Problematische Komplimente

In letzter Zeit wurde wieder mehrfach versucht, Creative Commons als NGO vor irgendwelche politischen oder kommerziellen Karren zu spannen. Um diese Fälle nicht einfach undokumentiert zu lassen, und weil es sich dabei um ziemlich problematische Komplimente handelt, hier die Kurzfassung für alle:

  • Den Anfang machte die Piratenpartei, die als Hauptveranstalter für den 8. August 2009 in Hamburg einen „Creative-Commons-Day“ ausrief und dazu Flyer/Plakate fabrizierte, auf denen unten links groß das Logo von CC und daneben noch etwas größer das der Piraten zu sehen war. So sehr sich Anliegen der Piraten auch im Lizenzmodell von CC widerspigeln mögen: Dass man als ausgewachsene Partei, die zu Bundestagswahlen antritt, nicht mehr ganz die Narrenfreiheit hat wie als reine Aktivistengruppe, scheint zumindest den Hamburger Piraten entgangen zu sein. Aber auch ohne Parteistatus wäre vorheriges Fragen nicht nur freundlich gewesen, sondern das Mindeste.
  • Weiter ging es dann mit der „Blogger Conference Germany 2009“, die in der Liste der Angemeldeten auch „creativecommons.org“ aufführte. Wie sich hinterher rausstellte, hatte einer der zahlreichen europäischen CC-Affiliates seine Teilnahme zugesagt – und schwups, stand die zentrale Blog-URL von Creative Commons Inc. USA als Referenz der Bloggerkonferenz im Netz. Sieht ja auch besser aus als bloß die Homepageadresse eines weniger bekannten CC-Aktivisten.
  • Der dritte Fall ist eher kommerzieller Natur: Der noch bis heute laufende „Reeperbahn Campus“, eine Art Musikmesse mit Festival, nennt den Sonstiges-Teil seines Veranstaltungsangebots mal eben „Creative Common Ground“. Selbstverständlich soll vor allem der Begriff „common ground“ (laut dict.leo.org etwa „Gemeinsamkeit“ oder „Bezugserde“) im Vordergrund stehen. Eine Nähe zu CC sei da völlig zufällig und keinesfalls beabsichtigt, versicherte man uns auf Nachfrage.

Warum stellt sich CC so an bei derlei Vereinnahmungsversuchen? Weil die Organisation Creative Commons nach ihren Gründungsstatuten zur absoluten politischen Neutralität verpflichtet ist und bei Vertoß dagegen riskiert, die Gemeinnützigkeit abgesprochen zu bekommen. Genau deshalb ist der Name der NGO als eingetragene Marke inklusive Logo das Einzige, was bei CC einem sehr strikten „alle Rechte vorbehalten“ unterliegt und nur nach einer eng gefassten Policy lizenziert wird. Das ist nebenbei auch am Ende jeder CC-Lizenz ganz deutlich in der „Creative Commons Notice“ zu lesen (bezieht sich dort allerdings nur auf die Lizenzparteien). Wer lesen kann, ist also auch hier klar im Vorteil. Und man kann Support für die CCPL auch problemlos in einer Weise kundtun, bei der nicht der Eindruck entsteht, dass man auch gleich im Auftrag von CC als Organisation unterwegs ist.

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16 Ergänzungen

  1. Das interessiert mich als Pirat jetzt aber genauer:

    1. wie hätte der Flyer denn aussehen können/dürfen, hätte „creative commons“ nicht erwähnt werden dürfen, sondern nur die entsprechenden Lizenslogos (z.B. CC-BY-NC)?

    2. Hat man die Piraten darauf aufmerksam gemacht, und wenn ja – wie war die Reaktion auf derartige Einwände?

  2. Das war mir offen gestanden vollkommen neu — und ohne jetzt einen schwarzen Peter zuschieben zu wollen, muss ich fragen, warum darauf nicht ausfuehrlicher hingewiesen wird. Wie soll denn konkret auf einem Veranstaltungshinweis darauf hingewiesen werden, dass CC-lizenziertes Material verwendet wird (Bild fuer den Flyer, gespielte Musik oder Filme, etc.)? Ich habe das immer als Werbung fuer das Lizenzmodell verstanden, die Problematik war mir nicht bewusst.

    1. @Hampeldideldido: Der Titel war nur Teil des Problems. Wenn sonst ausreichend klar gemacht worden wäre, wer da was mit wem veranstaltet, wäre der Titel für sich genommen nicht wirklich problematisch gewesen.

