ACTA: So transparent wie möglich!?

Seit einiger Zeit wird auf internationaler Ebene das „Anti-Counterfeiting Trade Agreement“, kurz ACTA, diskutiert. Das Abkommen mit dem blumigen Marketingnamen wird multilateral verhandelt und durch die G8-Staaten und einige befreundete Staaten geheim vorangetrieben. Und betrifft unser aller Zukunft. Zeit, etwas über die Hintergründe zu erfahren.

Warum ACTA und nicht die WIPO?

Die Multilateralität verwundert auf den ersten Blick: Gibt es doch schon auf internationaler Ebene die „World Intellectual Property Organization“, kurz WIPO, die genau für die Fragen von Geistigen Monopolrechten zuständig ist. Und in dieser Organisation wurde 1996 der WIPO-Urheberrechtsvertrag als Sonderabkommen geschaffen, der die Basis der heutigen Urheberrechtsgesetze ist. Auf den zweiten Blick wird aber klar, warum die WIPO nicht mehr der richtige Ort für eine weitere Verschärfung der Urheberrechtsregeln ist: Hatten zum Zeitpunkt des WIPO-Urheberrechtsvertrages die reichen westlichen Staaten und die Lobbyverbände der Rechteindustrie noch die Meinungs- und Deutungshoheit bei der WIPO, haben sich die Mehrheitsverhältnisse in den letzten Jahren zu einem Patt in der WIPO gedreht. Zwei Lager stehen sich nun dort gegenüber. Auf der einen Seite fordern die westlichen Staaten mit den USA und der EU an der Spitze, samt den Lobbyisten der Rechteindustrie eine Ausweitung des Schutzes von geistigen Monopolrechten. Auf der anderen Seite hat sich ein Bündnis aus Schwellen- und Entwicklungsländern zusammen mit einem breiten zivilgesellschaftlichen Netzwerk aus Bürgerrechts-, Entwicklungshilfe- und Bibliotheksverbänden etabliert, die einen breiteren Zugang zu Wissen und Kultur fordern und befördern wollen. Die Verhandlungen rund um ACTA wurden gestartet, um diese Patt-Situation zu umgehen. Wenn es erstmal das ACTA-Abkommen gibt, werden die beteiligten Staaten in zwischenstaatlichen Abkommen dafür sorgen, dass es auf viele weitere Länder ausgedehnt wird.

Das ACTA-Abkommen wird geheim verhandelt. Insgesamt sollen weltweit nur ein paar dutzend Menschen Zugang zu den Verhandlungen und den aktuellen Texten haben. Glücklicherweise sind dabei immer Menschen dabei, die trotz der Verpflichtung zur Geheimniskrämerei dafür sorgen, dass einzelne Verhandlungspositionen Stückweise an die Öffentlichkeit kommen. Und für notwendige globale Proteste sorgen!

Mit dem ACTA-Abkommen ist nicht weniger als eine Radikalisierung der derzeitigen Urheberrechts- und Patentgesetzen geplant unter Auschluß der Öffentlichkeit. Und wenn man sich die Geschichte unserer aktuellen Urheberrechtsgesetze mit der Basis in dem WIPO-Urheberechtsabkommen von 1996 anschaut, dann dürfte klar werden, dass die im Rahmen des ACTA-Abkommen beschlossenen Sachen die Grundlage für unsere Gesetze werden. Und damit eine wichtige gesetzliche Grundlage für die Rahmenbedingungen der digitalen Welt.

Keine Panik?

„Keine Panik“ heisst es immer von Seiten der Regierungen, wenn die Geheimhaltung kritisiert wird. Letzten Sommer erklärte Michael Jennings, der Sprecher des (ehemals?) federführenden EU-Handelskommissars Peter Mandelson:

“Was die ‘Gerüchte’ angeht, die sich auf mögliche Verletzungen von Bürgerrechten beziehen, kann ich folgendes sagen: Bei ACTA geht es darum, die Aktivitäten krimineller Organisationen in Zaum zu halten, die die öffentliche Sicherheit und Gesundheit gefährden.”[…] “Es geht nicht darum, die bürgerlichen Grundrechte einzuschränken oder Konsumenten zu belästigen”

Und auch das Bundesjustizministerium argumentiert in diese Richtung:

Das Hauptziel von ACTA ist die Bekämpfung von umfangreichen Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums durch Produkt- und Markenpiraterie, die oftmals in kriminellen Strukturen erfolgen und eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Gesundheit und Sicherheit darstellen können. Hier soll ein möglichst wirkungsvoller Schutz geschaffen werden, der aber natürlich nicht auf eine schikanöse Behandlung des einzelnen Bürgers abzielt.

