DLD09: Internet Politics

Auf dem DLD, der Digital Life & Design Conference von Hubert Burda Media in München gab es heute morgen eine Panel-Diskussion über „Internet Politics“. Moderiert von Jeff Jarvis (Buzzmachine) diskutierten Mark Gorenberg (Hummer Winblad), Jack Hidary (Hidary Foundation), Randi Zuckerberg (Facebook) und Micah Sifry (Personal Democracy Forum) vor allem über den vorherigen US-Wahlkampf von Barack Obama. Mark Gorenberg sass drauf, weil er als Venture Capitalist arbeitet und für die Demokraten als ehrenamtlicher Fundraiser in Kalifornien aktiv war. Soviel hab ich von ihm aber auf dem Panel nicht mitbekommen, zumindest taucht er in meinen Mitschriften nicht mehr auf. Jack Hidary ist irgendwie auch Unternehmer und erzählte über Aktionen zum Thema Sloar-Lobbying. Das Thema interessiert in Washington in der Regel niemanden, weil verschiedene Lobbys alle Diskussionen dominieren. „Die traditionelle Art von Politik funktioniert manchmal nicht mehr auf dem üblichen Weg“. Auch würden in vielen Fällen kleine „guerilla-SWAT-Teams, die sich zu Themen im Netz ad-hoc zusammensetzen, mehr bewirken können, als große alte Organisationen. Er zeigt verschiedene kleine Aktionen, wie man das Netz dafür einsetzen kann. Also ein paar Standards wie Blogs und Facebook-Gruppen. Eine nette Idee war, dass man 10.000 Menschen in einer Facebook-Gruppe hatte und diese darüber informierte, dass man zu einer bestimmten Zeit für zwei Stunden zwei verschiedene Senatoren mit vielen Menschen anruft. Damit könnte man viel Druck erzeugen und Politiker über einen Bürgerwillen aufklären, den diese in der Regel nicht mehr zu hören bekommen.

Höhepunkt auf dem Panel war Micah Sifrey, den ich sehr für techpresident.com und die PDF-Conference schätze. Der letzte Wahlkampf sei der erste seiner Art im digitalen Zeitalter gewesen. Und in den USA habe dies zu einer Massenpartizipation in der Politik geführt, was vorher eigentlich niemand mehr für möglich gehalten habe. Ein großer Teil des Erfolges sei „Voter Generated Content“ gewesen, also Beiträge, die nicht offiziell von den Kampagnen kommen, sondern von Untertützern, bzw. von Gegnern. Auf Youtube habe es alleine 1,2 Milliarden Views gegeben, die Kampagnenrelevant gewesen seien. Aber nur 10% der Views seien auf die offiziellen Kampagnen-Videos gegangen. (Wobei kam sicherlich hier noch einberechnen muss, dass TV-Mitschnitte nicht unbedingt als Voter Generated Content definiert sind, aber trotzdem in dieser Rechung auftreten.) „Voter generated content was the wildcard of the campaign.“ Obama habe mit 750 Millionen $ mehr als Bush und Kerry zusammen vor vier Jahren eingesammelt. Aber es haben auch nicht mehr als 1% der Bevölkerung gespendet. Daran könne man aber sehen, wie klein der Prozentanteil in der Bevölkerung war, die früher Politik finanziert haben.

Es gab dann auch viel Diskussion darüber, wie man Unterstützer in das Fundraising einbinden kann. Das meiste davon funktioniert abe rnicht in Deutschland. Als Kampagnenidee ist es ja ganz nett, Unterstützern die Telefonnummern von Nachbarn zur Verfügung zu stellen, damit man diese abtelefoniert. In Deutschland haben wir zum Glück Datenschutzgesetze, die dies verhindern.

Ganz schlimm auf dem Panel war Randi Zuckerberg von Facebook. Die lächelt zwar ganz nett, aber jeder einzelne Redebeitrag wurde zu einer Dauerwerbesendung für Facebook. Ein passender Kommentar aus dem Publikum bei Twitter war, dass das etwas wie Scientology klingt. Stimmt. Facebook eignet sich für dies und für das. Man kann sogar eine eigene Partei darüber laufen lassen. (Micah Sifrey brachte den richtigen Gegenpunkt, dass dies die nächsten 20 Jahre nur junge Menschen erreichen würden, die aber nicht wahlentscheidend seien). Und eigentlich schade, denn ich schätze Facebook von der technologischen Seite, hab aber auch einige Bedenken. So kam auch aus dem Publikum die Frage, wem denn die Daten gehören, die über Facebook laufen. Immerhin sei das doch Kampagnen-relevant. Aber hier stockte Randi Zuckerberg nur, brachte nichts heraus und Jeff Jarvis versagte leider als Moderator, indem er einfach die nächste Frage annahm. Schade eigentlich.

Micah Sifrey brachte einige andere wichtige Fragen auf: Wem gehören eigentlich die Daten einer Kampagne. Diese werden sehr häufig von der Community gesammelt. Man trägt alle Freunde und Bekannte in die Datenbank rein und die Obama-Kampagne z.B. besitzt dann riesige Datenbanken. Aber sollten diese Daten nicht allen Beteiligten gehören?

Darüber kam man dann auch zu den Fragen rund um OpenGovernment. „the hope is transparency, the hope is openess by the governance“, so brachte Jarvis dies in die Diskussion ein. Man müsse den Freedom of Information Act auf dem Kopf stellen: Nicht wir als Bürger müssten den Staat fragen, etwas offen zu legen, sondern der Staat müsse uns begründen, warum er etwas verheimlicht. Sifrey pflichtete ihm bei, dass alle möglichen Informationen online gehören. Es würde nichts bringen, wenn diese irgendwo in Archiven verschwinden würden. „Dokumente sind öffentlich, wenn sie online sind, nicht wenn sie irgendwo im Keller liegen“. Politiker sollten viel transparenter werden, man bräuchte Informationen, wer mit wem redet in Bezug auf Lobbying. Und man bräuchte diese Informationen in offenen Formaten und offen lizenziert.

Zum Schluss gab es dann nochmal Facebook-Groupie und PR-Beiträge aus dem Publikum. Schade, dass Facebook-Werbung diese Diskussion so dominierte. Ohne Zuckerberg wäre die Diskussion sicherlich produktiver sein können.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

4 Ergänzungen

  1. Spitze. Ich kann leider nicht dabei sein, aber diese Zusammenfassung ist genial. Zusammen mit den tweets ist man optimal auf dem Laufenden. Bitte mehr davon.
    grüße jazzgumpy

  2. @Randi Zuckerberg:
    Ich bin immer wieder erstaunt, wie man ernsthaft Kids Mitte 20, zwar mit viel Geld gesegnet, ansonsten aber mit wenig bis keiner allgemeinen Lebenserfahrung und einem eher technokratischen, thematisch beschränkten Berufsumfeld (Informatiker, Betriebswirtschaftler, Juristen), auf ein Podium setzen kann und von ihnen ernsthaft Maßstäbe setzende, gesellschaftspolitische Aussagen erwartet; respektive die teilweise abstrusen Aussagen oder das Schweigen kommentarlos hinnimmt…
    Nicht dass ich diese Leute von der Agora oder der res publica ausschließen oder ihre Meinung nicht hören will, aber ich weis aus eigener Erfahrung, dass man in diesem Alter noch weit mehr Anleitung braucht als man geben kann.
    Die Maßstäbe müssen wir alle gemeinsam setzen und die Zuckerbergs dieser Welt haben sich daran zu halten. So funktioniert Gemeinwesen!

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.