Der erste Sperr-Vertrag eines Providers ist aufgetaucht

Der erste Sperrvertrag mit einem Provider für die Zensursula-Infrastruktur ist aufgetaucht. Odem.org hat ihn von 1&1 bekommen, die diesen im Juni von der Bundesregierung zugeschickt bekommen haben. 1&1 hatte ihn wegen schwerer Bedenken nicht unterzeichnet. Der Vertragstext soll in wesentlichen Punkten mit den fünf bekannten Verträgen zwischen Bundeskriminalamt und Providern identisch sein soll.

Hier ist der Vertragsentwurf als PDF.

Interessant ist die Formulierung am Ende:

Der Vertrag endet ohne weitere Erklärung an dem Tage, an dem die in der Präambel beschriebene gesetzliche Regelung in Kraft tritt, spätestens aber am ………. .

In der Präambel wird vom Zugangserschwerungsgesetz gesprochen, was bei der Versendung dieses Vertragsentwurfes an 1&1 noch in der parlamentarischen Diskussion war. Spannend wäre es zu erfahren, ob eine ähnliche Regelung auch bei den fünf Zensurprovidern in den Verträgen stand.

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11 Ergänzungen

  1. Kleine Nachhilfe an die Provider in 5 Schritten, wenn so was wieder mal vorkommen sollte:

    1. Lesen
    2. Lachen
    3. Fragen, ob schon der 1. April ist
    4. Kopf schütteln
    5. Raum verlassen

    Damit hätten sich alle Seiten eine Menge Ärger ersparen können.

    Dass unsere Bundesregierung weder vernünftige Gesetze machen kann noch weiß, wo bei Grundrechtseinschränkungen Schluss ist, war hinlänglich vorher bekannt. Deren Unfähigkeit auch noch mit der Unterstützung durch fragwürdige Verträge überhaupt in Betracht zu ziehen, ist ein Akt hündischer Unterwerfung – wobei ich mich frage: unter wen eigentlich? Den \guten Ruf\?

    bernd

  2. Ich bin grad dabei das PDF zu lesen:
    Kotzpunkt 1: Der Punkt mit der Menschenwürde. Die Kinder selbst missbrauchen, aber dann so eine Scheisse da reinschreiben. LÖSCHEN und gegen ECHTE Kinderpornographie vorgehen, nicht (nur) zensieren! Die „Urheber“ und Verantwortlichen ermitteln und anzeigen.

    Kotzpunkt 2: Berufen auf Paragraph 1 des Grundgesetz. Das selbe Grundgesetz auf das viele Abgeordnete wieder und wieder große Haufen gemacht haben. Das selbe Grundgesetz das wieder und wieder beschnitten wird. Wieso nur Stop-Schilder? Wieso kein „echtes“ Vorgehen? Wenn es Webseiten gibt die solche Inhalte anbieten/bereitstellen, dann lässt sich auch ein Verantwortlicher ermitteln.

    Nun ja, erfolgen soll es also auf Grundlage der AGB. Solange Kunden aber neuen AGB nicht zustimmen, dürften diese unwirksam sein. Also wirds wohl vorerst nur bei einigen neuen Kunden sein, je nach Provider.

    Naja, DNS-Basis. Wird sehr wirkungsvoll sein. Den DAU hält es ab, aber … naja, lassen wir das.

    Und lese ich das richtig? Die ISPs müssen die Sperrliste wie das Wort Gottes sehen? Ohne wenn und aber akzeptieren und auf keinen Fall prüfen ob die Liste wirklich korrekt ist?

    Geil, ein eigener Stopp-Server. Und spezielle Mitarbeiter, die die Sperrliste bearbeiten. Und *oh Wunder* eine Übergabe an Dritte zur Abarbeitung ist verboten? Ist doch sonst auch immer erlaubt, aber nun ja, einige sind halt gleicher als die anderen gleichen.

    Die ISPs müssen ja derzeit NICHT den Vertrag unterschreiben, sehe ich das richtig? Und zusätzlich besteht ja die Möglichkeit das die ISPs den Vertrag kündigen. Wird nicht also bald eine Regelung kommen die die ISPs dann sowieso dazu zwingt? So wie bei der VDS? Oder erfolgt die übliche Methode: „ISP XYZ ist ein Kipo-ISP, da er/sie nicht zensieren will!“?

  3. Folgendes finde ich interessant:

    Die Zensurliste selber muss _jeden Tag_ vom ISP vernichtet/ersetz werden und „gegen die Kenntnisnahme Dritter gesichert“ werden usw.

    Gleichzeitig wird der ISP verpflichtet, Zugriffsstatistiken auf die Stopp-Seiten anzufertigen und _wöchentlich_ ans BKA zu schicken. Von besonderem Schutz dieser Logs steht da nichts, obwohl diese Statistiken doch alle Informationen der Sperrliste enthalten! Zusätzlich ist da noch ein Ranking der beliebtesten Kinderpornoseiten enthalten, also genau das, was keinesfalls leaken sollte. Wieso wird der ISP nicht zum Schutz dieser Statistiken verpflichtet?

  4. Kann ein Innenminister überhaupt stellvertretend für die Bundesrepublik Deutschland handeln? Müsste in diesem Fall der Vertrag nicht eher mit dem Bundespräsidenten geschlossen werden?!?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.