Deep Purple muss Bussgeld an sich selbst zahlen wegen „nicht lizensierter“ Aufführung eigener Songs

Absurditäten des Urheberrechts, diesmal: Russland.

Deep Purple haben im Oktober letzten Jahres in Rostov am Don ein Konzert gespielt, natürlich mit ihren eigenen Songs. Leider hatten sie vorher die Aufführungsrechte nicht von der Russischen Autoren-Gesellschaft (das scheint sowas wie eine russische GEMA für ausländische Künstler zu sein) klären lassen. Die Band hatte offenbar weder von dieser Gesellschaft jemals gehört noch ihr irgendwelche Verwertungsrechte übertragen. Das Bezirksgericht von Kirowski hat Deep Purple am 16. Juni trotzdem zur Zahlung eines Bussgeldes in Höhe von 30.000 Rubel für jeden "nicht-lizensierten Song" verurteilt – insgesamt 450.000 Rubel (ca. 9860 Euro).

Das Beste ist aber: Der Betrag geht an das "Opfer" der nicht genehmigten Aufführung , nämlich eine Band namens … – Trommelwirbel! Tusch! – Deep Purple.

Die Russischen Autoren-Gesellschaft behält eine Bearbeitungsgebühr für sich selbst, das ist also deren Geschäftsmodell. Ich kenne sowas als Schutzgelderpressung, Wegelagerei oder höflicher: private Steuern.

(via Techdirt )

Update: Oh, das war wohl der lokale Konzertveranstalter, der verurteilt wurde, nicht Deep Purple selber . Aber der hat sein Geld natürlich mit dem Auftritt von Deep Purple gemacht und davon bereits die Band bezahlt. Absurd bleibt es so oder so.

Update 2: Wieder was gelernt: 1) Ich werde nie wieder ungeprüft eine Meldung aus Techdirt übernehmen. 2) Offenbar ist es mit der GEMA sogar schlimmer als mit der Russischen Autoren-Gesellschaft.

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21 Ergänzungen

  1. Es geht nicht um fehlende Zensierung, sondern um fehlende Lizenzen, also „Lizenzierung“; „Lizensierung“ gibt es nicht. Gruß

  2. Nun, der Veranstalter hat ja auch hier die Pflicht, Angaben über die aufgeführten Songs zu machen, also GEMA GVL Anmeldung etc. Absurd ist aber tatsächlich, dass selbst, wenn die Band darauf keinen Wert läge, es nicht möglich wäre, die Abgaben zu umgehen. Demnach ist jeder Künstler, der sich einer Verwertungsgesellschaft angeschlossen hat, entmündigt. Eine kleine Klausel, die dem Künstler hier Entscheidungsfreiheit über sein eigenes Werk verliehe, wäre einfach ein Traum. Im Gegenteil aber, werden hierzulande nun die Abgaben für Live Musik um ein vielfaches erhöht. 3 Schritte zurück.. und mal wieder ein Grund mehr, genauer über Creative Commons nachzudenken.

  3. Wäre hier in Deutschland nicht anders, sogar wenn die Band selber der Veranstalter wäre.
    Also wenn das ein Kennzeichen für die „Urheberrechtliche Bananenrepublik“ Russland wäre, dann haben wir hier auch eine.
    Bevor man mit dem Finger auf Andere zeigt sollten erstmal die Mißstände hier in Ordnung gebracht werden!

  4. Also mit dem Update zum Artikel hat sich die Meldung ja eigentlich erledigt!

    Nach allgemeiner Rechtslage ist bei öffentlicher und kommerzieller Aufführung von Musik, und nichts anderes ist ein Konzert ja, Geld an die Autoren, also Komponisten und Texter der Songs zu zahlen. Und der Konzertveranstalter muss das zahlen, schliesslich kassiert er ja die Eintrittsgelder.

    Russland, bzw. die russische ‚GEMA‘, scheint hier übrigens besonders gut zu den Autoren zu sein! Lt. Bericht geht ja das ganze Geld, minus ‚Bearbeitungsgebühr‘, an die Autoren!

    In Deutschland ist das anders. Auch hier muss der Veranstalter für ein Konzert an die GEMA zahlen. Allerdings kriegen hier die Autoren nur einen Bruchteil der gezahlten Summe! Es wird nämlich nicht mehr ’nach Song‘ bezahlt, sondern nur noch pauschal. D.h. in Deutschland kriegen Autoren ein paar Euro aus einem grossen ‚Konzerttopf‘, egal ob sie ihre eigenen Sachen, oder nur Coversongs spielen.