Das Muster „geht nur gegen kriminelle Strukturen“ ist aus anderen Gesetzes-Prozessen bekannt und verheißt nichts Gutes. Beispielsweise sollte die EU-Richtlinie zur Durchsetzung des Geistigen Eigentum auch nur gegen kriminelle Piraterie-Strukturen gehen. Am Ende kamen mehr Massnahmen gegen Tauschbörsennutzer heraus, die im nationalen Durchsetzungsgesetz endeten und u.a. der Abmahnindustrie das Auskunftsrecht brachten. Damit kommt man schneller und unkomplizierter an IP-Adressen. (wenn die zuständige Staatsanwaltschaft mitspielt)

Der Verhandlungsprozess wird so transparent wie möglich gestaltet!?

Übrigens wird im nächsten Abschnitt vom Bundesjustizministerium auch direkt erklärt, dass man den Verhandlungsprozess „so transparent wie möglich gestaltet“. Was das genau heißt, wird auch beschrieben: Die EU-Kommission hat im Sommer 2008 eine Anhörung der beteiligten Kreise durchgeführt und eine weitere Anhörung sei geplant. Bei dieser größtmöglichen Transparenz fragt man sich doch, wie man denn zu einem Abkommen bei einer Anhörung Stellung nehmen kann, von dem es so gut wie keine Transparenz gibt!

Mittlerweile ist die Debatte weiter. In den USA versuchten Bürgerrechtsgruppen auf Basis des US-Informationsfreiheitsgesetzes Zugang zu den Vertragsentwürfen zu bekommen. Das wurde gekonnt verhindert, indem die Vertragsentwürfe gleich zu Staatsgeheimnissen erklärt wurden, weil sie die nationale Sicherheit der USA betreffen würden.

Anfang November sind nun Detais aus dem Internet-Kapitel des ACTA-Abkommens an die Öffentlichkeit gekommen. Und das verspricht einen Haufen Gefahren für die gesetzlichen Rahmenbedingungen der digitalen Welt. Das ist auch kein Wunder, denn mitgeschrieben haben es natürlich die Lobbygruppen der Rechteindustrie. Das ist fast schon Tradition, immerhin wurde auch das WIPO-Urheberrechtsabkommen von diesen mit verfasst. Dass diese auch bei ACTA mit am Tisch sitzen wurde immer vermutet. Im Juli wurde klar, dass die kanadische Regierung diese Lobbygruppen mit verhandeln lässt. Und vor kurzem kam ein durch Whistleblower veröffentlichtes Dokument der EU-Kommission an die Öffentlichkeit. Das als „limited“ klassifizierte Dokument informierte die EU-Mitgliedstaaten darüber, dass das Internet-Kapitel noch etwas Zeit bräuchte, weil die US-Regierung noch in Abstimmungsprozessen mit Regierungsbehörden und privaten Stakeholdern sei.

Die Horror-Wunschliste der Rechteindustrie wird Realität:

Die umstrittenen Internetsperrungen bei Urheberrechtsdelikten nach dem „Three-Strikes-Modell“ der Musikindustrie sind ebenso in den aktuellen Text eingeflossen, wie eine Einschränkung des Haftungsprivilegs für Provider. Damit sollen Provider in die Verantwortung gezogen und zur Kooperation mit der Rechteindustrie gedrängt werden. Im Traumszenario blocken/zensieren dann die Provider den Zugang zu Webseiten wie ThePirateBay, schauen noch in den Datenverkehr ihrer Kunden rein und sperren den eigenen Nutzern das Internet, wenn diese weiterhin kulturelle Werke tauschen. Dazu werden noch Kopierschutztechnologien besser geschützt. Wenn das Abkommen erstmal beschlossen ist, werden die Massnahmen es über die EU-Ebene auch nach Deutschland kommen. Beschlossen ist beschlossen, da kann man dann nichts mehr drehen.

