Offenes WLAN und Störerhaftung: Neue Konfusion

Nach dem Landgericht Hamburg hat nun auch das Landgericht Düsseldorf entscheiden, dass man für den Betrieb eines offenen WLAN-Hotspots als „Störer“ haftet, wenn jemand darüber Urheberrechtsverletzungen begeht. In diesem Fall gab es einstweilige Verfügungen gegen drei Personen, die von „Gangsta-Rapper“ Bushido wegen Filesharing verklagt worden waren.

Ein Rentner hatte erklärt, er wisse gar nicht, wer oder was Bushido sei und habe auch kein Programm, um Musik aus dem Internet herunterzuladen. Ein Ehepaar hatte angegeben, zur fraglichen Zeit sei nachweisbar niemand an ihrem Computer gewesen. Das Gericht befand, dass es darauf nicht ankommt und wendete den Grundsatz der „Störerhaftung“ an.

Nachdem gerade vor neun Tagen das Oberlandesgericht Frankfurt eine Störerhaftung für offenes WLAN ausgeschlossen hatte, bringt die Entscheidung aus Düsseldorf wieder neue Unsicherheit. Es wird offenbar dringend mal Zeit, dass der BGH sich damit befasst. Falls dieser Unsinn mit der Störerhaftung sich durchsetzen sollte, können wir demnächst auch alle offenen Hotspots in Cafes, Hotels oder anderswo vergessen. In der gleichen Logik stellt sich mir dazu die Frage: Wenn ich von meinem eigenen DSL-Anschluss aus Filesharing betreibe, haftet dann eigentlich auch mein Internet-Anbieter als Mitstörer?

Für offene WLAN-Hotspots gibt es natürlich diverse gute Gründe.

via: heise, SZ

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13 Ergänzungen

  1. >> In der gleichen Logik stellt sich mir dazu die Frage: Wenn ich von meinem eigenen DSL-Anschluss aus Filesharing betreibe, haftet dann eigentlich auch mein Internet-Anbieter als Mitstörer?

    Vorsicht mit solchen Fragen! Die Antwort könnte sein, ja, er haftet, dann müsste er sich was einfallen lassen, wie er damit umgeht und dabei wird nichts Gutes rauskommen.

  2. Offenes WLAN und Störerhaftung (Filesharing)

    Welche Menschen mit was für einer Art Persönlichkeit sitzen viel zu oft an wichtigen Hebeln und verhindern mehr an Entwicklung und Fortschritt, als dass sie positives bewirken.

    Gerade ältere Menschen, die sich mit dem Thema Internet step für step anfreunden, bekommen durch solche Urteile nicht gerade mehr Sicherheit, wo dieses Medium eh fremd und Unsicherheit auf der Gefühlsebene bietet, oder…

    Woher kommt es, dass sich oftmals erst viel zu spät von Seiten der Gerichte und der Politik eingeschaltet wird?

    Und wie sehen dann die Entscheidungen aus?

    Geht es nicht irgendwie immer um Motive wie Macht, Status, Anerkennung, Sicherheit, Regeln, Ehre etc.

  3. Tja dann kann man freies Wlan halt vergessen.

    In zukunft werden sich dann halt nur die Kommerziellen Anbieter durchsetzen denn die werden sicherlich nicht so leicht wie Privatpersonen belangt.

  4. Es läuft etwas gewaltig schief in unserem rechtssystem.

    wenn sich meherre urteile total weidersprechen,müsste automatisch eine höhere instanz ein bindendes urteil sprechen.

    Es darf nicht sein das ein urteil vor gericht genauso vorhersehbar ist,wie ein würfel wurf.

    Wer als unschuldiger vor gericht landet muss sich sicher sein können das er freigesprochen wird.

