Demo-Aufruf „Freiheit statt Angst“, Berlin, 12. September

Das Bündnis um den AK Vorratsdatenspeicherung ruft, wie schon angekündigt , wieder auf zur Großdemonstration in Berlin im Herbst. Der Aufruftext ist jetzt fertig:

Aufruf für die Demonstration "Freiheit statt Angst 2009"

Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler rufen bundesweit zur Teilnahme an einer Demonstration gegen die ausufernde Überwachung durch Wirtschaft und Staat auf. Am Samstag, den 12. September 2009 werden sie unter dem Motto "Freiheit statt Angst – Stoppt den Überwachungswahn!" auf die Straße gehen. Treffpunkt ist um 15.00 Uhr am Potsdamer Platz in Berlin. Die Demonstration ist Teil des europaweiten Aktionstages "Freedom not Fear – Freiheit statt Angst", zu dem länderübergreifend Proteste gegen die Überwachung der Bürgerinnen und Bürger stattfinden.

Der Überwachungswahn greift weiterhin um sich. Insbesondere die Überwachung am Arbeitsplatz hat zugenommen. Beschäftigte werden in ihrem Arbeitsumfeld, teilweise auch in ihrem Privatleben überwacht. Zugleich registrieren, überwachen und kontrollieren uns staatliche Stellen bei immer mehr Gelegenheiten. Egal was wir tun, mit wem wir sprechen oder telefonieren, wohin wir uns bewegen oder fahren, mit wem wir befreundet sind, wofür wir uns interessieren, in welchen Gruppen wir uns engagieren – der "große Bruder" Staat und die "kleinen Brüder und Schwestern" aus der Wirtschaft wissen es immer genauer. Der daraus resultierende Mangel an Privatsphäre und Vertraulichkeit gefährdet unsere Gesellschaft. Menschen, die sich ständig beobachtet und überwacht fühlen, können sich nicht unbefangen und mutig für ihre Rechte und eine gerechte Gesellschaft einsetzen. Eine solche Gesellschaft wollen wir nicht!

Der vermeintliche Sicherheitsgewinn, mit dem Überwachung und Kontrolle oft begründet werden, ist mehr als zweifelhaft: Die Anhäufung von Informationen über die Bevölkerung bietet keinen besseren Schutz vor Kriminalität, kostet uns jährlich aber Milliarden von Euro. Gezielte und nachhaltige Maßnahmen zur Stärkung der Sicherheit bleiben dabei genauso auf der Strecke wie die Lösung drängender Probleme, etwa der Arbeitslosigkeit und der ungleichen Lebenschancen in unserem Land. Darüber hinaus weicht die verstärkte Kompetenzvermischung und Zusammenarbeit zwischen Polizei, Geheimdiensten und Militär die bisherige Balance staatlicher Gewaltenteilung auf. Das führt nicht nur zur Aufhebung rechtsstaatlicher Grenzen der Überwachung im Inland, sondern auch zur zunehmenden Abschottung unserer Gesellschaft nach Außen.

Die Überwachung des Alltags betrifft nicht nur Minderheiten, sondern uns alle: Sie beeinträchtigt die Freiheit unseres Glaubensbekenntnisses, unsere Meinungs- und Informationsfreiheit, die freie Arbeit der Medien, die Koalitionsfreiheit und die Integrität von Unternehmen. Viele zivilgesellschaftliche Organisationen und Berufsgruppen sehen sich in besonderem Maße der Überwachung und Kontrolle ausgesetzt, etwa die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Beratungsdiensten, Ärztinnen und Ärzte, Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, Journalistinnen und Journalisten, Rechts-anwältinnen und Rechtsanwälte.

Der Respekt vor unserer Privatsphäre ist ein wichtiger Teil unserer menschlichen Würde, beruflich wie privat. Eine freie und offene Gesellschaft kann ohne bedingungslos private Räume und Kommunikation nicht existieren. Deshalb rufen wir alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich an der Demonstration am 12. September 2009 in Berlin zu beteiligen. Wir wollen unsere Sorge um den Zustand des Datenschutzes lautstark zum Ausdruck bringen und ein deutliches Zeichen dafür setzen, dass viele Menschen für ihre Freiheitsrechte wieder auf die Straße gehen!