    Gut, die Höhe der ‚Bearbeitungsgebühr‘ in Russland wäre noch interessant. Zwischen 10-20% wären sicher ok. Die Schutzgelderpressung findet dagegen in Deutschland statt! Hier behält die GEMA 90% und mehr von dem Geld, das die Konzertveranstalter für ein solches Konzert zu zahlen hätten!

    Gruss

  5. Mittlerweile haben die Veruteilen wohl schon Berufung eingelegt.
    Gestützt vor allem darauf, dass es in diesem Fall für die Urheber wohl nicht „individuell schiwierig“ gewesen sei, die entsprechenden Rechte wahrzunehmen, wie es Art. 1242 Pkt. 1 des russischen Zivilgesetzbuches für die Tätigkeit von russischen Wahrnehmungsgesellschaften vorschreibt.

    Das Urteil und die Berufungsschrift finden sich im Original hier:

    http://forum.yurclub.ru/index.php?showtopic=233057

  6. Wenn da nur eine Bearbeitungsgebühr abgeht, dann ist das System in Russland viel besser (wenn auch immer noch scheiße) als in Deutschland wo sehr viel mehr von den Wegelagerern der GEMA einbehalten wird.

  7. Es ist zwar nur eine Kleinigkeit, aber zum wiederholtem mal taucht hier eine Falschmeldung!!!
    Ich meine sind wir hier auf einem Markt, wo jeder schreit was er will? Und dann wollen wir hier ernsthaft über die Vorratsdatenspeicherung diskutieren. Na, ich weis nicht.

  8. Ein deutsches Beispiel:

    Wenn man als Komponist bei der GEMA ist, und seine eigenen Werke auf seiner Homepage zum Download anbietet, muss man für jeden Download der GEMA Gebühren bezahlen. Abzüglich der Verwaltungsgebühren geht das dann wieder an den Komponisten.

    Nur das Streamen ist, wiederum unter erheblichem bürokratischen Aufwand, für den Komponisten kostenlos möglich.

    http://www.youtube.com/watch?v=uHuDuozjck0&feature=player_embedded

  9. Dem Kommentar von Franz Haarmann ist nur zuzustimmen.
    In dem konkreten Fall wäre es auch interessant zu wissen, ob die Zusammensetzung der Band überhaupt Autoren der Songs beinhaltete.

    Der „Abrechnungsmodus“ der deutschen Gema ist m.E. schlicht kriminell, was ürsprünglich als Schutz der Künstler vor Ausbeutung durch Veranstalter und Medien gedacht war, hat sich längst in sein Gegenteil verkehrt.

    Ich kann nur jedem Deutschen Künstler davon abraten Mitglied in dem Verein zuwerden…

  10. Das ist überhaupt nicht absurd und exakt die gleiche Regelung wie in Deutschland. Deep Purple hat nämlich nicht ausschließlich Songs von Deep Purple gespielt (Bands können nämlich keine Songs schreiben sondern nur Personen).

    Ich wette, sie haben „Smoke on the Water“ bei dem Konzert gespielt – Komponisten & Textdichter laut GEMA-Datenbank:
    BLACKMORE, RICHARD
    GILLAN, IAN
    GLOVER, ROGER DAVID
    LORD, JON
    PAICE, IAN ANDERSON

    Richard Blackmore und Jon Lord haben aber bei dem Konzert gar nicht mitgespielt, weil sie seit Jahren nicht mehr Mitglied bei Deep Purple sind. Dass sie trotzdem Geld bekommen finde ich mehr als gerecht, da ja Deep Purple und der Konzertveranstalter mit der Kreativität und Arbeit der beiden Geld verdienen.

    Wie gesagt: die Praxis in Deutschland ist die exakt gleiche: Band spielt Konzert (für Gage oder Umsatzbeteiligung), Konzertveranstalter meldet Konzert der Gema, zahlt die entsprechende Gebühr, die abzüglich Verwaltungskosten an die Komponisten und Texter (nicht an die Musiker!) geht. Ich sehe nichts, was daran auszusetzen wäre. Ohne Verwertungsgesellschaft müsste der Konzertveranstalter erst einmal persönlich Kontakt zu allen Komponisten und Textdichtern herstellen und jedem einzelnen sein anteiliges Honorar überweisen. Wäre im Falle Deep Purple gerade noch überschaubar, im Falle einer Coverband jedoch vollkommen unpraktikabel.

    Das daraus überhaupt eine Meldung gemacht wird kann ich nur dem Sommerloch zuschreiben. „Konzertveranstalter „vergisst“ Meldung eine Konzertes bei der Verwertungsgesellschaft.“ Sowas passiert täglich und überall, möchte ich mal sagen

    Viele Grüße von Zippo!

