CFP08: Netzneutralität und Deep-Paket-Inspections

Ein weiteres interessantes Panel auf der Computers, Freedoms and Privacy Konferenz in New Haven drehte sich um „Network Neutrality: Beyond the Slogans“. Scott McCollough, ein älterer Justiziar beim texanischen Internetprovider Data Foundry behandelte die Datenschutz-Implikationen von Deep-Paket Inspections. Das ist eine Technologie, die verwendet wird, um in die Inhalte der Internetkommunikation zu schauen und zwar gleich auf allen sieben OSI-Layern. Es mag ja einige sinnvolle Anwendungen dafür geben, aber die meisten sind doch eher erschreckend. Die Technik wird sowohl zur Priorisierung des Internetverkehrs eingesetzt als auch zur Filterung von Inhalten. Oder aber für Targeted-Advertisement. Bekanntestes Beispiel hierfür ist Google-Mail. Dies wäre aber transparent und der Kunde habe die Wahlfreiheit, zu einem anderen Mail-Anbieter zu gehen. Allerdings bräuchte man dafür aber generell Breitband und der Zugang dürfe nicht diskriminiert werden. Wo wir bei den Providern wären, die anfangen, Deep Paket Inspections einzusetzen. (Siehe Beispiel mit Charter Communications aus dem letzten mitgebloggten CFP-Panel). Man würde alle Privatsphäre und viele andere Rechte verlieren, wenn die Provider Deep-Paket-Inspections anwenden würden. Denn diese könnten damit alle Inhalte öffnen und durchleuchten, auf die Kunden zugreifen. Wenn Kunden Breitband haben wollen, dürfe der ISP nicht sagen, dass man dies nur erhalte, wenn man alle Privatsphäre wegschmeisse. Dies müsse immer eine Opt-In Variante sein, d.h. der Kunde müsse explizit wollen, dass der Provider die eigenen Inhalte durchleuchtet, nicht andersherum.

Das war mal ein etwas anderer Blick auf Netzneutralität, aber sehr interessant. Für viele Dinge wird die Technologie eingesetzt. Zum Glück setzt der deutsche Datenschutz aber strenge Regeln, so dass hier Versuche wie Phorm wohl nicht möglich sind.

David D. Clark, einer der Miterfinder des TCP/IP-Protokolls, brachte etwas mehr wirtschaftliche Hintergründe zur Auseinandersetzung um die Netzneutralität. Hier würden zwei verschiedene Geschäftsmodelle aus verschiedenen Zeiten ihren Kampf ausfechten. Auf der einen Seite die Provider, die ihr Geschäftsmodell mit einem offenen Netzwerk und dem Transport von Daten aller Art verdienen. Auf der anderen Seite die Kabelunternehmen, die Programm-Pakete schnürren und diese ihren Kunden zum Festpreis verkaufen. Beide Geshcäftsmodelle wären ok, aber in ihren kulturellen Sphären.

Video als Internetphänomen habe die Netzneutralität gerade jetzt auf die Agenda gebracht und nicht zu einem anderen Zeitpunkt. Man müsse in der Diskussion und den Argumenten mit dem teuren Transport von Video aber bedenken, dass dies im Moment vielleicht noch etwas teuer sei, aber Traffic und Bandbreiteja konstant günstiger wird.

Comcast als grosser Provider verdiene in etwas das Gleiche mit einem Kabel- und Internetkunden. Aber bei ersterem müsse man noch an die Filmindustrie zahlen. Wenn man TV und Filme komplett ins Internet bringen, dann wäre das Kabel-GEschäftsmodell mit dem Pakete schnüren kaputt, dass man z.B. ein ganzes Paket an Programmen für 40 Dollar kauft.

David Reed, ein weiterer Internetpionier und Erfinder des End-to-End-Arguments, ging wieder auf Deep-Paket-Inspections genauer ein. Er habe nichts gegen Werbung, z.B. würde er sich gerne Kataloge zusenden lassenund würde dafür teilweise auch bezahlen. Aber da habe er die Wahlfreiheit, diese zu bestellen. Bei der meisten Targeted-Werbung habe er diese nicht. Wenn er sich die Werbung dafür anschaue, erinnere ihn das immer an „Total information awarness“.

Deep Paket Inspections gäbe es seit ca. 5 Jahren und er frage sich immer, ob das wirklich technisch funktioniert und sinnvoll ist. Wie bei jeder Technologie müsse man sich fragen, was man damit anstelle. Es gäbe Stellen, die das gerne einsetzen würden. (Klang wie ein versteckter Hinweis auf Geheimdienste). Das Problem an Deep-Paket-Inspections sei ja nicht nur, dass Inhalte gelesen werden. Gleichzeitig könne man die Inhalte auch modifizieren, löschen und umleiten.

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4 Ergänzungen

  1. Es wäre schön wenn alle Internetseiten nur noch https und SSL benutzen würden denn dann wäre sichergestellt das die Provider den Datenstrom nicht auswerten können.

    Da sollte man eigentlich gleich eine Kampagne starten, heutzutage ist SSL ja auch nicht mehr so teuer da ja genügend Rechenleistung zur Verfügung steht.

  2. eigentlich müsste doch jeder Provider bevor er das machen kann die AGB’s entsprechend ändern, oder?
    Weil dann hätte man einen Grund vom Vertrag zurückzutreten und sich einen besseren zu suchen

  3. @1: Ich würde ja gerne https benutzen, habe aber schon zu oft erlebt, daß Seiten zwar ein Zertifikat haben, dieses allerdings nicht als gültig erkannt wird. Das macht dann irgendwie keinen Spass. Meine DNS Anfragen kriegt mein Provider ja ohnehin mit.

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