Ansehen und Ehre der SPD auf ihrem medienpolitischen Kongresm

Die SPD veranstaltet heute im Willy-Brandt-Haus einen medienpolitischen Kongress. Wer ins WLAN will, muss gewisse Nutzungsbedingungen vorher unterschreiben.

Um Ansehen und Ehre der SPD nicht allzusehr zu verletzen, lasse ich den brisanten Part mal unkommentiert:

Der Nutzer verpflichtet sich insbesondere, (…)
keine Inhalte zu übermittel (sic) oder darauf hinzuweisen, die ehrverletzende Äußerungen oder sonstige rechts- oder sittenwidrige Inhalte enthalten oder das Ansehen der SPD schädigen können.

Sebaso fertigte ein Photo des relevanten Ausschnitts an. Keine Sorge – ich bin per UMTS online.

Update: Beim weiteren Durchblättern der Nutzungsbedingungen habe ich nichteinmal eine salvatorische Klausel gefunden. Ausgearbeitet wurde das Dokument mit Stand vom 21. August 2009 von der „Verwaltungsgesellschaft Bürohaus Berlin“.

2. Update: Später fiel mir noch der Profi-Tip ein: Eine sponsorendes Unternehmen verlieh zur Veranstaltung iPads, assoziiert über einen eigenen Accesspoint, der wohl bei der SPD mit Netz hing. – Dort musste man scheinbar nichts unterschreiben, wurde aber wohl dazu aufgefordert seinen Personalausweis als Pfand abzugeben – doof nur, dass das seit 1.11. verboten ist. #einmalvonprofisregiertwerden

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32 Ergänzungen

  1. Die SPD hat in zweierlei Hinsicht damit ihr Ansehen selbst beschädigt. Zuerst ist ein eklatanter Rechtschreibfehler (zu übermittel) ziemlich augenscheinlich. Der weiterführende Text ist für mich (zumindest) nicht wirklich verständlich. Zuletzt finde ich es übertrieben und extrem merkwürdig, extra darauf zu verweisen, dass man das Ansehen der SPD nicht schädigen soll. OK, das braucht ja jetzt auch keiner mehr zu tun…

  2. Das wird aber schweirig. Es gibt augenblicklich wenige öffentliche Auftritte von SPD-Oberen, bei denen das Ansehen der Partei nicht automatisch beschädigt wird, wenn sie den Mund aufmachen…

  3. Also im großen und ganzen dürften das Standardbedingungen sein, die jeder, der ein öffentliches WLAN nutzt oder in ein Internet-Cafe geht, akzeptieren muss.

  4. Ja, das ist eine völlig normale Klausel mit einem (ha, ha, ha!) Rechtschreibfehler.
    Nur weil es bei den piraten üblich ist, sich während Reden auf dem Parteitag auf Twitter über den Redner auszulassen muss das ja nicht sonst überall auch so sein.

  5. Bei dem Thema MUSS man bei der Berichterstattung das Ansehen der SPD beschädigen. Was die mit dem JMStV gerade an Schwachsinn verbreiten ist nur noch als politischer Selbstmord zu bezeichnen.

    Wollte die SPD nicht gerade im Medienbereich Kompetenz beweisen? Warum macht man das Gegenteil?

    Diese Nutzungsbedingungen für das WLAN zeigen, dass man bei der Suche nach Kompetenz noch einen ewig weiten Weg vor sich hat.

  6. Das kann man mangels Masse getrost unterschreiben: Nachdem die SPD- Netz“Experten“ sich mit Hilfe ihres JMStV- Abstimmungverhaltens jeglicher Reputation entledigten, kann auch nichts mehr beschädigt werden… ;)

  7. Übrigens dürfte durch diese Klausel das WLAN für SPD-Mitglieder tabu sein. Ansehensschädigende Äußerungen sind ja Tagesgeschäft.

    @justin und @heiko
    Das sind keine Standardbedingungen!

    Erstens darf niemand die durchgeleiteten Daten sichten oder kontrollieren (Straftat) und damit ist eine Prüfung dieser Bedingung nicht möglich.

    Zweitens findet man bei Internetcafes höchstens eine Klausel keine strafrechtlich relevanten Inhalte zu übermitteln oder illegale Downloads durchzuführen. Das ist aber überflüssig, da dies ja bereits durch Gesetze verboten ist.

    Die SPD will halt alles überwachen und das sind die Folgen der Vorratsdatenspeicherung, die die SPD ja zu Regierungszeiten beschlossen hatte. Diese Partei hat Angst vor dem Bürger, der freien Meinung und überhaupt vor allem was man nicht unter Kontrolle halten kann – also besonders vor eigenen Parteimitgliedern!

  8. Also man sollte der SPD aber jetzt mal auch anerkennen, dass sie die Zensur schon im Vornherein deutlich macht.

    Man darf Berichten, aber nicht negatives.
    Wenn alles nur so wäre, wie schön wäre unsere Welt dann wohl.

    Fazit: SPD 110% Planerfüllung

  9. @heiko @delo; In welchen Internetcafes ist es „Standardbedingung“, dass man nichts äußern darf, was der SPD schaden kann?

  10. Ich stell mir das gerade vor, das würde in den AGBs meines Internetproviders stehen :D Dann wäre der Aufschrei gross.

    Gut dass es noch UMTS gibt und darüber berichtet werden darf.