Was dabei heraus kommt?

Die theoretische Balance der Interessen im Urheberrecht wird weiter zugunsten der Verwerter verschoben. Unsere Bürger- und Verbraucherrechte werden damit weiter eingeschränkt und die offene Struktur des Internets ist in großer Gefahr. Kein Wunder, dass das ACTA-Abkommen so intransparent verhandelt wird, geht es doch auch um Netzzensur und den Abbau der Netzneutralität. Es könnte sich ja jemand beschweren, dass die Rechte und Interessen Aller zugunsten der Rechte und Interessen weniger Wirtschaftslobbies abgebaut werden.

Es wird Zeit, dass die ACTA-Verhandlungen gestoppt und von der EU-Kommission und der Bundesregierung transparent gemacht werden. Die Geheimverhandlungen sind einer demokratischen Debatte über die Zukunft der digitalen Gesellschaft unwürdig.

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38 Ergänzungen

  1. Warum? Was soll das?

    Kann mir jemand erklären, welcher vernunftbegabte Mensch Kulturgüter, Kommunikation, Datenschutz, im Grunde alles, was das Leben menschenwürdig macht, zu Gunsten einer kleinen Finanzelite von Rechteverwertern geheim abzuschaffen suchen würde?

    Ich will gar nicht von der Motivation der Rechteindustrie anfangen. Der Geldadel der Verwerter will so viel Macht und Einfluss wie möglich. Aber wieso lassen EU und USA diese durchgeknallten Machtfreaks gewähren? Was motiviert Regierungen, so leichtfertig Grundrechte zu beschneiden?

    Die einzige Antwort, die ich habe ist, dass sich Politik durch Inhaltekontrolle eine Rezentralisierung des Informations- und Meinungsangebotes erhofft. Und dafür ist die Politik bereit, über Leichen zu gehen. Wenn dem so ist, dann müssen sehr mächtige Menschen eine sehr große Angst vor informierten, aufgeklärten, freien Menschen haben. China und Iran scheint diesen Menschen ein Vorbild zu sein. Das ist doch menschenverachtend!

    Vielleicht lese ich ja zu viel blog.fefe.de, deswegen bitte: biete mir jemand eine bessere Erklärung, die mein Glauben an das Gute im Menschen wieder weckt. ACTA macht mich sehr unglücklich, gelinde gesagt.

    1. @Tharben: Anscheinend liest Du tatsächlich zuviel Fefe, die Verschwörungstheorie mit der Rezentralisierung teile ich definitiv nicht. Hier geht es eher darum, dass eine kleine und sehr einflussreiche Lobby ihre direkten Kontakte zu den Regierungen nutzt, um ihre Interessen durchzusetzen. Das ist in den USA noch viel schlimmer, wo Hollywood im Justizministerium sitzt, aber auch in Europa sitzen die alle mit am Tisch.

  2. @markus (#9)

    Du glaubst nicht, dass das der Plan ist, aber sind wir uns denn einig, dass das das Ergebnis sein wird? Wie gesagt, die Motive der Verwerterlobby sind die üblichen: Geld, Macht, Einfluss. Ich will wissen, wieso die _Politik_ ACTA für die Rechteverwerter haben will. ACTA richtet doch absehbar einen vernichtenden Schaden im Bereich der Kultur, Forschung, Entwicklung, Redefreiheit usw. an. Warum will man das in den Regierungen?

    Wie willst du denn effektiv die Ziele von ACTA durchsetzen, wenn du nicht in jedes Datenpaket schaust? Wenn privatwirtschaftliche Rechteverwerter die Entscheidungshoheit darüber bekommen, ob ein Bürger Internet haben und nutzen darf und damit an Kultur, Kommunikation und Information teilhaben darf, dann hält die Rechteindustrie ein mächtiges Instrument zum effektiven Filtern und Zensieren von Informationen in der Hand, das sie zweifellos nutzen wird.

    Denke ich an „Rechteindustrie“, fallen mir sofort Verlagshäuser wie der Axel Springer Konzern ein. Im Sinne welches Menschenbildes Springers erfolgreiches Blatt informiert oder desinformiert kann man ja schön auf bildblog.de nachlesen.

