Abmahnwelle: Schwalbe entschuldigt sich!

Ein Update im Fall der bereits in den Netzpolitik.org thematisierten Händler-Abmahnungen durch die Ralf Bohle GmbH („Schwalbe“) landete gerade in meiner Inbox.

Ich bin gerade unterwegs und kann daher nicht schauen, ob das Statement schon woanders gespostet wurde, aber: Schwalbe entschuldigt sich und übernimmt die Anwaltskosten. Im Gegenzug wird erwartet, dass die Unterlassungserklärungen unterzeichnet werden. Klingt doof, ist aber durchaus nachvollziehbar. Wie auch immer, hier die Pressemeldung im Wortlaut (Hervorhebung von mir):

Schwalbe entschuldigt sich

Zur aktuellen Kritik an den Abmahnungen aufgrund von Bildrechtsverletzungen durch Händler nimmt Schwalbe Stellung und entschuldigt sich: Uns schlägt momentan heftige Kritik aufgrund unserer Vorgehensweise gegen Händler entgegen, die Bildmaterial von uns ohne Lizenz genutzt haben. Diese Kritik ist völlig berechtigt.

Die Maßnahme, die zum Schutz des Fachhandels und des Endverbrauchers dienen soll, wurde von uns mehr als unglücklich umgesetzt. Wir entschuldigen uns für diese Vorgehensweise. Die unvermittelte Härte entspricht nicht der Partnerschaftlichkeit, die der Handel von uns kennt und zu Recht erwartet. Vor dem Ergreifen einer solchen Maßnahme hätte ein Angebot zum Gespräch und zur unstrittigen Regelung erfolgen müssen.

Den sachlichen Hintergrund möchten wir kurz erklären:

Die Verwendung von Bildern unseres Hauses ohne unsere Zustimmung ist eine Urheberrechtsverletzung. Das ist den Händlern, die Bildmaterial von uns nutzen, in der Regel auch bewusst. Viele haben sich deshalb schon in der Vergangenheit mit der Bitte um Genehmigung und Abschluss eines Lizenzvertrages an uns gewandt.

Bei den nun erfolgten Abmahnungen geht es um Fehlverhalten bei der Verwendung unseres Bildmaterials, das uns schadet, weil es die Verbraucher irreführt. Besonders schwerwiegend sind Fälle, in denen Bildern falsche Produktbeschreibungen zugeordnet wird. Verkauft wird eine preislich günstigere Performance-Version eines Reifens, in der Darstellung zum Angebot wird die Beschreibung und das Bildmaterial der qualitativ deutlich hochwertigeren Evolution-Version verwendet. Weiterhin wurde Bildmaterial von uns für Lockvogelangebote verwendet, bei denen die entsprechenden Produkte gar nicht lieferbar waren, oder es wurden zur Darstellung aktueller Produkte veraltete Bilder eingesetzt. Alle solche „Täuschungen“ werden von den Verbrauchern uns als Marke zugeordnet, da das original Schwalbe Bild- und Katalogmaterial verwendet wird.

Wir sind in der Vergangenheit auf Anfragen zu unserem Bildmaterial jederzeit eingegangen und haben entsprechende Daten für die werbliche Nutzung zur Verfügung gestellt. Das geschah aber stets im Rahmen einer Absprache zwischen uns und dem Händler. Wir konnten uns bei diesem Kontakt vergewissern, dass der Händler unsere Produkte kennt, eine kenntnisreiche Beratung anbietet und sich für unseren Qualitätsanspruch in Produkt, Service und „ehrlicher“ Kommunikation einsetzt. Bei diesen Händlern konnten und können wir daher auch in Zukunft annehmen, dass sie ihre Webseite pflegen, veraltetes Bildmaterial austauschen, keine falschen Produktbeschreibungen verwenden und unsere Produkte vor allem auch tatsächlich vertreiben. Diese Linie der offenen und beidseitig vertrauensvollen Partnerschaft mit dem Handel werden wir auch in Zukunft zum Schutz des Verbrauchers beibehalten.