Treffpunkt für die Demonstration "Freiheit statt Angst 2009" ist am Samstag, den 12. September 2009 um 15.00 Uhr am Potsdamer Platz. Der Protestmarsch durch die Stadt wird mit einer großen Abschlusskundgebung am Roten Rathaus enden. Auf der Webseite http://www.FreiheitStattAngst.de finden sich jeweils die neuesten Informationen zur Demonstration und den Möglichkeiten, bei der Vorbereitung der Demonstration mitzuhelfen

Unsere Forderungen (Entwurf)

1. Überwachung abbauen

  • Abschaffung der flächendeckenden Protokollierung der Kommunikation und unserer Standorte (Vorratsdatenspeicherung)
  • Abschaffung der flächendeckenden Erhebung biometrischer Daten, sowie von RFID-Ausweisdokumenten
  • Schutz vor Bespitzelung am Arbeitsplatz durch ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz
  • Berücksichtigung des Datenschutzes für Bürger- und Arbeitnehmer/innen bereits in der Konzeptionsphase aller öffentlicher eGovernment-Projekte
  • Keine einheitliche Schülernummer (Berliner SchülerID)
  • Keine Weitergabe von Informationen über Menschen ohne triftigen Grund; keine europaweite Vereinheitlichung staatlicher Informationssammlungen (Stockholmer Programm)
  • Keine systematische Überwachung des Zahlungsverkehrs oder sonstige Massendatenanalyse in der EU (Stockholmer Programm)
  • Kein Informationsaustausch mit den USA und anderen Staaten ohne wirksamen Grundrechtsschutz
  • Abbau von Videoüberwachung und Verbot des Einsatzes von Verhaltenserkennungssystemen
  • Keine pauschale Registrierung aller Flug- und Schiffsreisenden (PNR-Daten)
  • Keine geheime Durchsuchung von Privatcomputern, weder online noch offline
  • Keine Einführung der Elektronischen Gesundheitskarte in der derzeit geplanten Form

2. Evaluierung der bestehenden Überwachungsbefugnisse

Wir fordern eine unabhängige Überprüfung aller bestehenden Überwachungsbefugnisse im Hinblick auf ihre Wirksamkeit, Kosten, schädliche Nebenwirkungen und Alternativen.

3. Moratorium für neue Überwachungsbefugnisse

Nach der inneren Aufrüstung der letzten Jahre fordern wir einen sofortigen Stopp neuer Gesetzesvorhaben auf dem Gebiet der inneren Sicherheit, wenn sie mit weiteren Grundrechtseingriffen verbunden sind.

4. Gewährleistung der Meinungsfreiheit und des freien Meinungs- und Informationsaustauschs über das Internet

  • keine Beschränkung des Internetzugangs durch staatliche Stellen oder Internetanbieter (Sperrlisten)
  • keine Sperrungen von Internetanschlüssen.
  • Verbot der Installation von Filtern in die Infrastruktur des Internet.
  • Entfernung von Internet-Inhalten nur auf Anordnung unabhängiger und unparteiischer Richter.
  • Einführung eines uneingeschränkten Zitierrechts für Multimedia-Inhalte, das heute unverzichtbar für die öffentliche Debatte in Demokratien ist.
  • Schutz von Plattformen zur freien Meinungsäußerung im Internet (partizipatorische Websites, Foren, Kommentare in Blogs), die heute durch unzureichende Gesetze bedroht sind, welche Selbstzensur begünstigen (abschreckende Wirkung).

Weitere UnterstützerInnen für den Aufruf werden gesucht. Wer mit aufrufen will, schreibt dies bitte an <kontakt(at)vorratsdatenspeicherung.de>.

Das Demo-Wiki wird jetzt nach und nach gefüllt, in Kürze wird es auch Banner, Flyer, ein angepasstes Pagepeel und mehr geben. Wer Ideen dazu hat: Einfach ins Wiki damit!

