Open Access Tage Berlin: Wissenschaftler und Bibliothekare fordern freien Zugang zu Wissen

Am 9. und 10. Oktober fanden in der Freien Universität Berlin (FU) die Open Access Tage statt. Laut den Veranstaltern von open-access.net und der FU nahmen ca. 250 TeilnehmerInnen an der Konferenz teil. Das Vortrags- und Workshop-Programm wurde durch eine Open Access Messe ergänzt, auf der sich Dienstleister wie Verlage, Repositorien und Zeitschriften präsentierten.

Das Vortragsprogramm am ersten Tag wendete sich vor allem an WissenschaftlerInnen und AutorInnen, die sich über die Möglichkeiten und Stärken des freien Publizierens informieren wollten. In den Workshops am zweiten Tag ging es um Strategien der praktischen Umsetzung des Open Access Modells.

Auf besonderes Interesse stieß der Vortrag von Dr. Steinhauer, Magdeburg über rechtliche Fragen von Open Access. Gegenüber netzpolitik.org unterstrich er seine Forderung nach der Aufnahme eines Online-Zweitveröffentlichungsrechts für AutorInnen in das Urheberrecht. Danach sollen AutorInnen ungeachtet Ihrer Verträge mit Verlagen das Recht eingeräumt werden, Ihre Werke online zu publizieren. In der Diskussion um den sogenannten zweiten Korb des Urheberrechts wurde dies diskutiert, jedoch verworfen. Steinhauer rief dazu auf, sich für eine weitere Reform des Urheberrechts stark zu machen, und damit die Interessen von Bildung und Wissenschaft zu unterstützen. In Hinblick auf die zukünftige Rolle wissenschaftlicher Verlage geht er davon aus, dass zwar das klassische Geschäftsmodell an Bedeutung verlieren wird, es aber einen steigenden Bedarf an professionellen Dienstleistern für Open-Access-Journale und Repositorien geben wird. Die Messe gab einen ersten Ausblick auf diesen neuen Dienstleistungssektor.

Ein weiteres großes Thema war die Frage der Qualitätssicherung. Mangelnde Qualität ist immer noch ein häufig anzutreffendes Vorurteil über OA-Zeitschriften und Publikationen. Hierzu stellte Ulrich Pöschl, Mainz ein interaktives Peer-Review-Modell vor, welches sich im Bereich naturwissenschaftlicher Zeitschriften als sehr erfolgreich erwiesen hat.

Die Open Access Tage haben gezeigt, dass es eine sehr aufgeschlossene und aktive Gruppe von Befürwortern des freien Publizierens gibt. Gleichzeitig wurde deutlich, dass noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten ist. Es geht nicht nur um ein Distributionsmodell, sondern letztlich um die Möglichkeit freier Forschung und Lehre.
Der Bibliotheksdirektor der Humboldt Universität Berlin, Prof. Ulrich Naumann, brachte dies erfreulich drastisch auf den Punkt, indem er im Rahmen einer Podiumsdiskussion Open Access nicht als bloß interessante Option, sondern als „Notwehr gegen den Verwertungszwang“ bezeichnete. Er forderte, dass mit öffentlichen Mitteln finanzierte Forschung auch öffentlich zugänglich sein muss.

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3 Ergänzungen

  1. Das Veröffentlichen von Forschungsergebnissen, wird Interessierten endlich neue Möglichkeiten verschaffen. Eigentlich ist dies doch eine gesellschaftliche Pflicht und gerade im Zeitalter des Webs ein Schritt der überfällig ist. Wissen für alle, zu jeder Zeit und einfach abzurufen.

  2. Es ist besonders beschämend dass speziell die Gesellschaft für Informatik (GI) und auch der VDE die Vorträge bei ihren Veranstaltungen nur in Tagungsbänden veröffentlichen, die nicht einmal die Tagungsteilnehmer lesen. Offensichtlich hat man Bedenken das Niveau der Arbeiten im Web sichtbar zu machen. Meine Empfehlung: keine Arbeiten zu Veranstaltungen einreichen und auch nicht an Veranstaltungen teilnehmen bei denen nicht im Web veröffentlicht wird. Nur so lernen die Veranstalter!

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