmord-Verzicht unterschreiben“.

Inhaltlich geht es um eine Selbstmordserie beim chinesischen Unternehmen Foxconn, das in der Sonderwirtschaftszone Shenzhen u.a. Hardware für Apple, Hewlett Packard und Dell produziert. Und  ja, die Arbeitsbedingungen bei Foxconn sind nach westlichen Maßstäben indiskutabel, sonst wäre unsere schöne Hardware wohl deutlich teurer.

# Arbeiter in China sollen Selbstmord-Verzicht unterschreiben (AFP/Yahoo)

Auf Politik-Digital.de geht Hauke Gierow noch einmal auf die Erklärung der fragwürdigen Initiative Smile29.eu ein, die bislang bereits 324 Abgeordneten des Europaparlaments unterzeichnet haben sollen. In der Erklärung geht es u.a. um die Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung auf Suchmaschinen und die Etablierung eines europäisches „Frühwarnsystem“ gegen Kinderpornographie und sexuelle Belästigung.  Was ich nicht wusste:

Wird eine solche Erklärung von einer Mehrheit der Abgeordneten unterschrieben (also von mehr als 368 MdEPs), leitet der Präsident des Parlaments sie als offiziellen Standpunkt an die Kommission und den Rat weiter. Rat oder Kommission können auf den Vorschlag reagieren, müssen es aber nicht. […] Die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung wird zurzeit von der EU-Kommission überarbeitet, das Ergebnis soll am 15. September vorgestellt werden.

# Initiative: Vorratsdatenspeicherung auch für Google-Suche (Hauke Gierow, Poldi)

Die Nachricht, dass Google die Aufnahmen für das „Street-View-Projekt“ bis auf Weiteres einstellt, ist, glaube ich, gar nicht einmal neu. Neu ist meines Wissens aber, dass Google die Aufnahmen weltweit einstellt und, O-Ton Google-Sprecher Kay Oberbeck, man „das Vertrauen der Nutzer zurückgewinnen wolle“. Das dürfte nicht leicht werden. Gerade die Fraktion der eher fundamentalistisch orientierten Datenschützer sieht sich durch Ereignisse der letzten Wochen in ihrer Meinung von der „Datenkrake Google“ bestätigt.

# Google filmt weltweit keine Straßen mehr (Anne Guhlich, Stuttgarter Nachrichten)

Für eher praktisch orientierten Anwender, die nicht ohne Google-Suche leben können oder wollen, gibt es derweil eine Browsererweiterung , die die Weitergabe von Daten an Google-Analytics unterbindet:

Das Deaktivierungs-Add-on für Browser von Google Analytics gibt dem Website-Besucher mehr Kontrolle darüber, welche Daten zu aufgerufenen Websites von Google Analytics erfasst werden. Das Add-on teilt dem JavaScript (ga.js) von Google Analytics mit, dass keine Informationen über den Website-Besuch an Google Analytics übermittelt werden sollen.

Ein klein wenig mehr Datenschutz realisieren können auch Webmaster, die Google-Analytics einsetzen. Im „Conversion Room Blog“ beschreibt Analytics-Product-Manager Jesse Savage eine API-Funktion, mit der sich die IP-Adressen von Besuchern (bzw. Kunden) verschleiern lassen. Datenschutztechnisch ist die praktizierte Verschleierung des letztens Oktetts einer IP-Adresse  zwar allenfalls ein Tropfen auf den heissen Stein, aber immerhin ist es besser als nix.

# Deaktivierungs-Add-on für Browser von Google Analytics (BETA) (Google)
# Nachtrag: Google Analytics datenschutzkonform verwenden (Dr. Sebastian Kraska)
# Google Analytics: IP-Adressen verschleiern (Jesse Savage, Google)

Oktett, Brasilien, Kartoffelsalat? Ok, ein Beispiel. Ich habe im Moment die IP-Adresse 131.234.131.80. Webmaster, die den von Jesse Savage verlinkten Code einsetzen, bleibt die 80 am Ende verborgen. Sie sehen lediglich Zugriffe einer IP 131.234.131.xxx. Um herauszufinden, dass die verschleierte IP zur Universität Paderborn gehört, braucht es freilich keine Zauberkräfte. Auch, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Institut für Medienwissenschaft zuzuordnen ist, sollte sich mit etwas Aufwand herausfinden lassen.

