PC09: Einfluss von Netzöffentlichkeiten auf Politik

Eine der wichtigsten Botschaften für politische Internetaktivisten auf dem Politcamp war aus meiner Sicht: Sich nur im Netz zu artikulieren verändert noch nichts. Sondern die User müssen sich auch organisieren, wenn sie Politik beeinflussen wollen. Jemand, der nur vor dem Laptop sitzt und ab und an twittert oder Blogposts schreibt, beteiligt sich zwar an Netzdebatten, er nimmt aber dadurch noch keinen Einfluss auf Politik und verändert erst mal: nichts. So ähnlich haben das sowohl Volker Beck (Grüne) als auch Angelika Dorsch (SPD) dargestellt.

Internetaffine Politiker wie Beck, Matthias Groote (SPD) oder Frank Schäffler (FDP) verfolgen zwar die Debatten im Netz, an der Vielzahl der 1.0-Politiker und an den klassischen Massenmedien rauschen sie aber vorbei. Wenn öffentliche Debatten aber überhaupt einen Einfluss auf politische Entscheidungen haben, dann diejenigen, die in den „old school“-Medien geführt werden. Es gibt zwar Ausnahmen, aber die bestätigen – bisher jedenfalls noch – eher die Regel.

Das Problem der Netzöffentlichkeit ist zum einen die Selbstgenügsamkeit der User. Andere auf dem Politcamp haben das provokativer „Selbstgefälligkeit“ genannt. Damit gemeint ist eine Haltung, die changiert zwischen Parteiverdrossenheit und dem Gefühl zu einer digal-demokratischen Elite zu gehören. Die einen wollen mit Politikern nichts (mehr) zu tun haben, die anderen finden, dass die Politiker gefälligst auf sie zukommen sollen. Das hilft nicht wirklich weiter, wenn man sich nicht nur beschweren, sondern auch politisch was bewegen will. Wenn man also politische Entscheidungen beeinflussen will.

Ein weiteres Problem ist die oft technokratische Tendenz der Netz-Beiträge. Da beteiligen sich Quasi-Experten, die sich bestens zum Beispiel mit Internetzensur und den technischen Tools, mit denen man sie umgehen kann, auskennen. Um nicht falsch verstanden zu werden: das ist gut so! Es ist gut und wichtig, dass sich Leute zusammenfinden, die das technische oder auch juristische Know-How haben, um etwa Zensurvorstößen der Regierung gewichtige Argumente entgegenzusetzen. Das bietet auch netzaffinen Politikern und anderen Interessierten die Möglichkeit, mehr darüber zu lernen. Ein Problem ist es aber, wenn die guten Argumente von Laien und „Internetausdruckern“ kaum noch verstanden werden. Das macht dann die Debatte im Netz auch für die meisten Journalisten ziemlich unzugänglich. Das ist vielleicht auch der Grund dafür, die „Zensursula“-Problematik zwar heiß im Netz diskutiert wurde und wird, aber bestenfalls lauwarm in den klassischen Massenmedien.

Was kann man daraus lernen? Zwei Sachen: Blogger organisiert euch! Bleibt nicht nur unter euch und genügt euch selbst, sondern schreibt euren Politikern, wendet euch an die Medien und macht auf eure Anliegen aufmerksam. So ist das nun mal in unserer Demokratie: Wer ein Anliegen hat und etwas verändern will, der muss nicht nur seine Stimme erheben, sondern auch politische Druck machen. Und das andere: schreibt Blogposts und Pressemitteilungen, die auch für Laien und Idiotes, Nicht-Wissende, verständlich sind. Denn wer die Masse erreichen will, der muss auch die Sprache der Masse sprechen. Der muss komplizierte Zusammenhänge vereinfachen und auf den Punkt bringen. Ein bisschen PR gehört da gegebenenfalls auch dazu.

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12 Ergänzungen

  1. Blogger, höööört diiee Signaaaaale, auf zum leeeetzteeen Gefeecht.

    Mir ist schleierhaft, an wen genau dieser Beitrag, der mir inhaltlich platt vorkommt, sich wenden will.