    Wenn wir also soweit sind, sind wir an dem Punkt, den ich mit „Rezentralisierung des Informations- und Meinungsangebotes“ meine, was mir als einziges als Motiv der Politik einfällt. Fällt dir ein besseres Motiv ein?

    1. @Tharben: Ja, zahlreiche. Da kommen Unwissenheit und die Hoffnung auf Wirtschaftsaufschwung und Arbeitsplätze zusammen. „Creative Industries“ ist das Zauberwort dafür und viele Politiker glauben daran, dass man unbedingt die Kreativbranchen beschützen muss, weil dort die Arbeitsplätze der Zukunft entstehen. Da ist ja auch was wahres dran, allerdings hab ich eine andere Meinung, mit welchen Geschäftsmodellen das passieren wird.

  3. Beim besten Willen kann ich mir nicht vorstellen, daß die Politik nur aus Mitleid der Rechteindustrie einen Gefallen tut, wenn es um das Internet geht. Was ist also die Motivation? Entweder, sie will das Abkommen selbst als Trittbrettfahrer nutzen, um mehr Kontrolle über das Internet zu bekommen bzw. es besser zu überwachen, oder es ist eine Gegenleistung zu bereits erbrachten oder zukünftig zu erbringenden „Staatstreue“ der Medienlandschaft. Das mit der „Rezentralisierung“ finde ich daher kein schlechtes Argument. Ich würde mich nicht wundern, wenn solche Themen wie die Diskussion um die Internetzensur dieses Jahr (inkl. der Petition) und den Achtungserfolg der Piratenpartei zumindest hierzulande so manchen Politiker wehmütig in die Zeit vor einigen Dekaden zurückdenken lassen.

  4. sagt einmal – wie sieht das denn im hinblick auf patentrechte aus? ich fürchte, die fallen mit darunter, obwohl ich nichts konkretes gefunden habe (ich suche aber weiter). das wäre ja noch der knaller.

  5. @Tharben
    Das ganze lässt sich verstehen wenn du es als einen Prozess siehst, der schon jahrelang geht. Dadurch werden etliche Begründungen klarer und man muss nicht krampfhaft nach eine steuernden Macht (sprich: Verschwörungstheorie) suchen um das zu erklären.

    In vergangenen Jahrzehnten lebten vor allem Verlage, aber auch die Musikindustrie wie im Schlaraffenland. Ich hab gelesen, dass bei vielen Verlagen die Rendite meist weitaus höher als die ominösen 25% der Deutschen Bank waren.

    Das hat wenige Leute sehr reich und damit wieder sehr einflussreich gemacht. Die Bild hast du ja selbst schon erwähnt, die ist ein sehr gutes Beispiel.

    Die ist vor allem ein gutes Beispiel wenn du überlegst, welche Macht die hat und wie gut die mit der Politik verzahnt ist (aus diesen Qullen bekommt sie eben oft die Infos für ihre exklusiven Schlagzeilen was einen Tiel ihres Erfolges erklärt).

    Das ganze war deswegen möglich, weil diesen Betrieben Monopolrechte gewährt wurden, nämlich der Schutz des „geistigen Eigentums“ durch den Staat.

    Seit dem Beginn des Informationszeitalters bricht dieser Schutz weg, da der Staat nicht mehr in der Lage ist, diesen Schutz angemessen zu gewähren. Wenn im Internet irgendwo eine Info in ein Forum kopiert wird, muss man das mehr oder weniger einfach so hinnehmen.

    Dadurch bröckelt die Macht diverser Konzerne. In der Musikindustrie kann man es am deutlichsten sehen, dort ist der Zerfall schon am weitersten fortgeschritten. Die Umsätze, die mit CDs gemacht werden sind seit Jahren im Sinkflug. (während andererseits die Konzerteinnahmen steigen)

    Die Konzerne haben zwei sehr mächtige Argumente mit denen sie die Volksvertreter überzeugen (oder je nach Sichtweise: erpressen):
    Zum einen haben vor allem die Medien, bei denen der Zerfall erst im Anfangsstadium ist, noch eine gewaltige Macht über ihre Printausgaben. Und durch die Möglichkeit, dadurch die öffentliche Meinung immer noch zu beherrschen, können sie über das Wohl und Wehe der Volksvertreter entscheiden. Wohin das führt hat man z.B. beim Netzsperren-Gesetz gesehen, für dessen Zustimmung auf Seiten des SPD zu einem nicht unerheblichen Teil deren Angst vor der Schlagzeile in der Bild-Zeitung beigetragen hat.

