Bundestag gegen Internetzensur

Es war sicher nur ungewollter Zufall, dass ausgerechnet jetzt zur BND-Trojaner-Affäre die Grosse Koalition im Bundestag den Antrag „Das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit weltweit durchsetzen und der Internet-Zensur entgegentreten“ eingebracht hat. Denn einen Antrag einbringen bedeutet auch eine kleine Debatte über das Thema. Diese habe ich leider nicht verfolgt, aber ich bin mal auf das Protokoll gespannt. 45 Minuten waren angesetzt, da kommt auch mal die Opposition mit ihrer Kritik an der aktuellen Politik zu Wort.

In dem Antrag finden sich dann auch Absätze wie:

„Verstösse gegen das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit finden in allen Regionen der Welt statt. Neben verschiedenen islamisch geprägten Staaten in Asien und Afrika geben auch zahlreiche weitere afrikanische und einige lateinamerikanische Staaten Anlass zur Sorg, zumenend auch Mitgliedsstaaten des Europarats.“

Interessant ist, dass ziemlich oft auf islamisch geprägte Staaten verwiesen wird, nicht nur in diesem Absatz. Natürlich sind diese Staaten sehr massiv dabei, Meinungs- und Pressefreiheit zu bekämpfen und natürlich muss man dies scharf kritisieren. Aber warum fehlen etliche asiatische Staaten wie China, Vietnam, Thailand oder Nord-Korea in der vielfältigen Aufzählung? Und warum ist man der Meinung, in der EU und in den USA wäre die Presse- und Meinungsfreiheit nicht unter Beschuss?

Aktuell ist dieser Absatz:

„Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit können von staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren ausgehen; sie können gegen Zeitungen, Radio- und Fernsehsender oder auch gegen einzelne Medienvertreter gerichtet sein.“

Man denke da nur an Cicero oder aktuell die Spiegel-Redakteurin.

Sollte in Deutschland auch die absurde Forderung der Rechteindustrie nach einer Sperrung von Internetzugängen für Tauschbörsen-Nutzer in der Politik ankommen, können wir jetzt immer den folgenden Satz zum Thema Internetzensur zitieren:

„Daneben greifen etliche Staaten bei der Kontrolle des Internets auf die einfachste und effektivste Variante zurück – der Bevölkerung wird der Zugang vorenthalten“.

Ansonsten freue ich mich natürlich, das der Bundestag einen solchen symbolischen Antrag beschliesst. Die Forderungen am Ende des Antrages kann ich alle so unterschreiben. (Ist mir jetzt zuviel zum abtippen und kopiern geht nicht aus dem PDF).

Festhalten kann man mal:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung deshalb auf:

2. bei bi- und multilateralen Gesprächen darauf zu bestehen, dass das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit ein universelles, unteilbares Menschenrecht ist, das ohne Einschränkungen nicht nur für politisch Andersdenkende gilt, sondern auch für ethnische, religiöse und sexuelle Minderheiten.

9. im Rahmen aller genannten Forderungen auch und insbesondere die Zensur im Internet zu thematisieren und dieser entgegenzutreten.

Nicht vergessen sollte man, dass die Presse- und Meinungsfreiheit auch bei uns unter Beschuss ist . Durch die vielen Affären, die in den letzten Jahren ans Tageslicht kamen. Und durch die Gesetzgebung der Grossen Koalition, die uns aktuell die Vorratsdatenspeicherung und das BKA-Gesetz bringen.

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5 Ergänzungen

  1. Ich glaub irgendwie nicht, dass die dabei an sich selbst gedacht haben. Nicht mal entfernt. Und wie man so hört, hatte auch die neue BND-Affäre keine personellen Konsequenzen an der Spitze gehabt, nur Bauernopfer. Die Leute die es wirklich verzapfen, sehen doch gar nicht, was sie da überhaupt anrichten, scheint mir.

  2. wahnsinn wie es da teilweise zugeht, wo keiner wirklich was mitbekommt.

    wie von Trac3R angesprochen, die großen brauchen keine angst zu haben, fliegen tun nur die „kleineren“ instanzen.

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