  11. Keine Sorge – ich bin per UMTS online.

    Ich war in den vergangenen Tage schlecht drauf, wegen der Sache mit Julian. Danke für diesen Lachflash. :)

  12. Der Artikel scheint mir ein wenig ungenau geschrieben. Beim durchlesen erhält man den Eindruck, dass von allg. Nutzungsbedingungen für WLAN die Rede ist, dabei geht es nur um den AP im Willy-Brandt Haus. Eine Partei hat wohl das gute Recht sich zu verbitten, dass beim Nutzen des eigenen APs sie selbst geschädigt wird. Sie bräuchte theoretisch auch keinen Internetzugang für andere als die eigenen Mitarbeiter freigeben.

  13. @x23b5 Äh, es tut mir leid, dass ich voraussetzte, dass man grob weiss, wie WLAN funktioniert – vergleiche es mit Walkietalkies: Da gibt es keine allgemeinen Bestimmungen für – außer ein Gesetz, dass die Frequenzen frei gibt, technischen Standards, übliche Gesetze (etwa zu Beleidigungen, Verleumnung) und ungeschriebene Gesetze wie, etwa die zur „Funkdisziplin“.

    Natürlich kann die SPD mit ihrem Hausrecht und in den „Allgemeinen Nutzungsbedingungen WLAN im Willy-Brandt-Haus Berlin“ verbitten was sie will.

    Aber wirkt es auf Dich nicht befremdlich wie die SPD letztlich auch mit meiner Pressefreiheit auf der Veranstaltung umspringen will?

    1. Du kannst doch über jede Veranstaltung von wem auch immer sagen und schreiben was immer du willst. Allerdings möchte die SPD mit Recht nicht, dass du dafür den WLAN-AP nutzt, der der SPD kosten verursacht.
      Daraus muss nicht gleich ein Skandal gemacht werden.

      1. @x23b5: da gehen die Meinungen auseinander. Sicher, die SPD mag so denken. Anderen, den Piraten zum Beispiel, wäre das ziemlich egal, was über ihre Infrastruktur, die ihnen Kosten verursacht, für Kommentare geschrieben werden. Sie streamen ja sogar sämtliche sitzungen, selbst wenn das bedeutet, dass dadurch auch Pannen, ausufernde Diskussionen und peinliche Zwischenredner öffentlich zerrissen werden. Mir ist diese Art Politik ehrlich gesagt lieber.

  14. Wer sowas als normal empfindet, sollte mal insgesamt seine Einstellungen überprüfen. Sicherlich haben Telcos oft ähnlich klingende Klauseln irgendwo. Dennoch ist dergleichen m. E. an Schwachsinn nicht zu überbieten, und es wurde ja hier auch schon ausgeführt, warum. Dennoch traue ich das auch anderen Parteien zu, will mich aber hier lieber nicht festlegen, welchen konkret.

  15. Solche Klauseln kenne ich eher von Microsoft… Ich habe noch keine Hotspot gesehen, der mir irgendwelche Bedingungen aufs Auge drücken wollte; schon gar keine in der Richtung, daß man nicht über den Betreiber lästern darf.

    Ist ja auch hochgradig albern; spätestens wenn man via ssh geht, ist es komplett irrelevant, ob der Rant via WLAN oder via UMTS ins Netz gekommen ist. (Ich twitter ja auch genug fails meines UMTS-Providers resp. dessen Technik.)

  16. Salvatorische Klausel? Ich habe gesagt bekommen, daß sowas Standard ist und halte es trotzdem (ahnungsloserweise) für den größten Blödsinn, der mir je in Verträgen untergekommen ist. Wenn sowas sinnvoll wäre, sollte es eigentlich implizit sein.

    Sähe gerne eine Erklärung.

  17. @Andreas Krey
    Die salvatorische Klausel macht schon Sinn. Wenn man ein Set an Regeln akzeptiert, dann nur als ganzes Set. Und die salvatorische Klausel gibt nun die Chance, dass auch der Rest des Sets noch gilt. Das ist so wie wenn du einen Korb mit Äpfeln kaufst und dann ist ein Apfel schlecht und du willst den ganzen Korb zurückgeben. Dann sagt Herr Salvadore, das du nur den faulen zurückgeben kannst. Du kannst dann aber sagen, dass du grundsätzlich nur komplette Apfelkörbe kaufst und das nicht akzeptieren kannst. Oder so…

  18. Klauseln hin, Klauseln her. Was wären die praktischen Konsequenzen, wenn ich nach Hause maile: Die SPD ist doof.

  19. Die salvatorische Klausel ist genauso ein Unsinn wie Disclaimer und bewirkt meist das Gegenteil von dem, was man eigentlich will :-D

    Aber schön jeden Trend mitmachen ;-)

  20. Man kann durch einen Vertrag nicht die Meinungsfreiheit oder sonstige Grundrechte verbieten. Die können da hin schreiben was sie wollen, wer seine Meinung über die SPD sagen möchte kann das auch über das SPD WLAN machen.

  21. Hui! Da wurde Marc Jan Eumann (Staatssekretär NRW) aber ganz schön aggressiv. Ob dieser Mann, der nur mit einem Hammer umzugehen weiß, zu ahnen beginnt, dass Problemlösungen nicht ausschließlich aus Nägeln bestehen? Diese Erkenntnis muss schmerzhaft sein.

  22. Für Ausweise gab es schon immer ein Hinterlegungsverbot. Dies gilt nur neuerdings auch für die meisten Behörden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.