EU verhindert Urheberrechtsschranken für Blinde

Wie Heise berichtet, haben Vertreter der EU ein Abkommen verhindert, das Sehbehinderten und Blinden besseren Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken gewährt hätte. Der „Schutz der Rechte von Darstellern an audiovisuellen Aufnahmen ihrer Darbietungen“ in internationalen Verträgen soll dagegen verstärkt werden.

Aus der Abschlusserklärung des Ständigen Ausschusses für Urheber- und verwandte Rechte (SCCR) der World Intellectual Property Organisation (WIPO), der vergangene Woche in Genf tagte, wurden zuletzt Passagen gestrichen, durch die ein völkerrechtlicher Vertrag für eine solche Schrankenregelung in die Wege geleitet werden sollte. Druck gegen eine echte Festlegung kam laut Informationen der Fachleute der Organisation Knowledge Ecology International (KEI) insbesondere von Vertretern der EU.

Der Widerstand der EU gegen Urheberrechtsschranken zugunsten von Sehbehinderten und Blinden scheint damit auch nach dem Einlenken der USA letzte Woche weiter zu bestehen. Die Content-Industrie dürfte daran ihren Anteil haben, wie die EFF schon vor einem Monat herausstrich:

The contrast between those two processes is evident in a current US Copyright Office Consultation on a proposed WIPO Treaty for the Reading Disabled, when the same groups that declared that it would be just fine that ACTA „codify best practices for enforcement“ opposed attempts to codify the world’s system for the protection of the public interest, such as for copyright exceptions for the blind, visually impaired and those with reading disabilities.

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17 Ergänzungen

  1. Der Text liest sich zweideutig.

    In Teil 1 verstehe ich das Sehbehinderten WENIGER Möglichkeiten eingeäumt werden sollen, im 2. dann aber das Gegenteil.

    Was genau haben die EU, USA und Industrien denn nun (wieder) vor?

  2. @Simon

    Das kann ich nicht nachvollziehen. Beide Abschnitte machen deutlich, dass sich die EU gegen erweiterte Rechte für Blinde bzw. deren internationale Festschreibung wehrt.

  3. Ich glaube die verwirrung entsteht aufgrund des Wortes „Urheberrechtsschranken“. Fuer mich klingt das im Titel erstmal so als ob die EU da was verbessert. Also das Einschraenkungen die sich aus dem Urheberrecht fuer BLinde ergeben verhindert werden. Aber dann ist mir bewusst geworden das gemeint ist das „Urheberrechte eingeschraenkt“ werden sollen um damit eine Verbesserung zu erziehlen.

  4. @kulturschock: Und das meinst du ernst? Wenn ja dann hoffe ich für dich, dass du niemals eine vergleichbare Behinderung dein eigen nennen musst und ebenso eine derartige Diskriminierung über dich ergehen lassen musst.

  5. Nun verstehe ich, nachdem ich noch 2x gelesen hab.

    Was ich nicht verstehe ist wieso die EU sich so dagegen stemmt. Aber die Musikindustrie und Co sind ja bald pleite, da ist ja für sowas kein Geld mehr da.

  6. Da hat mal wieder jemand nicht ins Grundgesetz geschaut, was?

    Artikel 3:
    (…)
    (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

    Okay, da ist von EU die Rede, nicht von Deutschland, aber Deutschland ist nunmal Teild er EU und hier könnte mans chon gleich mal wieder Verfassungsbeschwerde einlegen. Argh!

  7. @Martin (#3)

    Genau, Schranken des Urheberrechts bedeuten Einschränkungen des Urheberrechts im Interesse der Allgemeinheit. Sie stehen also im krassen Gegensatz zur Ideologie der Westerwelle-FDP, alles zu privatisieren und sich für Monopole und gegen Wettbewerb stark zu machen. Womit wieder einmal bewiesen wäre, dass die FDP Freiheit lediglich heuchelt.

    @manka (#8)

    kulturschock meint das ironisch.

  8. Auf Heise lautet gleich der erste Satz des betreffenden Artikels: „Der erhoffte Durchbruch bei Verhandlungen zur Verbesserung des Zugangs von Sehbehinderten und Blinden zu urheberrechtlich geschützten Werken ist ausgeblieben.“

    Ich finde es hier wie dort missverständlich formuliert, verstehe es aber immer noch so, dass ein Erleichterter Zugang abgelehnt wurde.

  9. Ich würde sagen, das ist der nächste Fall für’s Bundesverfassungsgericht.

    Ich hasse diese Turbokapitalisten! Deren Neusprech ist reduziert auf ausschließlich die Dinge, die irgendwie mit ihrem eigenen Profit zutun haben. Ich wünsche der Menschheit Jahrhunderte in kompletter Armut, damit sie mal wieder lernt, was es heißt, sich gegenseitig zu respektieren und Mitgefühl für Schwächere zu zeigen.

    In diesem Sinne schließe ich mich den Worten eines meiner Vorredner an: Fuck You EU!

  10. Nur so nebenbei: Sehbehinderte sind durchaus keine Minderheit, wenn man nämlich alle Leute dazu zählt, die Sehhilfen verwenden und alle Menschen, die im Alter Sehschwächen erleiden. Letztere werden in den nächsten Jahren zwangsläufig immer mehr.
    Leider ist es so, es wird eher schlimmer als besser für Blinde. Schön zum Beispiel, dass es endlich ein paar deutsche Bücher in digitaler Form gibt. Nur leider, leider braucht man eine schöne Software, um die drm-geschützten Bücher lesen zu können. Dreimal dürft ihr raten, ob diese Software barrierefrei ist.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.