BMWI Expertenworkshops zur Bekaempfung der Internetpiraterie

Im Moment finden vom Bundeswirtschaftsministerium veranstaltete Workshops zur „Pirateriebekämpfung“ statt. Bei Wikileaks finden sich mittlerweile freundlicherweise die Tagesordnungen und erste Protokolle: BMWI Expertenworkshop zu Kooperation bei der Bekaempfung der Internetpiraterie, 11 Aug 2009.

Das 15-seitige Dokument stellt einen Ueberblick ueber eine Reihe von „Expertenworkshops“ des Bundesministeriums fuer Wirtschaft und Technologie zum Thema Internetpiraterie dar, und beinhaltet das Ergebnisprotokoll des ersten Treffens vom 11. August 2009. Teilnehmer der Meetings sind verschiedene ISPs sowie zahlreiche Vertreter aus der Wirtschaft (IRIS Media, NBC, Microsoft, Universal, GVU und andere). Ziel der Workshops ist unter anderem eine gemeinsame Erklaerung der Teilnehmer. Weitere Workshops sind geplant fuer den 18. und 25. August 2009.

Bleibt zu hoffen, dass weitere Protokolle auch an die Öffentlichkeit kommen. Wenig überraschend ist die fehlende Einbindung der Zivilgesellschaft. Noch nicht einmal der Verbraucherzentrale Bundesverband scheint eingeladen worden zu sein. Ansonsten liest sichd ie Teilnehmerrunde wie ein Who is Who der Rechteindustrie und vermutlich soll damit Druck auf die Provider ausgeübt werden, um Internetsperrungen bei Urheberrechtsverstössen vorzubereiten.

Hier ist das Dokument als PDF bei uns gespiegelt.

Heute tagt die Arbeitsgruppe auch wieder. Wir würden uns über weitere Informationen sehr freuen. Gut möglich, dass der einer oder andere Leser dabei sein könnte.

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15 Ergänzungen

  1. Nur aus Interesse: Was würdest du in diesem Kontext als „die Zivilgesellschaft“ bezeichnen, also wer hätte eingeladen sein müssen, damit das den Anforderungen von Pluralismus entsprochen hätte?

    1. Ein guter Ansprechpartner um die Sinnigkeit und den Unsinn einzelner Vorschläge aufzudecken wäre der CCC, der auch gerne mal vom Bundesverfassungsgericht um Stellungnahme zu Sachverhalten gebeten wird.
      Aber bei dieser Regierung hat der Verein natürlich keine Chance in solchen Gremien mit einbezogen zu werden.

  2. Wenn man sich die Tagesordnungen anschaut, sind dort nur Vertreter der Rechteindustrie und Urheberverbände auf der einen Seite, sowie Vertreter der Provider auf der anderen Seite (Einige große Provider stehen ja mittlerweile zwischen den Stühlen). Wenn noch nicht einmal Verbraucherschützer eingeladen sind, läuft da richtig was schief.

  3. @markus:
    nein, aus deren Sicht läuft da gerade alles genau richtig!
    Man braucht sich ja nur Teilnehmer und Themen im PDF durchlesen um zu sehen, dass da die eigentlichen Internetnutzer bzw. deren Interessensvertreter nur stören würden.

    Die Piratenpartei ist sowas von nötig…

  4. So schlimm ließt sich das Protokoll eigentlich nicht.
    Z.b Fr. Tilly:

    „Frau Dr . Tilly spricht sich ebenfalls gegen repressive Maßnahmen aus, für
    die aktive Entwicklung der legalen Märkte und für die Aufklärung und
    Information der Kunden.
    Ihrer Meinung nach müsse die Überlegung dahin gehen, was die Kriterien
    für den Kunden für den illegalen Download seien: unbegrenzte Anzahl,
    Dauer, Abspielbarkeit . Vodafone sei bereit , zur Lösung des Problems
    eigene weitere I nvest it ionen zu tät igen. Konkurrenzfähige Produkte
    müssen angeboten werden und Vorbehalte seitens der Rechteinhaber
    abgebaut.“

    Oder Herr Engeln:
    „…Das Netz brauche seiner Meinung nach
    keine neuen Regeln, sondern endlich bezahlbare und benutzbare Inhalte.“