    Der zeite Punkt, den man auch nicht unterschätzen sollte ist, dass die Konzerne den ehemaligen Status Quo behalten wollen, der aus einer Zeit stammt, in denen es in diesem Lange noch besser zu leben war. Die Konzerne wollen am liebsten zu einem Status wie in den 80er Jahren zurück (kann sich noch jemand erinnern wie die Musikindustrie beigetragen hat die NDW zu überkommerzialisieren und dadurch zu ersticken?).
    Ihre Argumentation lautet: mit unseren Monopolrechten ging es im gesamten Land jahrzehntelang gut. Seitdem das www erschaffen und massentauglich wurde, ging es uns schlechter, zeitgleich mit dem ganzen Land.
    Sichert uns unsere Monopolrechte, dann sorgen wir für Arbeitsplätze, und somt kommen wir wieder einen Schritt vorwärts.

    Außerdem darf man nicht aus den Augen verlieren, dass viele Bundestagsabgeordnete tatsächlich wirklich nicht wissen, was sie kaputt machen wenn sie das Netz unter ihre Fittiche bekommen wollen.

    Sie sehen nur, dass sämtliche Medien in Deutschland zu einem gewissen (und früher eher kleinem) Teil durch den Staat reguliert wurde.
    Aus juristischer Sicht ist es zwangsläufig und unumgängliche dass auch das Internet so behandelt wird. Dass sich das Internet anders verhält als Medien mit materiellem Datenträge, bringt die schärferen Gesetze mit sich.

    Dass es sich beim Internet um eine völlig neue Kultur handel (man kann eben mitmischen statt sich nur berieseln zu lassen), wird nicht erkannt, weil diese Leute selbst nicht im Netz unterwegs sind.

    Zusammengefasst sehen wir momentan folgendes:
    mächtige Konzerne verlieren Macht durch ein neues Medium. Das versuchen sie mit allen Mitteln zu vermeiden, und dank Verstrickungen mit dem Gesetzgeber haben und nutzen sie auch die Möglichkeiten den Machtverlust aufzuhalten.
    Die Volksvertreter können sich dank der Verstrickungen nicht effektiv wehren.

    Was wir sehen ist der verzweifelte Kampf mit mächtigen Mitteln als Folge des Wegbrechens der Macht.

    Es ist kein aktiver Versuch von irgendwem oder irgendeiner Gruppe, neue Macht zu gewinnen.

  6. Ich seh das ähnlich wie Markus, ich glaube auch nicht an eine große Verschwörung, sondern denke, das ist einfach Doofheit gepaart mit schlechter Beratung. Ich stelle mir das so vor:

    Politiker hat keine eigenen Erfahrungen und weiß nicht, was in diesem Internet so vor sich geht, also heuert er Experten an. Das sind dann zb Leute von der Contentindustrie, die den unwissenden Politiker mal „aufklären“ und erzählen, in diesem Internet gibts nur Betrüger, Pornokonsumenten und Freaks, die dort ständig Zeugs klauen. Dann rechnet der Experte vor, welchen Schaden die Freaks damit anrichten und sie werden alle pleite gehen und Millionen werden deshalb arbeitslos. Der Politiker ist entsetzt und ruft: „Da müssen wir doch was tun!“ Passenderweise haben die Experten schon ein paar Vorschläge in der Tasche und der Politiker findet das wahrscheinlich alles ganz sinnig und bemerkt überhaupt nicht, dass diese Vorschläge übers Ziel hinausschießen und viel größere Konsequenzen hätten, als er meint. Oder es ist ihm egal, trifft ja nur Betrüger, Pornogucker und Freaks.

    Ehrlich gesagt halte ich dieses Szenario für viel wahrscheinlicher als eine große Rezentralisierungsverschwörung. Aber nicht minder gruselig.