      @stk: Als Hinweis auf die Lizenz bestimmter Inhalte ist es ja auch ohne Einschränkungen gedacht, dass das Doppel-C im Kreis oder die Lizenzbuttons benutzt werden. Man darf auch über CC schreiben oder sich darauf beziehen und dabei den Ausdruck „Creative Commons“ verwenden. Aber es ist dann doch noch was anderes, wenn (ohne überhaupt zu fragen) durch die Aufmachung der Eindruck erweckt wird, dass CC als NGO bei irgendwas Mitveranstalter sei.

      @NetReaper: Als ich Ende Juli angemailt wurde, ob wir den CCDay nicht auf der CC-DE-Website bewerben könnten, hab auf das Problem hingewiesen und darum gebeten, man möge doch wenigstens einen Träger für das Event finden, der keine Partei ist. Eine Antwort bekam ich nicht.

  3. Die Frage ist aus meiner Sicht, ob die #Piraten+ nicht eine Holschuld bezüglich der Informationen gehabt hätten, anstatt von einer Bringschuld des Veranstalters auszugehen. Also: Lernen wir daraus und verderben wir es uns nicht mit denen, die uns wählen sollen!

  4. Also das ist doch etwas lächerlich, wie soll man es sonst nennen wenn der Begriff „Creative Commons“ geschützt und verboten ist ?

    „Tag der Freien Lizenzen“ oder „free Licsence day ?“. Sorry das würde einfach nur komisch klingen und otto normalo wüsste nicht was damit gemeint ist.
    Für jeden dürfte doch ersichtlich sein das eine veranstaltung die von der Piratenpartei angemeldet wird erstmal nichts mit Creative Commons Organisation an sich zu tun hat.

    Die Folge ich werde auf GNU Lizenzen umstellen da wird kein solches Theater gemacht.

    1. @Hampeldideldido: Da bleibt der Kreativität viel Raum. Von „Free Culture Day“ bis hin zum “Tag der Freien Lizenzen”.

  5. Verwirrend ist es schon. Das Plakat wirkt so als ob CC der Veranstalter sein, und die PP die Ehre hätte als Hauptsponsor groß auf dem Plakat erwähnt zu werden. Auf den Seiten der PP-Hamburg tritt sie jedoch selber als Veranstalter auf. Unter Transparenz verstehe ich was Anderes.

  6. Tja, das erinnert mich fatal an die Freiheit-statt-Angst-Demo, welche die Piraten auch recht unverhohlen geownt hatten. Obgleich es ein überaus breites Bündnis war, dominierten die orangen Fahnen sehr.

    Nicht, dass ich mich nicht über ein gutes Ergebnis der Piraten morgen freuen würde, aber die Vereinnahmungsstrategie nervt schon etwas. Beim CCC haben sie es ja auch versucht, allerdings erfolglos.

  7. @9/Jens, falls du mich meinst, das war nicht als Trotzreaktion gedacht, mir war das wirklich vollkommen neu. Mir ist mittlerweile auch klar, dass das Logo zum Schutz vor Missbrauch geschuetzt sein muss, das war mir nur eben bisher nicht bewusst. Und da CC-Lizenzen ja von Jedermann, also insbesondere juristischen Laien verstanden und benutzt werden koennen sollen, muesste man vielleicht deutlicher darauf hinweisen, in welcher Form man welche CC-Logos verwenden oder nicht verwenden darf/soll. Ich fuer meinen Teil habe z.B. oft und gerne das „CC im Kreis“ verwendet, um darauf hinzuweisen, dass etwas CC-lizenziert ist.

  8. Hm … ich sehe hier jetzt max. 1 Reaktion, welche man als Trotz auslegen kann, die anderen sind vorallem nachfragend, das kann und darf nicht verboten sein.

    In der Tat vermute ich dann (bin da unbeteiligt, wissen tu ich es also nicht), es geschah aus Unkenntnis heraus. Das ist keine Entschuldigung aber eine Erklärung.

    Ansonsten schließe ich mich Quintil an, vorallem das man daraus für zukünftiges lernen sollte solche Fehler zu vermeiden, denn das es auch zukünftig Aktionen von Seiten der Piraten geben wird / kann / sollte um Lizenzmodelle wie eben CC bekannter zu machen, daran zweifel ich nicht.

  9. Hallo,

    ich melde mich hier als stellvertretender Vorsitzender der Piratenpartei Hamburg – dem Veranstalter des „CC-Day“.
    Bislang waren wir uns keinerlei Schuld bewußt, sondern dachten eigentlich, mit dem „Creative Commons Day“ der Sache der freien Lizenzen zu dienen.
    Das Einholen von Benutzungsinformationen haben wir tatsächlich unterlassen, in der falschen Annahme, das wäre schon OK. Eine politische Nutzbarmachung der Marke CC zu unserem Vorteil war nicht vorgesehen, wir wollten einfach nur einen netten Tag mit schönem Programm anbieten…

    Ich gelobe: das wird in der Form nicht mehr wiederholt.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.