Amazons Geschenkpatent bleibt bestehen – keine Entscheidung über Softwarepatente

Die Technische Beschwerdekammer beim Europäischen Patentamt hat gestern über Amazons Patent auf die Bestellung von Geschenken über das Internet entschieden. Die Kammer setzte das 2007 aufgehobene Patent wieder in Kraft und verwies die Entscheidung zurück an die erste Instanz.

Das Patent war 2007 auf Betreiben der FFII sowie zweier nun nicht mehr beteiligter Mitbeschwerdeführer aufgehoben worden. Es umfasst unter anderem Ansprüche wie einen Online-Einkaufswagen, die Suche nach Adressdaten im Internet und die Nachfrage via eMail.

Kritiker wie die FFII sehen darin ein Software-Patent. Es werde lediglich ein Geschäftsmodell auf einem Computer ausgeführt und daher nichts erfunden, sondern lediglich programmiert. Software ist allerdings „als solche“ laut dem Europäischen Patentübereinkommen nicht patentierbar.

Anwendung des Verbots von Software-Patenten wurde allerdings von der Beschwerdekammer gar nicht diskutiert. „Weil die beanspruchten Abläufe auf einem Computer stattfinden können, wären sie keine Software als solche, sondern grundsätzlich technisch und damit einer Patentierbarkeit zugänglich“, beschreibt die FFII die Argumentation der Kammer.

In der Verhandlung fand ein Deal zwischen der Beschwerdekammer und dem Anwalt von Amazon statt. Dieser zog alle seine Anträge bis auf einen zurück, anschließend konnte die Kammer die Sache zur neuerlichen Prüfung zurück an die erste Instanz verweisen. Für Amazon wichtig ist vor allem, dass dabei die vorhergegangene Entscheidung der Einspruchsabteilung aufgehoben und das Patent wieder in Kraft gesetzt wurde.

Die FFII kritisiert, dass diese Verzögerungstaktik, durch die sich der Streit nun bereits seit 11 Jahren hinzieht, ganz im Sinne des Konzerns ist. „Da der Fall nunmehr an die Unterinstanz zur neuerlichen Prüfung zurück geht, ist noch kein realistisches Ende absehbar.“ Das sei durchaus kein Einzelfall, häufig zögen sich Verhandlungen über strittige Patente lange hin, bis diese schließlich verworfen würden. Während dieser Zeit blieben sie bestehen und nützten den Patentinhabern.

In den USA steht dagegen ein diese Woche ein Urteilsspruch aus, bei dem es gar nicht um Software geht – und der dennoch entscheidende Bedeutung für den Streit um Software-Patente haben könnte. Spiegel Online berichtet darüber.

Es geht um einen Patentantrag aus dem Jahr 1997 auf eine Methode, um wetterbedingte Risiken in Energiepreise einfließen zu lassen. Das Patentamt lehnte die Anerkennung ab, weil es den Vorgang zu abstrakt fand, ein Berufungsgericht bestätigte im vergangenen Jahr die Entscheidung. Prozesse seien nur patentierbar, wenn sie in Bezug „zu einer bestimmten Maschine oder einem Apparat“ stehen oder wenn sie etwas in einen anderen Status oder eine andere Form verwandeln.

Diese Woche entscheidet berät der Oberste Gerichtshof darüber, ob das wirklich die richtigen Kritierien für Patente sind. Sollte die Richter den Patentanspruch zurückweisen, hätte das weitgreifende Auswirkungen. Betroffen wäre von dieser Entscheidung unter anderem das „1-Click Shopping“-Patent von Amazon, der „amerikanische Zwillingsbruder“ des Geschenkpatentes.

Update: Der Supreme Court berät diese Woche nur, eine Entscheidung in dem Fall könnte sich bis nächsten Sommer hinziehen.

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6 Ergänzungen

  1. Ich finde es ein Unding, wenn man andere Händler verbietet verpackte Produkte zu verschicken. Für mich ist dieses Patent ein trivial Patent und es wäre so, als würde ich Schuhe mit Schnürsenkel patentieren. Im Einzelhandel bekomme ich ja auch bestimmte Produkte nett eingepackt.

  2. @Geza

    danke für den Hinweis in Sachen Bilski!

    Was der/die FFII angeht: Ich hatte das englische „Foundation“ im Kopf, da ist es dann „die“. Nächstes Mal werde ich mich an den deutschen Namen halten.

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