    1. Kleine, aber wichtige Korrektur:

      Der im Artikel für Russland beschriebene Modus ist ja ok, zumindest wenn man akzeptiert, das für öffentlich und kommerziell gespielte Musik die Autoren eine Vergütung erhalten: Musiker bekommen ihre Gage für den Auftritt und die Komponisten und Texter bekommen für die gespielten Songs nach Abrechnung durch die ‚Verwertungsgesellschaft‘.

      Das war früher in Deutschland auch so, ist aber heute anders! In Deutschland werden bei Konzerten nur noch Pauschalen nach Hallengrösse usw. an die GEMA gezahlt! Es werden aber keine einzelnen Songs mehr aufgelistet! Das bedeutet, das auch diese Gelder in den grossen geheimnisvollen ‚GEMA-Topf‘ wandern. Und für den grossen Topf gilt die Regel, stark vereinfacht: 80% der Einnahmen an 20% der Mitglieder! Gerade kleine Bands, die ihre Songs selber schreiben, kriegen meist weniger als ein Viertel der Gelder, die der Veranstalter an die Gema zahlen muss. Den Rest kriegen Bohlen, Grönemeyer und Konsorten. Das ist die Sauerei in Dland!

      (Und spätestens jetzt haben Kommentare und Artikel-Überschrift nix mehr miteinander zu tun. Mein Tip: Überschrift und Artikel ändern;))

  11. Deep Purple dürfte ganz gut davon leben können, dass dutzende Bands jeden Tag auf öffentlichen Konzerten ihre Songs nachspielen. Deswegen sind die auch Mitglieder in einer Verwertungsgesellschaft. Natürlich müssen sie ihre eigenen Aufführungen dann auch bezahlen. Natürlich könnten die Komponisten alle Rechte an ihren Kompositionen abtreten, dann käme es nicht mehr zu solchen „Bizarritäten des Urheberrechts.“ Da es sich für sie auszahlt, tun sie es aber nicht.

    Solche „fühlt sich irgendwie komisch an“-Blogposts müssen doch nicht unbedingt sein, oder?

  12. Wenn es Ausnahmeregelungen von der Gema-Gebühr geben würde, kann ich mir gut vorstellen wie bei den Konzerten das Bescheißen losgeht.
    Dann haben Deep Purple auf einmal nur Songs gespielt, bei denen keine ehemaligen Bandmitglieder mitkomponiert haben… usw.
    Dann müssten die Verwertungsgesellschaften massig Kontrolleure einstellen, die die Konzerte besuchen, was wieder die Bearbeitungsgebühren erhöhen würde, etc…
    Beiträge an die Künstlersozialkasse zahlen Veranstalter auch kaum, obwohl sie dazu verpflichtet sind.

    Und wenn es in Zukunft für große Konzerte endlich keine Gema-Rabatte mehr gibt, dann sollten die Konzertveranstalter eben die Gema-Gebühren einfach von der Gage abziehen und die Sache hat sich erledigt, denn die Band bekommt ja am Ende des Jahres eine entsprechend höhere Gema-Ausschüttung.

    Für Gema-Mitglieder, die ihre eigenen Werke auf die Homepage stellen wollen gibt es im Übrigen günstigere Tarife, und außerdem bekommen sie einen Großteil der Gebühren wieder ausgeschüttet.

  13. Die Künstlergage, die eine Band für einen Auftritt erhält, ist zu trennen von der urheberrechtlichen Vergütung für die öffentliche Aufführung der Musik. In Deutschland wird der GEMA im „GEMA-Berechtigungsvertrag“ ein ausschließliches Recht eingeräumt, d.h. der Urheber kann über diese Rechte selbst nicht mehr verfügen. So wird es auch in anderen Ländern gehandhabt: http://www.bemuso.com/musicbiz/collectionsocieties.html
    Die Rechte werden der GEMA übrigens „für alle Länder“ (§ 1 GEMA) übetragen.

  14. Ich bin auf diesen Blogeintrag gestoßen, weil ich gerade recherchiere, ob ich der GEMA beitreten sollte. Wie es aussieht, wohl eher nicht. Ich habe meines eigenes Label gegründet und will CDs pressen lassen. Wenn ich bei der GEMA angemeldet bin, muss ich für meine eigenen Songs bei 500 Stück knapp 500€ an die GEMA zahlen. Ob ich dafür jemals etwas zurück kriege, ist fraglich, da keine der CDs über einen Scanner gezogen verkauft werden, sondern über Mailorder und bei Konzerten. Dass meine Songs schon im Radio gespielt werden, nützt mir dann auch herzlich wenig.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.