  7. Es braucht keine Verschwörungstheorien (wenngleich Fefes Blog zu meiner morgentlichen Pflichtlektüre gehört) um sich das Verhalten der internatonalen Politik in Urheberrecht und Datenschutz zu erklären. das Ganze ist einfacher machtpolitischer Pragmatismus, und in dem stellt der Staatsbürger allenfalls eine Ressource dar und nicht den letztendlichem Zweck des politischen Handelns. Jede andere Annahme ist blauäugig. Sorry, Markus, ich schätze Deine wohlmeinende Haltung gegenüber Politikern hoch, sehe sie aber in der Realität genauso wenig bestätigt, wie z.B. die „Selbstverpflichtungen“ der Wirtschaft.
    Nach dem widerlichen Kindesmisshandlungs-Layen-Schaustück zur Installation von Zensurinfrastrukturen, die Schäuble vor kurzem noch selbst und deutlich als Wahlkampfinstrument geoutet hat, dürfte man sich über die moralische Integrität unserer Herrscherkaste eigentlich keine Illusionen mehr machen. Ausnahmen bestätigen leier nur die Regel.

    1. @ninjaturkey: Im Falel von ACTA ist es noch viel einfacher: Da sitzen quasi nur Juristen am Tisch, die allesamt dieselbe Ideologie des Geistigen Eigentums an der Uni gelernt haben und daran glauben, dass nur ein starkes geistiges Eigentum gut für eine Volkswirtschaft ist. Da kommen also die Lobbyisten der Verwerter, auch alles Juristen, und erklären das in derselben Sprache.

      Ich sass mal in einer runde mit Juristen aus dem Bundesjustizministerium. Die waren völlig aus der Rolle, als sie mitbekamen, dass wir das TRIPS-Abkommen am liebsten verändern würden, was quasi einer der ACTA-Vorläufer ist. Das konnten die sich nicht vorstellen, weil sie der Meinung waren, dass doch Deutschland am meisten davon profitieren würde.

  8. Danke für die vielen Erklärungsversuche.

    Ich weigere mich zu glauben, dass hochbezahlte Regierungsvertreter nicht wissen was sie tun und sich von dem Totschlagargument Arbeitsplätze überrumpeln lassen. Überhaupt halte ich ausreichendes Einkommen aus Arbeit für Geschichte.

    Warum aber diese große Geheimniskrämerei? Wenn Regierungsvertreter da sitzen und mit stolzgeschwellter Brust meinen, gutes für die Menschen zu tun, warum halten sie es dann dermaßen geheim?

    1. @Tharben: Das ist die viel spannendere Frage. Ich glaube die Antwort hat damit zu tun, dass sie nicht mehr sicher sind, im Recht zu sein, aber noch daran glauben.

  9. @Tharben, markus

    Die Geheimhaltung einen ebenso banalen wie besorgniserregenden Grund wie z.B. auch die meisten von der Bundesregierung eingesetzten Kommissionen hinter verschlossenen Türen tagen:
    damit will man verhindern, dass halbfertige Konzepte an die Öffentlichkeit gelangen, welche dann, losgelöst vom Gesamtkonzept, gründlich zerrissen werden und damit des Gesamtkonzept im Lichte (oder eher Schatten) eines Einzelaspekts aufgegeben werden muss.

  10. Es geht doch wieder nur ums Geld.

    Aber am Ende werden die Kunden siegen, sofern sie denn wirklich massenhaft! Kaufenthalt üben und gewisse Firmen oder Produkte meiden.

    Wenn viele viele viele Menschen konsequent keine CDs mehr kaufen, konsequent nicht mehr ins Kino gehen und auf DVDs verzichten UND NICHT illegal irgendwas runterladen, was denkt ihr wie schnell die Musikindustrie dann einknicken wird?

    Derzeit können die wenigen großen Lobbys den kleineren noch alles diktieren, aber selbige sind auch diejenigen die zuerst merken wenn das große Geld ausbleibt.

    Die Kunden/Menschen haben es in der Hand. Und irgendwann werden sie merken wer sie wann wie verarscht, auch wenn das noch sehr lange dauern kann (und wird), aber eines Tages bekommen einige Firmen den Arschtritt den sie verdienen.

  11. @All

    Ich finde es interessant zu sehen, wie hier jede sogenannte „Verschwörungstheorie“ mit aller Macht versucht wird auszublenden und wegzuerklären. Dabei herrscht offensichtlich auch bei denen, die „im Thema“ sind, Ratlosigkeit ob des Verhaltens von Regierungen weltweit!