Wir möchten klarstellen: Uns geht es bei den jetzt erfolgten Abmahnungen nicht um „Abzocke“. Um das zu unterstreichen, verzichten wir in allen Fällen auf die Begleichung von Rechtsanwaltskosten bzw. übernehmen sie. Voraussetzung ist, dass die entsprechenden Unterlassungserklärungen abgegeben werden.

Wir werden in Zukunft verstärkt auf die Einhaltung unserer Bildnutzungsrechte achten. Die Bildverwendung dulden wir nur, wenn mit uns eine Nutzungsvereinbarung besteht.  Damit möchten wir genauso den Fachhandel schützen, der mit dem Bildmaterial verantwortungsvoll umgeht, wie die Verbraucher, die nicht in die Irre geführt werden sollen.

Das Unternehmen Bohle war immer ein enger Partner des Fachhandels und wird es auch in Zukunft sein. Für unser gänzlich unvermitteltes und damit in diesem Fall nicht partnerschaftliches Verhalten möchten wir uns nochmals aufrichtig entschuldigen.

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21 Ergänzungen

  1. Hm…diese Abmahnwelle ist seit Jahren im Gespräch. Egal, was du postest, du stehst fast schon mit einem Bein in Gefängnis, wenn dein Avatar nicht rechtlich abgesichert ist.

    Ich selbst nutze nur noch selbstgemalte Avatare oder die im Forum angebotenen. Somit bin ich fein raus… wie der Pferdeapfel, der ist auch immer „fein raus“….

  2. @Gregor: Naja, bei Produktbildern im geschäftlichen Verkehr ist die Rechtslage recht eindeutig. Das Vorgehen war, zumindest, wie es in den Foren geschildert wurde, trotzdem etwas befremdlich.

  3. Nach Trigema ist das heute schon das zweite Beispiel für ein durchaus solides und argumentativ absolut nachvollziehbares Krisenmanagement!

  4. Falsch zugeordnete Bilder? Vielleicht sollten die Damen und Herren lieber mal ihre Reseller-Verträge ordentlich verfassen, als hier das Urheberrecht und entsprechende Abmahnngen zu bemühen.

    ReCaptcha: Sinking Final, yeah!

  5. Völlig nachvollziehbar, dass Schwalbe hier vorgeht. Mir und vielen anderen ist nur die Vorgehensweise bzw -härte sauer aufgestoßen. Man muss ja nicht immer gleich mit der großen Kostenkeule anrücken.

    Danke fürs Nachhaken!

  6. Ich kenne den Hintergrund nicht, freue mich aber über die Fähigkeit zur Selbstkritik, die aus diesen Zeilen spricht. Diese Fähigkeit scheint in Politik, Medien und Wirtschaft so selten zu sein, dass man jedes Bisschen davon genießen und als wegweisend für einen besseren öffentlichen Umgang von Menschen, Unternehmen und Institutionen miteinander in der Öffentlichkeit bezeichnen muss.

  7. Seien wir mal ehrlich: was ist die Ursache für das Ganze?

    Zwei Dinge:
    1) man war zu faul zum Telefonhörer zu greifen und den Händler anzurufen (menschliches Versagen).
    2) es mangelt an einer einheitlichen XML-Spezifikation für ein Format zum Austausch von Produktinformationen zwischen Hersteller und Online-Shop. (technische Unzulänglichkeit)

    Technisch könnten wir problemlos einen automatischen, tagesaktuellen Abgleich der Produktdaten zwischen Hersteller und Händler ermöglichen mit produktgerechter Präsentation und Gruppierung zusammengehöriger Produkte. Wenn – ja wenn – man es uns denn tun lassen würde.

    Schwalbe sind nicht die Einzigen welche jammern. Andere Hersteller verschiedenster Branchen beklagen dies auch. Sowohl die mangelhafte Produktpräsentation stößt ihnen sauer auf, als auch die Tatsache dass die Datenlieferung zu aufwendig ist, da jeder Händler ein anderes Format verwendet. Von Excel über Word und PDF bis hin zu Webformularen und Fax, wobei jeder andere Daten in unterschiedlicher Formatierung fordert.

