Bundestag debattiert über das Internet

Der Bundestag hat heute über den „Medien- und Kommunikationsbericht der Bundesregierung 2008“, über die Wikipedia und Soziale Netzwerke debattiert. Die Vorab-Veröffentlichung des Plenarprotokolls ist jetzt schon online. Und durchaus amüsant zu lesen. Auch wenn die Formatierung zu wünschen lässt, was der Lesbarkeit etwas schadet. Gibt es dazu eigentlich auch eine Audio-Aufzeichnung irgendwo? Die Debatte ist direkt am Anfang, nach den Geburtstag-Glückwünschen (Zwei wurden 60, einer sogar 70).

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7 Ergänzungen

  1. Unter anderem findet sich in dem (zugegebenermaßen recht langen und wirklich unschön formatierten Protokoll) deutlich später. Dorothee Bär (CDU/CSU) spricht gerade, als Jörg Tauss (wie so oft) einen Zwischruf einbringt:

    „[…] Trotzdem müssen wir uns den Veränderungen auch diesbezüglich ständig anpassen. Im Unterausschuss ?Neue Medien? haben wir sehr viele interessante Anhörungen durchgeführt. Ich denke zum Beispiel an das Thema Onlinesucht. Das stelle ich auch fest, wenn ich mir die Kinderpornografie im Netz anschaue.

    (Jörg Tauss (SPD): Was? Das schaut man sich aber nicht an!)

    – Herr Tauss, das ist kein Thema, über das man Witze macht. […]“

  2. Zitat aus dem Protokoll zum Redebeitrag von Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP):

    Es gab gestern eine Anhörung im Wirtschaftsausschuss zu einem der wichtigsten Gesetze, die es im Bereich des Internets gibt, nämlich zum Telemediengesetz. Diese Anhörung – übrigens zu einem Gesetzentwurf der FDP – hat gezeigt: Wir brauchen dringend präzisere Haftungsregelungen, die die Innovationsfähigkeit und die Meinungsfreiheit im Internet stärken. Es darf nicht sein, dass ganze Meinungsforen oder Wikipedia abgeschaltet werden müssen, nur weil sich irgendjemand – manchmal auch aus der Linkspartei – durch dort von einem Dritten vorgebrachte Äußerungen gestört fühlt. Die Regierungsfraktionen und die Bundesregierung sind aufgefordert, schnellstmöglich, noch in dieser Legislaturperiode, das Telemediengesetz zu ändern.


    Ich bin kein Fan der FDP, aber manchmal haben sie im Bezug auf die Bürgerrechte noch was gutes zu sagen

  3. Noch ein paar Zitat-Schnipsel:

    Fritz Kuhn (Grüne)
    Ich will Ihnen einmal ein Beispiel nennen. Für das im Bericht und auch von Ihnen gerade reklamierte Ziel der Medienfreiheit sind Themen wie Onlinedurchsuchung und Vorratsdatenspeicherung elementar. Was Innenminister Schäuble in diesem Bereich gemacht hat, das sind Anschläge auf die Rundfunk- und Medienfreiheit, und zwar sowohl der Mediennutzerinnen und Mediennutzer als auch der Journalistinnen und Journalisten.
    […]

    Das Thema der digitalen Spaltung bezieht sich nicht nur auf die Frage – davor warne ich -, wer richtig angeschlossen ist, sondern bezieht sich vor allem auf die Frage, wer über die entsprechenden Kompetenzen verfügt, um die Mediennutzung so praktizieren zu können, dass sie wirklich weiterhilft.

    Wir haben ein Mediensystem, das unendliche Mengen von Informationen liefert. Aus diesen Informationen aber Wissen zu machen – also das eigenständige Verarbeiten von Informationen -, ist eine Frage der Medienkompetenz, die nicht allein in den Medien oder durch die Medien erworben werden kann. Wer die Medienkompetenz voranbringen will, der muss bei den Bildungssystemen der Länder einen Durchbruch für mehr Medienkompetenz schaffen. […]
    In dem Bericht steht an mehreren Stellen, Schulen und Eltern müssten einen größeren Beitrag leisten. Dazu sind aber Mittel und Ressourcen notwendig, weil der Erwerb von Medienkompetenz – aus Informationsbergen sich selbst qualifiziertes Wissen erarbeiten zu können – ein sehr schwieriger Prozess ist, bei dem man methodisch und pädagogisch geleitet werden muss und Unterstützung braucht. Deshalb ist ein anderer Stellenwert der Medien insgesamt und der Computer im Besonderen an unseren Schulen erforderlich. Ein bisschen Informatik reicht nicht. […]

    =====
    Dorothee Bär (CDU/CSU):

    […]Im Unterausschuss ‚Neue Medien‘ haben wir sehr viele interessante Anhörungen durchgeführt. Ich denke zum Beispiel an das Thema Onlinesucht. Das stelle ich auch fest, wenn ich mir die Kinderpornografie im Netz anschaue.
    (Jörg Tauss (SPD): Was? Das schaut man sich aber nicht an!)

