„Vergiss niemals, dass China noch immer eine Diktatur ist“

Der Dauerkrisenfall China v Pressefreiheit geht in eine neue Runde. Bereits letzte Woche und im April in den News (u.a. beim Inquirer bzw. bei heise), diese Woche um so aktueller qua Prominenz. Der Journalist Shi Tao (师涛/師濤) hat vergangene Woche von der World Association of Newspapers (WAN) die goldene Feder der Freiheit verliehen bekommen. Noch in Haft, schließt er sich einer Klage gegen Yahoo an. Geführt wird die Klage von Wang Xiaoning (王小宁), der ebenfalls in Haft sitzt, weil er zwischen 2000 und 2002 pro-demokratische Mails über Yahoo-Mailserver verschickt und in dortigen Foren gepostet hatte. Die Klage wurde bereits im April erhoben:

Wang war angeklagt worden, zwischen 2000 und 2002 pro-demokratische Artikel in einem elektronischen Newsletter per E-Mail verschickt zu haben. Laut HRIC nannte das Urteilsschreiben mehrere Texte, darunter einen mit dem Titel: „Vergiss niemals, dass China noch immer eine Diktatur ist“. Das Schreiben zeige, dass die Informationen des in Hongkong sitzenden Zweiges von Yahoo dabei halfen, die Verbindung zwischen Wang Xiaoning und den beanstandeten Nachrichten in einem Diskussionsforum herzustellen.

Reporter ohne Grenzen hat deutlichere Worte: Bei heise.de liest man heute zur Ausweitung der Klägerschaft:

Der Journalist Shi Tao hat sich der Klage der Menschenrechtsorganisation World Organization for Human Rights USA gegen den Internetdienstleister Yahoo angeschlossen. Shi war im April 2005 wegen angeblicher Enthüllung von Staatsgeheimnissen zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden, da er per E-Mail behördliche Instruktionen für Journalisten weitergeleitet hatte. Zu seiner Verhaftung hatte Yahoo beigetragen, in dem das Unternehmen die Kundendaten den chinesischen Ermittler übergeben hatte. Dafür müsse Yahoo bestraft werden, sagte laut Medienberichten Shis Mutter Gao Qinsheng.

Auch Futurezone berichtet: Chinesische Dissidenten vs. Yahoo

Das bestätigte die Mutter des Journalisten am Sonntag in Hongkong. Shi Tao war 2005 von den chinesischen Behörden zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, weil er in einer E-Mail die Restriktionen kritisierte, die der chinesische Staat den Medien auferlegt.

Die Bürgerrechtler werfen Yahoo und dessen chinesischem Partnerunternehmen Alibaba.com vor, durch ihre Kooperation mit den chinesischen Behörden Dissidenten wie Shi der Folter auszuliefern.

Yahoo, wie auch anderen Großunternehmen, bedauert das (und meint immer die schlechte PR, die so eine Unternehmung bringt), ändert aber nichts an der Geschäftspraxis. Die Reporter ohne Grenzen müssen weiter Kampagnen fahren.

Unterdessen wurden in China drei Journalisten entlassen, weil sie die Mütter von Opfern des Tiananmen-Massakers interviewt hatten. Der Slogan im Titel ist jedenfalls so aktuell wie immer.

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10 Ergänzungen

  1. Für Unternehmen wie Google oder Yahoo gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder sie lassen sich an die Leine der chinesischen Regierung legen oder sie werden komplett gesperrt.
    Also ich wüsste genau wie ich mich da entscheiden würde und kann die Zusammenarbeit mit den Chinesen nachvollziehen.

  2. @Malte: ja und? Dann werden sie eben in China gesperrt. Eine konsequente moralische Haltung sollte sch doch wohl problemlos in klingende Münze umwandeln lassen. Was aber derzeit läuft ist genau DAS, was Globalisierungskritiker (zu Recht) auf die Barrikaden treibt. Egal, wer dabei auf der Strecke bleibt, Hauptsache, die Kasse stimmt. Und die Stiefelleckerei bei den chinesischen „Partnern“ wird uns auch noch als Eisbrecher für demokratische Entwicklung verkauft. Pfui!

  3. Yahoo kann sich nicht bei moralischen Fragen zurückhalten, mit dem Verweis darauf, dass man nur ein bisschen Geld verdienen will. Es ist doch geradezu pervers Firmen diese „Freiheit“ zuzugestehen.

    Oder vereinfacht übertragen: Wenn man seinen Porsche nur bezahlen kann indem man anderen die Köpfe einschlägt sollte man es lassen und verzichten.

  4. Es ist doch ganz klar für was sich die Suchmaschinen entschieden haben. Für das Geld. Google und Yahoo können es sich nicht leisten auf den chinesischen Markt zu verzichten. in China gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder man zieht mit oder nicht.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.