    All das ist auf beiden Seiten Handarbeit.

    Verkäufer beklagen ihrerseits lausige Datenqualität, fehlende oder mangelhafte Bilder. Viele erhalten gar keine Produktdaten oder müssen sie sich selbst zusammensuchen. Dafür werden wiederum oft Azubis bemüht, die gar nicht so recht wissen, was sie die eigentlich tun.

    Und natürlich sind die Beschreibungen oft veraltet. Ferner sind Shops oft technisch gar nicht in der Lage die vom Hersteller gewünschte ansprechende Produktpräsentation zu gewährleisten, da i.d.R. alle Produktseiten gleich aussehen (müssen).

    Wenn nicht auf beiden Seiten derart verbohrte, beratungsresistente Excelakrobaten sitzen würden, die gar nicht bereit sind miteinander zu reden, dann hätten wir das Problem längst behoben.

    Denn technisch ist das eigentlich simpel. Ist auch nicht gerade so, als ob wir das nicht andernorts bereits getan hätten – im Verlagswesen zum Beispiel.

    Bei Verlagen hat man noch vor bis etwa 2005 vor allem mit Word als Satzprogramm gearbeitet und sich Faxe hin und her geschickt, die jeweils ein Azubi von Hand abschreiben durfte.
    Heute haben die gleichen Verlage einheitliche Bestände und sind bereit für Print-on-Demand.
    Technisch hätten sie das sogar schon 10 Jahre früher haben können.

    Mich nerven Idioten mit Dollarnoten in den Augen, die nur an den eigenen kurzfristigen Profit denken und denen die Branche an sich völlig egal ist.

    Es gibt nur eine Aussage, welche die Dummheit dieser Leute treffend beschreibt und diese stammt von ihnen selbst: „Aber wir haben das doch schon immer so gemacht! Es ging früher doch auch immer so.“

    Und natürlich der allzeit beliebte Klassiker: „Das mag anderswo gehen, aber unser Geschäft ist so komplex, das kann man die Arbeit nur von Hand machen!“
    Denen möchte man eigentlich direkt um die Ohren hauen, dass unter den ersten, welche Ihre Produktion schon vor Jahrzehnten umgestellt haben, Autoren von Handbüchern für Großraumflugzeuge gewesen sind.

    Den Netizens und den Nerds hören die feinen Herren nicht zu – weder in der Politik, noch in der Wirtschaft.

    Liebe Schlipsträger bei Schwalbe: Eine anwaltliche Auseinandersetzung zwischen Geschäftspartner hinterlässt auf beiden Seiten immer nur Verlierer. Der einzige der dabei gewinnt ist der Anwalt.

    Man kann sein Geld klüger investieren: zum Beispiel in ein Telefongespräch. Um branchenübergreifend eine einheitliche Schnittstelle zu definieren und allen Händlern tagesaktuelle Produktdaten anbieten zu können.

    So wie die Automobilindustrie das gerade tut mit STX3. Nehmt euch ein Beispiel!

  8. http://mtb-support.de/index.php?page=Thread&threadID=2375

    Wie stellt man das wohl ab?

    Jetzt müsste man mal nachschauen, in welchem Umfeld sich die abgemahnten Händler bewegt haben. Die Antwort von Schwalbe deutet aber so etwas an, aber es muss nicht für alle zutreffen.

    Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte und wird bestimmt auch ein paar falsche getroffen haben. Ein Geschmäkle hats, dass das Ganze ohne Anruf durchgeführt wurde.