Auch AktivistInnen in anderen Ländern werden sich hoffentlich wieder in großer Zahl beteiligen. Eine englische Fassung des Aufruftextes wird gerade erstellt.

Ab dem 6. Juli wird es wieder ein Demo-Büro in Berlin geben, das auch als Anlaufstelle für AktivistInnen und HelferInnen fungiert: Hessische Straße 10, 10115 Berlin, Tel: 030/4882 0640 oder 030/4882 0641.

So eine Demo kostet natürlich viel Geld. Dazu steht folgendes Spendenkonto zur Verfügung (steuerabzugsfähig): Kontoinhaberin: Humanistische Union, Kontonummer: 30 74 250, Bankleitzahl: 100 205 00 (Bank für Sozialwirtschaft)

Update: Weil es schon Nachfragen gab und das bei den Suchmaschinenergebnissen auch etwas verwirrend sein kann: Das breite Demobündnis, um das es hier geht (bisher sind u.a. bei der Vorbereitung beteiligt: AK Vorrat, CCC, FoeBuD, FIfF, Humanistische Union, NNM, Piratenpartei, Grüne, Linke, Junge Liberale, ver.di, Neue Richtervereinigung, German Privacy Foundation) ist nicht zu verwechseln mit dem umstrittenen "Aktionsbündnis Freiheit statt Angst", über das wir leider schon mal berichten mussten.

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27 Ergänzungen

  1. >>Entfernung von Internet-Inhalten nur auf Anordnung unabhängiger und unparteiischer Richter.<<

    LOL? Richter sind per Definition unabhängig und unparteiisch. Alles andere nennt man Befangenheit. Selbst für einen Entwurf von Forderungen ein ziemlich peinlicher Fehler.

  2. @Treknor: Vielleicht ist damit auch eher der Hinweis gegeben, dass bisher eben nicht Richter(seien sie nun unabhängig und unparteiisch – klar sind die das :D) sondern Politik und Polizeiorgane, etc. solche unliebsamen Internetinhalte entfernen wollen. Hier liegt kein peinlicher Fehler vor! Lese bitte nochmal die Forderungen durch, und du wirst verstehen was es bedeutet.

  3. sorry.. das lese ich anders. Diese Formulieren setzt vorraus das es auch Richter gibt die grundsätzlich befangen sind. Das nun wiederum kann man so nicht stehen lassen.

    Deine Erklärung ist zwar gut… aber warum schreibt man das dann so? Warum muß das immer erst erklärt werden?

    Warum nicht einfach
    >>Entfernung von Internet-Inhalten nur auf Anordnung von Richtern.<< ??

    damit ist alles klar und die man betont auch gleich noch den Willen zur Gewaltenteilung.

    Mag sein, dass es jetzt wie Erbsenzählerrei aussieht aber ich finde solche Formsachen wichtig.

    Mir stößt das sauer auf und ich kann das so nicht unterstützen.

    1. @Treknor: Danke für den Hinweis. Es ist so gemeint, wie Jonas schreibt, aber man kann es in der Tat missverstehen. Ich gebe das mal an das Demo-Bündnis weiter.

      1. ich dachte mir das auch, dass es so gemeint ist wie Jonas geschrieben hat… aber wenn wir ernstgenommen werden wollen, dann müssen wir solche Formalien beachten…. ja das ist nervig… aber lässt sich wohl nicht vermeiden

  4. Da „musste“ also „berichtet“ werden. Was für eine überhebliche Art des Umgangs mit Mitstreitern in der gleichen Sache.

    Na ja. Hoffen wir auf viele Menschen auf den Straßen Berlins und sonstwo. Am Ende dürfte diese Schlammschlacht sich dann erübrigen. Sofern dann nicht die Erbsenzählerei anfängt.

  5. @11: Ja, es musste berichtet werden. Es ist immer noch inakzeptabel und absolut unverständlich, wie Ricardo Cristof Remmert-Fontes sich diese beiden Namen der Community privatisieren wollte.

