Vorratsdatenspeicherung kommt – Proteste gehen weiter

Der Bundesrat hat heute morgen der Vorratsdatenspeicherung zusammen mit dem neuen Telekommunikationsüberwachungsgesetzt wie erwartet zugestimmt. Allerdings fand die Empfehlung des Rechtsausschusses, doch bitte später über die anstehende Urheberrechts-Novelle eine direkte Auskunftspflicht an private Unternehmen einzuführen, keine Mehrheit. Justizministerin Brigitte Zypries hat sich hier offenbar festgelegt:

Die Vorratsdatenspeicherung bleibe beschränkt auf die Strafverfolgung. „Das Bundesjustizministerium hat nicht vor, daran im Rahmen der Richtlinie zum Schutz des geistigen Eigentums irgendetwas zu ändern.“

Hier sind die Meldungen von dpa, AFP und heise. Leider hält sich, wie auch in diesem Tagessschau-Bericht, immer noch hartnäckig die Falschmeldung, dass es einen Zugriff auf die gespeicherten Daten nur per Richterbeschluss geben soll. Das ist nicht so.

Vor dem Bundesrat haben heute morgen ca. 100 Anwälte und Aktivisten vom AK Vorrat gegen die neuen Überwachungsgesetze protestiert. Einen kleinen Bericht mit Bildern gibt es bei 24stunden.de.

Die Proteste gehen natürlich weiter. Neben der Verfassungsbeschwerde werden jetzt auch stärker technische Maßnahmen des Selbstschutzes und des zivilen „Vorratsdaten-Ungehorsams“ diskutiert. Darunter fällt die verstärkte Nutzung von TOR und anderen Anonymisierungsnetzen, die Knoten im Ausland haben, Tauschbörsen für nicht registrierte Mobiltelefone und Prepaid-SIM-Karten, die Nutzung von Skype über UMTS und ähnliches. Eine Reihe von Mailserver-Betreibern diskutiert gerade, ob sie sich der Speicherpflicht offen widersetzen wollen.

Politisch wandert offenbar auch bei den Sozialdemokraten der zunehmende Unmut der Basis über die Verschärfung der Überwachung durch die Gremien nach oben. Als erster Landesverband hat sich die SPD Thüringen am Wochenende gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Der Antrag hatte

die Datenspeicherung auf Vorrat als „vollkommen unverhältnismäßig“ bezeichnetund den „Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung,Verwendung und Weitergabe von Daten“ als Grundrecht verteidigt. DerBeschluss wurde vom SPD-Parteitag mit großer Mehrheit angenommen und wird an die Bundestagsfraktion und den Bundesvorstand weitergeleitet.

Ich habe gehört, dass ähnliche Debatten auch in anderen Landesverbänden laufen. Mal sehen, wann es mehrheitlich auch die Bundestagsfraktion erreicht.

Wer noch Hintergrundinfos zum Thema Vorratsdatenspeicherung sucht und beim AK Vorrat nicht genug findet – die neue Ausgabe der „Mitteilungen der Humanistischen Union“ hat ein paar lesenswerte Beiträge:

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9 Ergänzungen

  1. Weiß jemand wie das Land Rheinland-Pfalz abgestimmt hat? Schließlich hatte Beck am Wochenende auf dem Juso-Bundeskongress noch davon geredet die Grundrechte in Deutschland verteidigen zu wollen. Hat er sich daran gehalten?

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