    Letztendlich aber wiedermal interessant zu sehen wie solche Dinge ablaufen …

  9. Wow. Ich bin ziemlich sprachlos angesichts dieser Stellungnahme.

    Die Argumentation hat Hand und Fuß. An der Stellungnahme an sich kann ich als Laie jetzt absolut nichts Negatives finden. Die Aktionen, die ihr vorausgegangen sind, kenne ich nicht gut genug. Aber mehr als das, was Schwalbe hier tut, kann man ja fast gar nicht tun.
    Nun bleibt für mich nur noch die Frage, ob die Unterlassungserklärung ihre Wirkung verliert, wenn der jeweilige Händler mit Schwalbe eine Nutzungsvereinbarung trifft. Wenn das nicht ginge, wäre das schon ein bisschen doof. Ansonsten: Reife Leistung, um den ganzen Schlamassel noch mal zurecht zu biegen! Besser als das geht’s nicht – es sei denn, es sind Lügen drin. Das wäre nun wirklich unschön.

  10. naja,
    eine Entschuldigung die dennoch eine Unterlassungserklärung fordert….

    ist doch fast schon übliche Praxis bei der besagten Kanzlei, anschließend werden doch Kosten eingefordert und die Unterlassungserklärung als Geständniss genutzt.

    Vorsicht mit Unterlassungserklärungen!!!

  11. Nun hat die Firma Schwalbe den Streisand-Effekt kennengelernt (sollte das nicht zur Standardlektüre in jeder Kanzlei gehören und der Kunde entsprechend beraten werden, statt stumpf Unterlassungserklärungen rauszuhauen?).

    Nur hat die Firma immer noch nicht verstanden, was sie falsch gemacht hat.

    1. Ich habe ein Problem mit bestimmten Händlern
    – also versuche ich das mit diesen Händlern zu klären

    2. Ich möchte nicht, daß meine Bilder unauthorisiert verwendet werden
    – also schreibe ich ein Rundschreiben an alle Händler „Bitte beachten, Verwendung der Bilder nur nach Abschluss eines entsprechenden Vertrages“ und setze in den Vertrag eine Klausel rein, der eine ordnungsgemäße Verwendung voraussetzt – damit hab ich dann auch eine richtige Handhabe, wenn jemand den Vertrag nicht unterzeichnet oder gegen den Vertrag verstößt

    3. Das Ganze wäre mehr oder minder an der Öffentlichkeit vorbei gegangen, die Selbstdemontage des eigenen Images wäre erspart geblieben.

    Um jetzt das angestellte Theater noch abzubiegen, könnte man noch hingehen und sagen „Bitte betrachten sie die Unterlassungserklärung als Gegenstandslos“ und dann von vorne bzw. bei 1 anfangen.

    Aber nein, man besteht auf der Unterlassungserklärung und verärgert alle betroffenen Händler. Und welcher dieser Händler wird dann seinen Kunden noch Schwalbe-Reifen empfehlen? Keiner, der noch alle Sinne beieinander hat oder?

    So ein Affentheater. Wenn ich Premium-Produkte verkaufen will, sollte ich mich auch so verhalten und nicht wie irgendeine Billigklitsche.

    gruß

  12. „entschuldigt sich“
    Was ist denn das für eine seltsame Konstruktion? Schwalbe ist durch die Aktion an den Händlern schuldig geworden – entschuldigen können da nur die Händler. Schwalbe kann lediglich um Entschuldigung *bitten*

  13. Es mag ja rechtlich in Ordnung gewesen sein. Was ich nie verstehen werde, ist die Höhe der Zahlungen. Die Lizenz der Bilder möge sich im Eurobereich bewegen. Wie in aller Welt kommt man da auf einen „Schaden“ von über 700 Euro? Man kann sich sogar fragen, ob eine einfache Fotografie eines Alltagsgegenstandes überhaupt das Kriterium der schöpferischen Leistung erfüllt… Keiner hätte sich beschwert, wenn die Abmahnung 2,60€ pro Bild gewesen wäre. Aber 700€ für ein Produktbild (und Schwalbe profitiert sogar noch von den Verkäufen!) ist einfach eine Frechheit.

    Schwalbe, ihr habt es nicht besser verdient. Eure Entschuldigung hat durch das Nachreichen weiterer Forderungen im Übrigen überhaupt keine Ehrlichkeit.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.