  6. Warum meckert Ihr eigentlich so. Frage mich jedesmal wieder, wie die CDU etc. auf so viele Stimmen kommen. Einfach nicht die entsprechenden Parteien wählen und das Problem ist vom Tisch.
    Schaut mal hier, einige Infos darüber, was die CDU so alles angestellt hat. Welcher normale Mensch kann so etwas da noch wählen. Entweder sind die meisten Deutschen Stroh dumm, oder stehen auf Sadomaso. Wie sonst kann man sich erklären, dass die immer wieder eine Partei wählen, von der sie so gequält werden.
    Die Regierung vertritt die Interessen von Großkonzernen und nicht die des kleinen Mannes, der aber die Mehrheit ausmacht. Dennoch wird die CDU etc. gewählt?

  7. @12: Es wurde nicht berichtet, es wurde eine persönliche Meinung zum Besten gegeben.

  8. „Frage mich jedesmal wieder, wie die CDU etc. auf so viele Stimmen kommen. Einfach nicht die entsprechenden Parteien wählen und das Problem ist vom Tisch.“

    Tja leider sind die Leute, die wie Du denken absolut in der Minderheit was die Wähler angeht! Die Diskussion im Netz bzgl. Bürgerrechte etc. bringt wirklich nur dann etwas, wenn alle Beteiligten tatsächlich als kleinstes Übel die Piratenpartei wählen würden und diese tatsächlich in den BT kommt.
    Die CDU kann nur abgewählt werden, wenn die Netzbewegung mehr auf Ottonormalverbraucher zu geht. Dieser versteht unsere Probleme nicht – wir sind einfach über besorgt, laut schreiende Meckler – ihm scheint die CDU trotzt ihrer offenen Lügen und Mauscheleien noch immer die beste Wahlvariante zu sein. Der Großteil der CDU-Wähler glaubt einfach seiner Partei, alles wird irgendwie gut und richtig sein. Echtes hinterfragen gibt es nicht! Leider:-(((

  9. Liebe Freundinnen und Freunde,
    liebe Unterstützerinnen und Unterstützer,
    sehr geehrte Damen und Herren,

    leider müssen wir aus aktuellem Anlass noch einmal Stellung zum Netzpolitik.org-Artikel nehmen, da padeluun vom FoeBuD e.V. sich befleissigt sah, heute folgenden Textpassage an die potenziellen Bündnispartner zu schicken:

    „Hinweis in eigener Sache: Zwei ehemalige Mitstreiter des Arbeitskreises
    Vorratsdatenspeicherung haben zum gleichen Tag und Zeitpunkt eine Demo mit identischem Namen angemeldet. Diese sich selbst „Bündnis“ nennende Leute firmieren unter wechselnden Anschriften, zuletzt unter der Adresse des ehemaligen AK-Aktiven Lotar Küpper in der Berliner Jupiterstraße.
    Bei Interesse finden Sie Hintergründe bei netzpolitik.org:
    http://netzpolitik.org/2009/aktion-fsa-aktionsbuendnis-freiheit-statt-angst/

    Unsere Stellungnahme findet sich hier:
    http://www.aktion-freiheitstattangst.org/startseite/74-aktivitaeten/398-20090703-stellungnahme-zum-netzpolitikorg-artikel

    Wir bitten, diese Auseinandersetzung zu entschuldigen und hoffen, mit dieser Stellungnahme erstens signalisieren zu können, daß wir an konstruktiven Lösungen interessiert sind und zweitens, daß die Vorwürfe nicht haltbar sind.

    Viele Grüße/Best regards,
    Ricardo Cristof Remmert-Fontes

    Mobile: +49-170-2487266
    E-Mail: rcrf [at] aktion-fsa [dot] de


    Aktion Freiheit statt Angst e.V. (i.Gr.)
    (Aktionsbündnis Freiheit statt Angst)

    Jupiterstrasse 18 * D-12057 Berlin

    Fon: +49-30-692099221
    Fax: +49-30-692099229
    E-Mail: kontakt [at] aktion-fsa [dot] de
    Web: http://www.aktion-freiheitstattangst.org

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