    1. Könnte es an schlechten Anwälten liegen? Eine andere Frage ist vielleicht, warum diese Privatpersonen ein offenes Wlan betreiben. Gab es einen Fall indem jemand bewusst und aus Überzeugung ein offenes Wlan betrieb (und wegen Störerhaftung verurteilt wurde)? In diesem Fall klingt es eher nicht so zu sein. In einem Vorherigen[1] war es auf jeden Fall nicht so. Wenn aber ein Wlan aus Unwissenheit oder Fahrlässigkeit offen ist, dann ist man wohl kein „Diensteanbieter“. Wenn das der Unterschied wäre, sollte man „werben“, dass man ein offenes Wlan bereithält. Da ich aber nur sehr begrenzt über rechtliches Ahnung habe, könnte das auch eine dumme Idee (rechtlich gesehen) sein.

      P.S. Danke, dass die Textfeldbreite jetzt wieder kleiner ist.

      [1] http://netzpolitik.org/2006/klagewellen-machen-freie-infrastrukturen-kaputt/

    2. Ich vermute, dass § 8 TMG nicht angewendet wird, weil dies zu einem ungewollten Ergebnis führen würde. Die „Diensteanbieter“ im Sinne des § 8 TMG, an die der Gesetzgeber bei der Haftungsprivilegierung gedacht haben wird, sind die kommerziellen Access-Provider, die an die ihnen bekannten Kunden individuelle IP-Adressen vergeben. Bei diesen Dienstanbietern kann die Staatsanwaltschaft – jedenfalls kurz nach einer Urheberrechtsverletzung – erfragen, wem die IP-Adresse mit der eine Urheberrechtsverletzung begangen wurde zum Tatzeitpunkt zugewiesen war. Der Betreiber eines offenen WLANs lässt hingegen ihm unbekannte Nutzer die eigene IP-Adresse nutzen. Hier kann der Urheberrechtsverletzer nicht ermittelt werden. Würde man den Betreiber eines offenen WLANs privilegieren, würden ja alle Leute, denen eine Urheberrechtsverletzung vorgeworfen wird, versuchen, der Haftung zu entgehen, indem sie behaupten, sie hätten ein offenes WLAN betrieben.

      Im Übrigen soll das Haftungsprivileg des § 8 TMG auf Unterlassungsansprüche keine Anwendung finden (vgl. BGH GRUR 2004, 860, 862 – „Internetversteigerung“; BGH Urt. v. 12.07.2007, WRP 2007, 1173, 1175, Rn. 20 – „Jugendgefährdende Schriften bei e-Bay“). Nach § 7 Abs. 2, Satz 2 TMG bleiben Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters unberührt.

  5. Wenn ich von meinem eigenen DSL-Anschluss aus Filesharing betreibe, haftet dann eigentlich auch mein Internet-Anbieter als Mitstörer?

    Natürlich nicht.
    Sind ja unternehmen.

    Und unternehmen sind in diesem land die guten.
    Der BGH wird da nichts bringen,wir brauchen ein komplett neues rechtssystem,das auf Demokratie aufbaut und nicht auf reiner richterwillkür.

  6. Natürlich haftet man als Störer. Aber vielleicht kurz anführen, was Störerhaftung bedeutet:

    „Nach der Störerhaftung kann derjenige, der […] zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt, als Störer für eine Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/St%C3%B6rerhaftung)

    Und wenn andere anonym über mich auf’s Internet zugreifen, und ich nichts dagegen unternommen habe, dann bin ich in dieser Konstellation eben Störer.

    Ähnlich einem Jäger, der sein Gewehr nicht in einem Waffenschrank aufbewahrt, sondern frei herumliegen lässt.

    Jetzt kann man natürlich sagen: Der Jäger ist aber dazu verpflichtet, seine Waffe zu verschließen. Genau; und eine vergleichbare Regelung gehört auch für Funknetzwerke her.

    Denn über offene WLANs lassen sich nicht nur Gangstaraps tauschen, sondern auch Kinderpornos verbreiten oder terroristische Anschläge planen.

    Wenn Schäden entstehen, muss auch die Ermittlung des Schädigers möglich sein. Anonymer Internetzugriff über offene WLANs steht dem entgegen. Hier muss aufgeklärt werden und noch viel wichtiger: Es gehören rechtliche Regelungen her, die auf eine Pflicht zur Absicherung / Identifizierbarkeit hinwirken.

    So. Und jetzt fangt an, Euch zu beschweren ;)

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.