BKA-Gesetz: Der Kompromiss – Text

Vorgestern hat die Große Koalition den endgültigen Kompromiss zum BKA-Gesetz beschlossen. Wie es leider so üblich ist, wird der Text natürlich nicht rechtzeitig online gestellt. Trotzdem kursiert der Text, wie bei allen Gesetzesprozessen üblich, im politischen Berlin.

Meiner Meinung nach sollte die Politik transparenter handeln und den Text einfach online stellen, damit die Bürger dieses Landes sich eine eigene Meinung bilden können. Da dies leider nicht gemacht wird, bin ich froh, dass wir wieder den Text von einem freundlichen Menschen zugeschickt bekommen haben und ihn hier veröffentlichen können (PDF). Bildet Euch selbst eine Meinung.

Interessant ist die Begründung, warum es die „Gefahr in Verzug“-Regelung gibt, also die Aussetzung des Richtervorbehaltes bei der Online-Durchsuchung. Hier steht die Formulierung:

Die betroffenen Behörden und die Gerichtsorganisation haben danach im Rahmen des Möglichen sicherzustellen, dass in der Masse der Alltagsfälle die in der Verfassung vorgesehene „Verteilung der Gewichte“, nämlich die Regelzuständigkeit des Richters, gewahrt bleibt. Hiernach „Gefahr im Verzug“ mit Tatsachen begründet werden, die auf den Einzelfall bezogen sind.

Mich als Nicht-Juristen verwirrt die Formulierung „Masse der Alltagsfälle“, wo doch die Online-Durchsuchung nur in ganz wenigen Fällen pro Jahr angewendet werden soll. Oder lese ich da irgendwas falsches und als Jurist liest man was anderes daraus?

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18 Ergänzungen

  1. Ich verstehe das nicht als Begründung, warum es die „Gefahr im Verzug“-Regelung gibt, sondern als Begründung, warum die Rechtsprechung des BVerfG zur Online-Durchsuchung einer solchen Regelung nicht entgegen stehen soll – nämlich weil sie nur in absoluten Ausnahmefällen greife.
    „Masse der Alltagsfälle“ heißt in dem Kontext dann nicht, dass angenommen wird, die Online-Durchsuchung werde in absoluten Zahlen häufig durchgeführt, sondern dass von der Gesamtzahl der Fälle der weit überwiegende Teil durch einen Richter angeordnet werden soll.

    Warum man die Regelung braucht, wenn die Online-Durchsuchung doch ohnehin eine so große Vorlaufzeit haben soll, habe ich allerdings auch noch nicht verstanden.

  2. Ich sehe gerade, am Ende gibt es ja Beispielsfälle zur Eilbedürftigkeit. Die allerdings hören sich alle sehr konstruiert an.

    Beispiel:
    „Erst durch weitere Begleitmaßnahmen (auch: VP-Hinweis)
    wird bekannt, dass die ZP in der kommenden Nacht von einem Samstag auf einen Sonntag die wichtige Nachricht mittels verschlüsselter Dateianlage einer E-mail erlangen wird (konkrete Anschlagsplanung !, Skizzen !; Anleitungen !).“

    Nicht nur durch den konstruierten Sachverhalt, auch aufgrund der Tatsache, dass in dem Anschreiben ja darauf hingewiesen wird, dass es richterliche Notdienste gibt, finde ich das etwas abstrus…

  3. Die Textpassage, die hier in der Tat merkwürdig klingt, entspricht den Ausführungen, mit denen das BVerfG Wohnungsdurchsuchungen in Eilfällen überprüft. Dort geht es dann in der Tat um eine „Masse von Alltagsfällen“. Etwas besseres Pasting hätte den Entwerfern allerdings nicht schlecht zu Gesicht gestanden.

  4. Wenn ich etwas sehr wichtiges zu verbergen hätte, würde ich einen zweiten Rechner haben, der niemals am Netz ist und evtl. sogar von einer Live-CD gestartet wird und somit garantiert nicht manipuliert werden kann. Auf dem Netzrechner befinden sich dann nur verschlüsselte Daten, die erst nach manuellem Kopieren (Diskette, USB-Speicher) auf dem zweiten Rechner entschlüsselt werden. Und der ganze Trojaner-Spielkram ist in seiner Wirkung verpufft.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.