Und wo wir gerade beim Thema sind, kann ich die Papier- und Studiensammler auch gleich noch auf den Vortrag „Die ‚Killerspieldebatte’ – Jugendmedienschutz und deren mögliche wirtschaftliche Konsequenzen. Welche Auswirkungen hat eine veränderte Medienregulation auf die Produktion digitaler Spiele in Deutschland“ hinweisen (PDF, 42 Seiten). Der Autor, Prof. Dr. Müller-Lietzkow. hat sein Büro ein paar Meter weiter und gehört – wie ich – eher zu den Nachtarbeitern ,)

# Die ‚Killerspieldebatte’ – Jugendmedienschutz und deren mögliche wirtschaftliche Konsequenzen (PDF) (Müller-Lietzkow, Uni Paderborn)

Immer noch nicht genug? Ok, zwei habe ich noch. Bernd Dörries hat in Freiburg ein Mitglied der Daten-Antifa „Autonomen Antifa Freiburg“ getroffen. Warum deren Aktivitäten mitunter nicht nur juristisch problematisch sind, kann man in der Süddeutschen nachlesen.

# Linke gegen Rechte: Nazi-Pranger im Internet (Bernd Dörries, SZ)

RA Dr. Ole Damm erklärt, unter welchen Bedingungen Betreiber einer Abmahnwarner-Webseite nicht gegen das Datenschutzrecht verstoßen. Wenig überraschend werden Betreiber von Abmahnwarner-Webseiten da nämlich ganz gerne mal abgemahnt …

# Betrieb einer Abmahnwarner-Website verstößt nicht gegen das Datenschutzrecht (RA Dr. Ole Damm)

*Man beachte, dass das Häkelschwein von einem iPhone twittert.

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11 Ergänzungen

  1. Erstens ist Sixtus‘ Beitrag suppi, zweitens bin ich auch Freund des Hauses (räume aber ein: ob das Haus auch Freund meiner Person ist, ist noch nicht raus) und drittens nervt Google nur noch (die Diskussion darum, nicht das Objekt selber).

    OT:
    # Gibt es demnächst wieder die netzpolitische Wochenschau?
    # Warum gibt es in letzter Zeit vergleichsweise wenig Einträge?

  2. @Tharben: Wissen’s ja, wie’s ist: Wenn ich nicht erwähne, dass ich dem Herrn Sixtus auch mal ein Kabel reichen durfte, geht gleich wieder das Gemaule von wg. Kungelei los.

    Da sag ich’s lieber gleich (Natürlich vor allem, um große Namen zu droppen und mich ein klein wenig in ihrem Ruhm zu sonnen ,). Auch wenn ich ursprünglich MacLife.de verlinken wollte und gar nicht wusste, dass der Bericht von Mario ist. Aber das glaubt mir ja eh keiner.

    Warum gibt es in letzter Zeit vergleichsweise wenig Einträge?

    Ich glaube, die anderen heiraten gerade alle. Und die, die nicht heiraten, bekommen Kinder oder feiern mit denen, die gerade heiraten. Und umgekehrt.

    Nur ich, ich sitze einsam und allein vor meinem Rechner und schreibe das Internet voll. Andererseits will ich gerade auch gar nicht heiraten.

  3. @Jo Oh, das ist so süß. Gehört der Chef zu den mit Heiratenden Feiernden, zu den Heiratenden, vielleicht sogar zu den Kinderkriegern? Oder gar zu mehreren Gruppen? Süß! Wie sagte Götz Werner auf der rp10 so schön? Viele kleine Blogger machen. :) Weiter so!

  4. @Jo Hätte mir schon gefallen, ein paar kommentierende (auch gern boshafte) Worte zum SZ-Artikel zu lesen.

    Sieh’s doch mal so: Informationsfreiheit bedeutet, dass ich frage. Datenschutz bedeutet, dass du keine Antwort darauf gibst. ;)

    Ich finde es aber schön wenn Netzprominenz wie bspw. Tim Pritlove seine Anhängerschaft an großen Ereignissen teilhaben lässt: http://tim.geekheim.de/2009/09/04/kira/

    Natürlich, das muss jeder Papi und jede Mutti für die Familie individuell entscheiden. Aber knuffig finde ich es trotzdem. ;) Wie heisßt denn der kleine Blogger / die kleine Bloggerin?

  5. Wow, der Link mit der Foxconn-Geschichte ist heftig. Zitat:
    „Das Unternehmen fühle sich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Bedingungen für die Arbeiter in der Produktion „sicher“ seien und dass die Beschäftigten mit Respekt behandelt würden, erklärte eine Sprecherin gegenüber AFP.“

    Und natürlich erzeugt man das Gefühl von Sicherheit und Respekt nicht etwa dadurch, dass man sich respektvoll verhält, angemessene Löhne zahlt und menschenwürdige Arbeitsverhältnisse einrichtet, sondern einfach dadurch dass man die Mitarbeiter einen Wisch unterschreiben lässt das sie sich nicht umbringen!

    Ich frage mich nur eins: Was ist das Druckmittel wenn sich da jemand nicht dran hält? Schicken die dann Anwälte zum Begräbnis, die den Selbstmörder im Jenseits verklagen?

    Ekelhaft. Widerlich. Unmenschlich.

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