    Warum weigert ihr euch, vielleicht mal 10% eures Vernunftspeichers_dafür_zu reservieren, dass es_doch_eine groß angelegte Sauerei geben könnte? Heißt es nicht, die_einfachen_Erklärungen seien die wahren?

    Für mich ist das eine konzertierte Aktion, die weltweit gleichzeitig durchgedrückt wird. Was ein paar grauer Herren im Hintergrund braucht, die exakt das schon vorab besprochen haben.

    Mit dieser Sichtweise lösen sich plötzlich alle Widersprüche und Fragezeichen in Luft auf, und jede scheinbar dumme Entscheidung im System lässt sich erklären.

    10%, hab ich gesagt! Bin gespannt, wann ihr auf de Trichter kommt ;)

    1. @Bernd: Natürlichi st das eine große Sauerei. Ich glaube aber nicht an eindimensionale Verschwörungstheorien. Politik ist komplexer.

  12. Glaube. Ok. Dann bringt eine Diskussion nichts. Das geht dann nur so aus wie jene mit den Klimapanikmachern. Ist auch Glaube.

    Naja, in letzter Konsequenz habe ich ja auch nur daran appeliert, einen kleinen Teil der Vernunft für das Gegenteil zu reservieren. Sonst wär’s ja „wissen“ ;) Und_das_traue ich dann doch niemandem zu, der nicht ganz tief mit drinsteckt.

  13. @bernd
    Ich selbst bin naturwissenschaftlich ausgebildet, von dort kenne ich zwei Prinzipien.
    Das eine Prinzip ist das Prinzip der Einfachheit das besagt, dass Theorien die mit weniger Annahmen auskommen, grundsätzlich zu bevorzugen sind.

    Genau das ist hier der Fall. Bei dem Text, den ich oben geschrieben hab, brauch ich keine einzige weitere Annahme, als den bereits bekannten Überlebenskampf gewisser Medienkonzerne und deren bereits bekannte Verflechtung mit der Politik.

    Die meisten Verschwörungstheorien brauchen hingegen die Annahme, dass eben eine große Weltverschwörung im Gange ist. Aber eine plausible Erklärung, warum es diese Verschwörung braucht wenn die Sache ohne weiteres auch ohne die Verschwörung erklärbar ist, fehlt mir bis heute.

    Das zweite Prinzip besagt, dass eine Theorie keine untestbaren äußeren Einflüsse enthalten darf. Im speziellen ist damit gemeint, dass in einer naturwissenscahftlichen Theorie z.B. kein göttlicher Wille auftreten darf.

    Aber genau diese Art von Argument wird mit einer Verschwörung (im Übrigen ist dieses Wort für mich nicht abwertend besetzt) ins Spiel gebracht. Was auch immer negatives passiert, wird dieser Verschwörung zugeschrieben. Das fungiert als selbsterfüllende Prophezeiung.

    Dafür braucht es eben Glaube, das hat markus schön auf den Punkt gebracht als er gesagt hat, er hat diesen Glauben an die Verschwörung nicht.

    Das Problem ist, wie schon erkannt, dass hier eine Wissenslücke auftritt. Die kann ich für mich aber erklären ohne dass ich einen Gott/eine Verschwörung annehme.

    Verschwörung werden sehr oft als Lückenbüsser hergenommen (wie z.B. die die von dir zitierte angebliche Klimalüge). Bitte erkläre mir, wieso du sie für vernünftig hälst?

  14. @Matthias G (#23)

    Es gibt doch auch andere Dinge, die in den Massenmedien offen debattiert werden: innereuropäische Roaming-Gebühren, Grenzwerte für Giftstoffe in Kinderspielzeugen, EU-Türkeibeitritt usw.

    Mit ACTA haben wir ein ungleich wichtigeres und weitreichenderes Thema und es wird verheimlicht.

    Ich neige da eher Richtung Markus. Die wissen, dass Sie einen ziemlichen Bullshit anrichten, aber versprechen sich, vielleicht doch noch das Rad der Zeit um 20 Jahre zurückdrehen zu können und somit Arbeitsplätze in alten Geschäftsmodellen der Rechteverwerter halten zu können.

    Was mich gedanklich doch irgendwie wieder in die Nähe von „Rezentralisierung des Informations- und Meinungsangebotes“ bringt. ;)

  15. @Matthias G

    Der Verschwörungen gab es in der Geschichte so viele, dass man sie eher als Regel denn als Ausnahme sehen muss.

