Datenschutz und Suchmaschinen

Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz in Kiel, hat am vergangenen Montag einen sehr interessanten Gastbeitrag im Handelsblatt zum Thema Suchmaschinen und Datenschutz geschrieben: Suchmaschinen sind im Prinzip rechtswidrig.

Aber was eine bequeme und nützliche Hilfe ist, wird zugleich zum Datenschutzproblem. Denn insbesondere Suchmaschinen sammeln Daten. Und der Umgang damit ist über Nutzungsbedingungen und gesetzliche Rahmenbedingungen nur mangelhaft geregelt. Kein Wunder: Die Säulen der Datenschutzrechte – in Deutschland das Bundesdatenschutzgesetz und das Telemediengesetz, in Europa die Europäische Datenschutzrichtlinie (EU-DSRL) und die Datenschutzrichtlinie für die elektronische Kommunikation – sind bereits weit vor dieser Zeit entstanden.

Wendet man das aktuell geltende Recht an, so ist das Ergebnis eindeutig: Suchmaschinen, mit denen auch nach Personen gesucht werden kann, sind im Prinzip rechtswidrig. Sie unterscheiden nicht nach Personen und Sachen. So segensreich sie für die Informationssuche sind, so brutale Auswirkungen können sie für einzelne Betroffene haben: vom Verlust des Arbeitsplatzes über – im Ergebnis unbegründete – strafrechtliche Ermittlungen bis hin zum Ansehensverlust im eigenen sozialen Umfeld. Suchmaschinen unterscheiden nicht danach, wer Informationen eingestellt hat und ob diese zutreffen oder nicht. Die Europäische Union täte gut daran, dieses Problem zu erkennen und einer Lösung zuzuführen.

Er plädiert weiter für „klare und benutzerfreundliche Darlegung der Widerspruchsmöglichkeiten gegen die Zwecke der Werbung und der Markt- und Meinungsforschung“ bei Suchemschinen und eine „klare Regelung der Löschungsfristen“ als „ein weiterer unabdingbarer Bestandteil belastbarer Verbraucherrechte“. Auch müsse das Recht auf Gegendarstellung ausdrücklich gesetzlich geregelt werden. „Ein Recht auf Einsicht in die gespeicherten Daten entspräche ebenfalls den aktuellen bürgerrechtlichen Standards einer modernen Informationsgesellschaft“, das sei „aber bei Internetangeboten bisher noch nicht einmal ansatzweise verwirklicht“.

Er bezieht sich auf eine Anhörung im Europäischen Parlament zu dem Thema. Hat da jemand vielleicht weiterführende Links?

[Danke an Thorsten für den Tipp]

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4 Ergänzungen

  1. So sehr ich sonst Herrn Weicherts Bemühungen unterstütze, da scheint er mir doch ein wenig daneben zu liegen. Denn zB Löschungsfristen für Webinhalte liegen ja gar nicht bei den Suchmaschinen. Richtig wäre diese Forderung bei der Speicherung der Suchanfragen, die aber, so ich das richtig verstehe, nicht gemeint sind.

    Auch sonst scheinen sich viele Forderungen nicht auf Google und Co., sondern private Seitenbetreiber zu beziehen. Und die unterliegen ja, zumindest in Deutschland, durchaus medienrechtlichen Bestimmungen, die gewisse Auflagen zum Datenschutz beinhalten.

    Schade, das Weichert die Speicherung von Daten durch Google und die Suche nach Daten via Google auf undurchsichtige Weise verquickt, denn die dahinterstehenden Überlegungen sind ja durchaus verständlich. So allerdings wirkt das ganze ein wenig wie ein schlechter Rundumschlag…

  2. Diese Überlegungen sind genereller Unfug. Ich stehe 100% gegen die Reglementierung des Internets und rechtliche Eingriffe in Suchmaschinenergebnisse. Im Gegenteil: Die sollten so umfassend und individuell einstellbar sein, wie es möglich ist, damit man sich als potentiell Betroffener sogar selber ein Bild machen kann.
    Übel ist auch die pseudo-pädagogische Argumentation, man könne die Richtigkeit von Behauptungen nicht feststellen.
    Es liegt auch an der Medienkompetenz von Nutzern, dafür ein Gefühl zu entwickeln.
    Das gilt genauso für das Werkeln in sozialen Netzwerken wie Studi VZ oder Myspace. Wer sich da mit echtem Namen anmeldet und entsprechend in den Suchergebnissen zu finden ist, tut anderen Menschen u.U. einen Gefallen, könnte sich aber durch ein anderes Verhalten absichern.

    Das Gejammer wegen Persönlichkeitsrechten aus dem Mund von sich zum Fürsprecher qualifiziert fühlenden Stellvertretern und das Herbeistemmen von Paragraphen könnte im Gegenteil zu ungerechfertigten Säuberungsaktionen führen, bei denen es sich auch um angebliches geistiges Eigentum dreht: Beispiel Tom Cruise’s Scientology-Video, das bei Youtube auf Druck der Church of Scientology dutzendfach gelöscht wurde. Anderes Beispiel: Die antisemitische Hetzrede von Abu Bakr Rieger, Konvertit und ehemaliges Mitglied im „Islamrat“, vor einer Versammlung der Kalifatsstaat-Bewegung. Wurde nach seiner Intervention auch gelöscht, tauchte dann aber wieder woanders auf, was ihm letztlich die repräsentative Rolle kostete.
    Es gibt mit dem Internet Möglichkeiten und bei solchen Angelegenheiten auch ein öffentliches Interesse, außerdem das Recht auf freie Meinung und uneingeschränkten gleichberechtigten Zugang.

    Suchmaschinentreffer aus übereifrigem Daten- oder Personenschutz zu filtern, ist im Grunde eine Manipulation an der Realität und das wäre für mich auch die grauenhafteste Befürchtung, die ich, unbegründet oder nicht, gegenüber Google oder sonstigen Institutionen entwickeln könnte.

    Aber okay, ich habe sowieso für die wenigsten Eingriffe überhaupt Verständnis. Es gibt viel zu viele Bürohengste, die aus dem Datenhighway, dem World Wide Web, am liebsten eine Fußgängerzone mit Wachpersonal und vermieteten Ladengeschäften machen wollen.

  3. Schaut euch mal http://yacy.net/ an. Dort findet ihr eine OpenSource P2P-Suchmaschine, bei der Datenschutz besteht. Die Suchanfragen, der Teilnehmenden werden nicht gespeichert und einer IP zugewiesen (im Gegensatz zu google).

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.