    – Herr Tauss, das ist kein Thema, über das man Witze macht. – Wir stehen ständig vor neuen Herausforderungen. […]
    Es ist gerade bei diesem Thema ganz wichtig, dass man auf Augenhöhe diskutieren kann. Die Schüler, die Jugendlichen dürfen mit diesem Medium und den Gefahren, die sich dahinter verbergen, nicht alleine gelassen werden. Die Eltern müssen ihre Kontrollfunktion wahrnehmen können. Natürlich werden Eltern, Erzieher und Pädagogen nie auf demselben Stand sein wie die Kinder. Das ist völlig klar. Uns machen die heute Zehnjährigen Dinge vor, die wir uns als Zehnjährige nicht haben vorstellen können. Wenn die heute Zehnjährigen 30 oder 40 Jahre alt sind, werden auch ihnen die Jüngeren etwas vormachen, weil diese dann im Umgang mit neuen Medien wesentlich fitter sein werden.[…]

  4. einen hab ich noch, den letzter Redner zu dem Thema, Jörg Tauss (SPD):

    […]Für wie wichtig dieses Thema gehalten wird, zeigt sich an der Beteiligung des Bundesrates; das ist schon angesprochen worden. Ich halte es für beschämend dass, obwohl es um die zentrale politische Frage der Zuständigkeit der Bundesländer geht, kein Vertreter des Bundesrates hier ist.
    Aus diesem Grunde teile ich die Kritik, die geäußert worden ist: Medienpolitik wurde als parlamentsfreier Raum bezeichnet. In der Tat gibt es kaum ein Politikfeld, das parlamentsferner ist. […]

    […]Ich will in diesem Zusammenhang einmal sagen: Ich bin ein begeisterter Twitterer, benutze Facebook und all die hübschen Dinge, die es da gibt.
    Für diejenigen, die das noch nicht kennen: Twitter, das sind SMS-Blogs. Gestern gab es im Twitter eine Diskussion darüber, ob Twitter-Beiträge eine Nachrichtenagentur ersetzen können. Ich sage in aller Deutlichkeit: Nein. Bei Twitter geht es um persönliche Meinungsäußerungen, um individuelle Kommunikation. Ich will, dass es weiter Nachrichtenagenturen gibt, dass es Zeitungen gibt, dass es öffentlich-rechtliches Fernsehen gibt – aber auch, dass es privates Fernsehen gibt -, will, dass ausgebildete, engagierte Journalistinnen und Journalisten tatsächlich unbeeinflusst von Staatskanzleien, frei, unabhängig, demokratisch uns kontrollieren, Meinungsvielfalt herbeiführen.[…]

    […]Den Deutschen Computerspielpreis sollten Sie nicht gering schätzen, Kollege Kuhn, gerade angesichts dessen, dass Sie hervorgehoben haben, was Freiheit in dieser Gesellschaft ausmacht. Wir haben über Computerspiele oft nur in negativen Zusammenhängen diskutiert, haben Jugendliche, die Computerspiele spielen, als potenzielle Gewalttäter dargestellt. Ich kann nur iederholen: Auch ich habe schon Counter-Strike gespielt und bin noch nicht marodierend durch den Bundestag gezogen. – Gut, ich habe vielleicht andere Auffälligkeiten. – Wir sollten zurückhaltend sein, wenn sich die junge Generation eines Kulturgutes bedient, das sich vielen in meiner Generation nicht erschließt. Der Deutsche Computerspielpreis wird dieses Jahr ausgerechnet in Bayern vergeben. Nichts gegen die lieben bayerischen Kolleginnen und Kollegen! Aber dem Bundesrat liegt noch immer ein Gesetzesantrag Bayerns vor, ?Killerspiele? zu verbieten. Kollegin Bär, ich würde vorschlagen: Nehmt diesen Antrag endlich von der Tagesordnung! Das wäre sinnvoll. […]

    […]Bei diesem Thema gab es allerdings in letzter Zeit ein paar Punkte, die wir zum Anlass genommen haben, um über Pressefreiheit und den Schutz von Journalistinnen und Journalisten etwa bei Onlinedurchsuchungen zu diskutieren. Diese Diskussion haben wir Medienpolitiker allerdings nicht immer erfolgreich geführt; da stimme ich zu. Aber die Herausforderung, Pressefreiheit, Medienfreiheit und -vielfalt zu verteidigen, ist die zentrale Aufgabe.[…]

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.