    Beispiele: der Federal Reserve Act; 911; Das Konstrukt EU; der Reichtagsbrand; die Schweinegrippe-Pandemie tbc.

    Sie alle wurden und werden benutzt, um weitreichende und tiefgreifende künstliche Veränderungen durchzusetzen, ohne auf allzuviel Widerstand zu stoßen, bis sie selbs unumstößlich waren resp. werden. Und sie alle haben demgemäß etwas gemeinsam: sie wurden GEGLAUBT oder als zu unwichtig aus den Blickfeld verdrängt. Und es sind immer wieder nur eine Handvoll (dieselben?) Verbrecher, die das veranlassen und durchziehen.

    Wenn ich etwas wissenschaftlich angehe und habe bei meinen Messwerten eine ungeahnte Tendenz oder reproduzierbare Ausreißer, frage ich mich zunächst mal: Habe ich einen Fehler gemacht in meiner Anordnung.Ich versuche, diese Fehler zu benennen und einzugrenzen. Wenn ich alle Fehler ausgegrenzt habe oder deren Toleranzen kenne, und es bleibt bei unerklärlichen Ergebnissen, muss ich mich fragen, ob ich nicht systemisch etwas übersehen habe. Solcher Zweifel kommt bei offiziellen Erklärungen aber nie zum Tragen. Warum nicht? Zweifler werden immer totgeschwiegen, lächerlich gemacht, das Übliche halt.

    Man schaue sich nur die lächerlichen „offiziellen“ Erklärungen zum Hergang von 911 an. Sie sind unhaltbar – und werden dennoch gehalten. Warum funktioniert das? Weil es für Mächte, die sie abgeben, ein Leichtes ist, während es für die, die widerlegen, ein Gang mit massivem Widerstand durch alle Instanzen ist. Immer genug Zeit also, um einen Status Quo zu verfestigen. In der (berechtigten) Hoffnung, dass die Zweifler unter dem exponentiellen Druck resignieren.

    Dasselbe Spiel erwartet uns mit der Regulierung des Internets. Wer das nicht sehen will (nicht mal zu 10%), der blendet Geschichte aus, wie sie seit Menschengedenken gemacht wird. So weh es mit tut, aber wir sind wieder einmal dabei, Leuten auf den Leim zu gehen, die nicht sichtbar sind und dennoch das Orchester dirigieren. Vom Publikum ganz zu schweigen.

  16. @bernd
    Ja, ich bestreite nicht dass es Verschwörungen gab und aktuell immer noch gibt. (Die Begründung zum Irkakkrieg war z.B. eine).

    Was du schreibst, sind allgemeine Aussagen, die allerdings auf den ACTA-Fall nicht zutreffen, da hier eine viel einfachere Erklärung existiert.

    Zu den Verschwörungstheorien möchte ich dich eines fragen: bist du dir absolut sicher, dass du hier nicht anderen Leuten wieder auf den Leim gehst?
    Diese Theorien bereiten dir sichtbar Unbehagen und machen dir vielleicht sogar Angst. Überleg mal, wer davon profitiert. Mit demselben Mechanismus, den du z.B. in der Schweinegrippe zu erkennen glaubst.

    Aber wenn wir schon bei Grundlagen sind: der Aufbau unseres Staates is stark von der Aufklärung geprägt, d.h. dem Einzelnen ist es selbst anzulasten sich zu informieren. Du stößt aber ziemlich schnell auf das Problem, dass du dich nicht selbst komplett aus deiner Unmündigkeit befreien kannst, du brauchst Quellen, und mit jeder Quelle musst du für dich entscheiden, ob du ihr traust oder nicht.

    Bei den Verschwörungstheorien glaubst du an die Richtigkeit von einigen, wenigen Quellen (dass es wenige sind erklärst du dir damit, dass die Wahrheit nur im kleinen Maß ans Licht kommt). Was ist für dich das Überzeugende daran?

    Ich will dich garantiert nicht lächerlich machen, dazu haben ich mich zu lange mit sowas beschäftigen müssen. Und habe lange genug gebraucht um selbst ihrer vordergründig umwerfenden Überzeugungskraft zu entkommen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.