Das Kap Horn heißt Internet?

Wenn Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung über den Abbau von Bürgerrechten sprichtund schreibt, bekommt er grossen Respekt. Davon hat er Ahnung, und da ist er sehr gut. Aber manchmal denke ich, er sollte sich besser nicht zum Internet äussern, denn das klingt immer etwas komisch, wie auch aktuell: Die VG Wort im Kampf gegen die „Enteignungsmaschinerie Internet“.

Auch Heribert Prantl, Leiter des Ressort Innenpolitik bei der Süddeutschen Zeitung, rühmte in seiner Festrede, dass sich die Verwertungsgesellschaft aus einem „besseren Holzkahn“ in ein „hochseetaugliches Schiff“ verwandelt habe. Es stelle sich aber die Frage, ob sie damit bereits für die gefährliche Fahrt ins „Mare Horribilis“ in Form der „Kommunikationswelt des 21. Jahrhunderts“ gerüstet sei. „Das Kap Horn heißt Internet“, malte Prantl aus. Vielfach sei bereits prophezeit worden, dass das Urheberrecht daran zerschellen werde. […]“Es wird zu einem Raum, in dem man alles macht, was man sonst nicht macht.“ Die „unendliche leichte Verfügbarkeit“ von Bits und Bytes gebe vielen das Gefühl: „Hier ist die Allmende des 21. Jahrhunderts.“ So würden „Millionen Töne und Texte“, die urheberrechtlich geschützt seien, ohne Zahlung von Gebühren genutzt. Habe das Urheberrecht früher eine „Mauer aus Paragraphen“ gebildet, welche die geistige Leistung der Kreativen geschützt habe, regiere nun „die globale Enteignungsmaschinerie Internet“ mit ihren „Tauschbörsen als Umsatzplätzen digitaler Piraterieware“ und ein „wieder eingeführter Kommunismus“. Die Masse der Urheber schaue so „mit dem Ofenrohr ins Gebirge“, während es bisher nur den „Befriedigern sexueller Bedürfnisse gelungen“ sei, einen Obolus zu kassieren.

Vor einem Jahr hatte sich Prantl schon mal mit Creative Commons und dem Urheberrecht auseinandergesetzt. Also rein verbal und nicht intellektuell, wie man im Kommentar von Meike lesen kann. Schade eigentlich.

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8 Ergänzungen

  1. Ich finde es peinlich wie hier impliziert wird, jeder der nicht die Meinung des Autors teilt, hätte keine Ahnung vom Internet.

    Diskussion geht anders Markus. Setz du dich doch erstmal auf deine fünf Buchstaben und erkläre uns wie wir ins utopische Zeitalter der digitalen Wissensallmende kommen, ohne unterwegs Menschen und deren Arbeit zu entwerten.

    1. @flynn Von Markus zu verlangen, er solle erklären, wie man in ein utopisches Zeitalter kommt, halte ich für nicht besonders fair. Eine Utopie definiert sich doch gerade dadurch, dass man sie nicht erreichen kann.

  2. Folge mal den Link zu dem, was Meike Richter geschrieben hat. Da ist eigentlich schon viel gesagt.

    Ein Ausschnitt:

    „Also: Prantl nennt Lessig einen “Urheberrechtszerstörer”. Das klingt schön radikal, ist aber ein klassischer Fall von “der Überbringer der schlechten Nachricht wird mit der Nachricht verwechselt”. Das klassische Urheberrecht wird ausgehöhlt von den neuen Technologien, nicht von Lessig. Lessig beschreibt diese Realität, er liefert damit aber mitnichten “… den intellektuellen Unter- und Überbau für den ungenierte Zugriff auf geistiges Eigentum”.

    Und nun kann man – wie Herr Prantl – ein wenig den guten alten Zeiten nachtrauern, als es das Internet noch nicht gab und die Schöpfer ihr Einkommen mehr schlecht als recht von den Rechteverwertern/ Konzernen bezogen.“

  3. ich muss flynn zustimmen – diskussion geht anders – und nochmals auf den commoncraft-blog verweisen. zwar hier out-of-context, aber übertragbar: „…We track our views, our Technorati links, our mentions in Twitter, our blog comments. A good percentage of people we see in social situations […] are aware of our work. […] This is all misleading and a bit unhealthy.[…]It’s too easy to start making assumptions – assumptions about general awareness, about the number of people who really know what’s happening in „our“ online world. Viewed from the comfort of our living room, bookmarked pages and social circles, the Web looks pretty small and awareness looks pretty big. It’s too easy to assume that people have heard about the tools and sites we use everyday.“

  4. Da das Ganze eine Sache der Ansicht(MEINUNG) ist und daher beide „Seiten“ Recht haben und wiederum auch nicht… Ich finde Herrn Prantl sehr gut im journalistischen Sinne, d.h. nicht das ich alle seine Ansichten teile ! Ich wüßte teilweise nicht wie ich ohne Internet auskommen könnte da es einfach die Arbeit erleichtert. Auch gerade hinsichtlich freien Werken(Gutenberg). Prantl ist in seinem Kommentar einseitig, deswegen ist die Kritik von Markus auch vollkommen in Ordnungn. Wie gesagt: „Die Strategie “Wir passen das Internet an das System an, was auf die analogen Medien gepasst hat” ist dämlich. Weil: die Erfindungsgabe der Entwickler lässt sich davon nicht entschärfen. (Nur um den Preis eines kontrollierten, unfreien, undemokratischen und scheißlangweiligen Internets.) Darum bitte den konstruktiveren Weg wählen und das Rechts- und Vergütungssystem an die neuen Technologien anpassen.“ Das passt hier hervorragend !

  5. Mal abgesehen davon, wie eine ordnungsgemäße Diskussion zu sein hat, finde ich das Bild des Kap Horns der Verwertergesellschaften sehr spannend.
    Die VG’s traten auf die Bühne der Gesellschaft, weil es einen Ausgleich geben musste, zwischen der Restriktion der Urheber und der schon damals nicht kontrollierbaren Verbreitung der Massenmedien.
    Auch z.B. bei Zeitungen wusste man eben nicht, ob nur der Käufer, oder auch seine Familie und Freunde mitliest. Oder Bücher, die in Bibliotheken lagerten und Leute fast unkontrolliert drin lesen konnten.
    Folgerichtig wäre heute natürlich eine große globale Verwertungsgesellschaft.
    Auch Herrn Prantl kann das nicht entgangen sein. Natürlich war er so pietätvoll, bei einer Feier der VG-Wort nicht deren Auflösung in eine große globale VG zu fordern.
    Das Kap Horn war sein Feigenblatt.
    Und um die Diskussionskultur hier etwas zu würzen, füge ich ein mäh muh mäh gag gag boooaaakk hinzu.

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