Juli Zeh über Datenschutz

ZEIT Campus hat die Schriftstellerin und Juristin Juli Ze über ihre Verfassungsklage gegen den biometrischen Pass, Otto Schily und Datenschutz im Allgemeinen befragt: „Uns fehlen die Parolen“.

ZEIT Campus: Mit Vorsicht?

Zeh: Ich versuche, sämtliche Kästchen, hinter denen steht: „Ab jetzt gehört Ihre Adresse der ganzen Welt“, irgendwie von ihren Häkchen zu befreien. Aber selbst wenn ich im Internet einkaufe: Amazon kann nicht bei mir vor der Tür stehen und meine ganze Wohnungseinrichtung raustragen. Der Staat hat Kompetenzen, die die Wirtschaft – bis jetzt – nicht hat, er kann mehr tun, als mir Spam zu schicken. Insofern mache ich mir Sorgen um unser Land.

ZEIT Campus: Warum?

Zeh: Ich dachte, nach zwei totalitären Überwachungsstaaten hätten wir verstanden, dass man bestimmte Dinge sein lassen sollte. Es gibt keinen demokratischen Kontrollstaat. Seit der ersten Klasse wurde uns eingetrichtert, dass man die Demokratie verteidigen muss– jetzt gucken einfach alle zu, wie Grundrechte eingeschränkt werden. Ich mache das nicht mit. Wenn es keine Protestbewegung gibt, tut man es eben alleine.

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3 Ergänzungen

  1. Diese Dame sollte selbst noch so einiges sein lassen. Beispielsweise sich öffentlich für den Afghanistaneinsatz der Bundeswehr zu engagieren – gleichwohl ihre Verfassungsklage richtig ist.

  2. „Das Schreiben Zehs dreht sich um den Antagonismus von Chaos und Ordnung; sie fragt, ob und wie sich Sinn und Moral neu aufbauen lassen, wenn tradierte Werte bedeutungslos wurden. Wiederkehrende Motive sind die Fragen des Verlorengehens des Zusammenhalts und der tragenden Normen und die Lebenswelt in einer Gesellschaft der Individualisierung und Globalisierung, in der keine gemeinsame Verantwortung für die Zukunft einer Weltgemeinschaft mehr erkennbar wird.“ Wikipedia über Frau Zeh.
    Die wieder einmal eingeführten Normen der Kontrolle und des Zwanges insbesondere in Deutschland sind zerstörerischer, als man sich vorstellen mag. Es wird sich rasch eine tief gespaltene Gesellschaft entwickeln, wie wir es schon zweimal erlebt haben.
    Schily und der ihn übertrumpfender Nachfolger Schäuble scheinen sich über dieses Thema keine Gedanken zu machen.
    Frau Zeh sollte sich hierüber verstärkt Gedanken machen und auch vielleicht einen netten Krimi über dieses Thema verfassen. Als ausgewanderter Arzt bin ich ihr hinsichtlich des ausgehebelten Datenschutzes in diesem Bereich gern behilflich.

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