    Besonders gefiel mir die Aussage von Herr Hebig:
    „…Zum Thema der
    Innovativen Nutzung des Netzes habe man in Deutschland durch den
    Vorschlag von Frau Von der Leyen nicht eben viel beigetragen…“

    oder:
    „Die Schuldigkeit (eines Illegalen Downloads, ich) könne nur durch einen Richter festgestellt werden, durch
    niemanden sonst . Der Arbeitskreis Internetzensur habe gerade
    exemplarisch gezeigt , wie es möglich sei, innerhalb von Stunden gegen
    Missbrauch vorzugehen. Sein Schlusszitat sei das von Benjamin Franklin:
    wer die Freiheit aufgäbe, um Sicherheit zu gewinnen würde am Ende
    beides verlieren.“

    Leider zeigen sich nicht alle Teilnehmer des Workshops derart vernünftig.

    Dirk

  5. Das Statement von Frau Dr. Schulze (Kanzlei Silvestro für NBC Universal) klingt dagegen eher nach einer Ausweitung der Kinderporno-Sperren. Es war ja absehbar, dass damit auch den Begehrlichkeiten der Industrie Tür und Tor geöffnet wurde:

    „(…) Zum zweiten die Lösung mit tels Technologie. Wobei die Zahl der tatsächlichen Sperrungen sich in den USA bei derzeit um die 0.005 bewege. Die Seitensperrungen von überwiegend illegalen Seiten könne nach einer Serie von sachlichen Kriterien vorgenommen werden, die von Regierungsseite zu entwickeln seien. Sie erwarte vom Wirtschaftsdialog und der Regierung ein eindeut iges Statement aller Beteiligten zur Reduzierung der Internetpiraterie.“

    Mal abwarten, ob und welche „sachlichen Kriterien“ da nun entwickelt werden.

  6. Wo die Reise nach der Wahl hingehen wird zeigt doch der Entwurf des Regierungsprogramms der CDU :

    ZITAT
    Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Wo es angesichts der geringen Schwere von Straftaten vertretbar ist, soll eine Selbstregulierung greifen. Wir möchten nach britischem und französischem Vorbild Rechtsverletzungen effektiv unterbinden, indem die Vermittler von Internetzugängen Rechtsverletzer verwarnen und nötigenfalls ihre Zugänge sperren.
    ZITATENDE

    Nachzulesen bei Wikileaks

    In der dann veöffentlichten Fassung fehlt dieser Abschnitt.

  7. Beim Querlesen fällt auf, dass:

    1) Tatsächlich mal wieder keine Nutzervertreter mit am Tisch sitzen, was vielleicht auch darauf zurückzuführen ist, dass die wenigen Lobbyorganisationen der Nutzer ( z.B. der CCC) nicht die Eintracht stören sollen, oder die Verbraucherschutzorganisationen bei dem Thema nicht viel Ahnung haben

    2) Bei den meisten Industrievertretern mittlerweile Ansätze von Vernunft eingekehrt sind, die aber die Politik noch nicht ganz erreicht haben

    Insgesamt halte ich das Protokoll der Veranstaltung nicht für skandalös, obwohl der Titel schlimmstes befürchten lässt.

    Skandalös dürfte eher sein, was ausserhalb solcher Veranstaltungen hinter verschlossenen Türen im kleinen Kreis stattfindet. Meine Erfahrung ist, dass derartige Veranstaltungen oft reine Alibiveranstaltungen sind und die Ergebnisse selten Eingang in politische Entscheidungen finden.

    Skandalös ist auch, dass Protokolle derartiger Treffen über Wikileaks verbreitet werden müssen und nicht auf den offiziellen Webseiten der Regierung zu finden sind.

    p.

  8. Immerhin bis Seite 13 hat es gedauert, bis man den »rechtsfreien Raum« aus der Mottenkiste geholt hat…

    Auch sonst vieles dabei, was ich gerade datenschutzrechtlich bedenklich finde. Diese ständigen Rufe nach den Verwarnungen auf Zuruf durch die Verwerter wollen mir gar nicht gefallen.

    Grüße,
    Drizzt

  9. Ja dieses Protokoll ist relativ gemässigt. Das ist aber nur die Zusammenfassung vom 11.

    Heute soll es dann doch nur um 3strikes gegangen sein twittert zummindest 1&1.

    Kennt jemand Details?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.