    Wenn irgendwelche Blogger unbedingt politisch relevant sein wollen, dann können sie doch in die Parteien gehen. Ansonsten sind Blogs nette, subjektive Darstellungen von Privatpersonen. Und das ist auch gut so. Und das reicht doch auch vollkommen.
    Dass man in Deutschland immer gleich die Bedeutungswaage rausholt, irgendwas drauf legt und bei Nichtgefallen rummosert, ist doch nervig. Die Limitation aufs Subjektive ist oftmals schwierig genug, da muss man nicht zwanghaft nach irgendeiner Objektivität streben, deren Sinnhaftigkeit oft genug angezweifelt werden darf.

  2. Na ist doch garnicht so verkehrt, wenn man sich als die neue Meinungs und Bürgerpartizpationsplattform auch organisiert.Und es mal schafft sowas wie Qualitätsstandards zuerarbeiten! Wer ernst genommen werden will, sollte sich zu einem orgnaisierten Weg entschliessen! Meckern wie @carsten hilft hier auch nicht weiter.

  3. Ich finde den Beitrag von Stefanie ganz prima und teile ihre Ansichten. Und genau aus diesem Grund hat unser Blog-Netzwerk jetzt eine MitMach-Aktion gestartet. Es geht um die Strafanzeige gegen Dr. Horst Köhler bzgl. der Umsatzsteuer. Und dieser Skandal muss an die Öffentlichkeit ! Wer mag, kann hier bei meinem Netzwerk-Partner „Womblog“ lesen.

    http://womblog.de/2009/05/03/presseinformation-der-initiative-mach-mit-steht-auf-und-wehrt-euch-bekennt-farbe-zur-demokratie-womblog-worte-oder-mehr-vom-03-mai-2009/

  4. Muss die Netzgemeinschaft in die klassischen Medien um Gehör „der breiten Masse“ zu bekommen? Vielleicht.
    Brauch man aber das Gehör „der breiten Masse“ um eine Sachliche Diskussion zu führen? Sicher nicht.
    Dennoch: das Interesse am Thema fehlt. „Netzpolitischer Autismus“ ist weit verbreitet. Urheberrecht? Kinderpornosperren? Vorratsdatenspeicherung? Für den Löwenteil der Bevölkerung sind das hohle Phrasen mit denen sie nichts anfangen können. Klar, Mails bei GMX lesen, sich durch Gruppen bei studiVZ klicken und sich lustige Videos auf YouTube angucken kann inzwischen jeder, aber wer weiß schon wie eine DNS Sperre funktioniert? Oder wen interessiert es gar?

    Das Internet ist ein junges Medium, das langsam aber sicher erwachsen wird. Und erwachsen werden bedeutet Regeln akzeptieren, das wissen wir alle, dass erwachsen werden aber auch von Selbstbestimmung und gegenseitigem Respekt geprägt ist müssen die „Erzieher“ erst noch lernen.
    Es wird noch eine weile dauern, bis die Meinung der Internetgemeinde auch als solche in der Gesellschaft und Politik anklang findet und respektiert wird. Hoffen wir, dass es nicht allzu lange dauert.

  5. also ich bin ein „Quasi-Interessierter“ und denke, dass ich ein ordentliches Maß an politischem Interesse mitbringe. ich finde den Artikel gut, gerade weil ich mir irgendwie auf den Schlips getreten wurde…

  6. Danke für den Beitrag. Die Aufforderung, den vergleichsweise bequemen Netzdiskurs auf realen politischen Boden zu erweitern, ist nicht neu, aber immer noch gültig und wichtig.

    @Carsten, der wahrscheinlich nur polarisieren wollte: Wieso sollten Blogger gleich in eine Partei eintreten – im Gegenteil. Strukturen können gerade von außen flexibler angegangen werden, Ideen in die Parteien hineingetragen werden und vielleicht an der einen oder anderen Stelle für gemeinsame Veränderungen sorgen. So utopisch ist das nicht – oder? MfG

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.