Uwe Schünemann verteidigt die trojanischen Behörden-Mails

Der Deutschlandfunk hat heute den niedersächsischen Innenminister Uwe Schünemann zur Online-Durchsuchung interviewt: „Sinnvoll und auch technisch machbar“. (MP3).

Lustigerweise verteidigt er die Möglichkeit, einen „Bundestrojaner“ in Behördenmails zu verstecken und sieht darin kein Problem eines möglichen Vertrauensverlust der Bürger:

Engels: Unterstützen Sie diese Pläne des Innenministeriums, wenn sie denn stimmen, dass im Einzelfall auch Bundestrojaner in Behörden-E-Mails versteckt werden?

Schünemann: Das Wichtige ist, darzustellen, dass wir eine konkrete Bedrohungslage durch den islamistischen Terrorismus haben, und in diesem Anwendungsbereich will man Online-Durchsuchungen durchführen, zehn, zwölf Mal im Jahr. Das ist die Grundlage, und da muss man sehen, wie es technisch überhaupt machbar ist. Es kann ja nicht sein, dass man in die Wohnung des Verdächtigen hineingeht und versucht, am PC etwas umzusetzen. Das ist sehr viel schwieriger und betrifft die Intimsphäre noch mehr. Und wenn man in diesen wenigen Fällen dann das über die Mails macht, dann klingt das sinnvoll und auch technisch machbar.

Engels: Und Sie haben keine Sorge, dass da das Vertrauen der Bürger doch schwinden wird in solche behördliche Post, die sie per E-Mail erreicht?

Schünemann: Wenn Sie sich die Anwendungsfälle noch mal vor Augen führen, zehn oder zwölf, kann das keine Veranstaltung sein, die in irgendeiner Weise die gesamte Bevölkerung verunsichert.
[…]
Engels: Nun, im Zweifelsfall könnte es auch so laufen, dass der Bürger überhaupt keine Behördenpost mehr, die er online bekommt, öffnet und da auch drauf verweist, dass er nun einmal nicht in irgendeiner Form in so einen Verdacht und in solch eine Ausspähung geraten will.

Schünemann: Wenn man sich genau anguckt, wie die rechtlichen Regelungen sein werden, dann bin ich ganz sicher, dass diese Verunsicherung der Bevölkerung nicht gegeben sein wird und es geht ja auch um Terrorismusverdacht, und da kann man sich nicht vorstellen, dass man dann überhaupt keine Behördenpost über Mailverkehr dann öffnet. Das ist eine theoretische Diskussion, die jetzt geführt wird, weil man es einfach vielleicht nicht will, und das kann nicht der Hinderungsgrund sein.

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12 Ergänzungen

  1. Weitere Fragen an Herrn Schünemann:

    Das Wichtige ist, darzustellen, dass wir eine konkrete Bedrohungslage durch den islamistischen Terrorismus haben,…

    Ja? Haben wir? Wo? Wann? Sollte man nicht erstmal reale Bedrohungen mit wesentlich höherem Schadenspotential begegnen? Wie z. B. dem Individualverkehr?

    Für wie dumm halten unsere Politiker die vermeintlichen Terroristen eigentlich? Der durchschnittliche Terrorist scheint eher etwas intelligenter zu sein; viele haben studiert. Warum geht man davon aus, dass solche Personen unvorsichtig sind und Mails von unbekannten Absenden öffnen (auch wenn es eine Behörde ist)?

    Was, wenn ich diese Mails an hunderte willkürlich gewählte Mail-Adressen verschicke und sich der Trojaner auch nur auf einem Bruchteil der Systeme einnistet?

    Und wie will man überhaupt einen „maßgeschneiderten“ Trojaner entwickeln, wenn man nicht mal im Detail weiß, was für ein System der zu überwachende verwendet?

  2. Interessant ist auch das Ziercke von „5 bis 10 Fällen im Jahr“ sprach, Schünemann redet jetzt schon von „10 bis 12 Fällen im Jahr“ … demnächst redet jemand von „15 bis 20 Fällen“

    Abgesehen davon würde ich auch gerne mal Belege für die konkrete islamistische Bedrohung für Deutschland sehen. Die einzige Bedrohung für unsere freiheitliche Verfassung sehe ich im Moment leider in unseren Politikern…

  3. Na ja, dass Herr Schünemann sich ungeachtet gesunden Menschenverstands gegen jede vernünftige Argumentation stellt, haben wir ja schon in der Diskussion um die sogenannten Killerspiele gemerkt.

    Insofern wundert es mich nicht, dass er auch zum Thema Online-Durchsuchungen seine Merkbefreiung erneut unter Beweis stellt.

  4. Alleine die Tatsache, das in Mails von Regierung der RFS versteckt sein könnte reicht mir persönlich aus, keine einzige mehr zu öffnen. Ob das jetzt eine, 10 oder 10.000 Mails im Jahr wären, ist mir relativ egal. Das Vertrauen ist futsch…

  5. Wenn ich sowas lese, entsteht bei mir pure Verzweiflung, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass
    1.) jemand so naiv sein kann, zu glauben, was U.S. da verzapft.
    2.) jemand so doof sein kann, wie U.S. da tut.
    3.) jemand so dumm war, diese sch**ß-Regierung zu wählen.
    .
    wenigstens zu 3.) bin ich selbst mit schuld (bei der Bundesregierung).
    Asche auf mein Haupt!
    .
    Was schliessen wir nun aus diesen und ähnlich merkbefreiten Äußerungen:
    Der Terrorismus war erfolgreich!
    .
    Bin Laden hat die westliche Demokratie zerstört!!
    .
    .
    .
    .
    PS: dies war eine Meinungsäußerung, die nicht als Tatsachenbehauptung missverstanden darf, da anderweitig mein Copyright auf diese Meinungsäußerung verletzt wird!

  6. Unanbhängig vom Inhalt, sollten doch alle in NRW auf die Barrikaden gehen, da ihre gewählte Regierung einen so offensichtlichen Stuss fabriziert. Es ist echt unfassbar.

  7. Sollte natürlich Niedersachsen und nicht NRW heißen ;-)

    Das Video hat was. Allerdings nichts realistisches

  8. Wie hoch wird denn die allgemeine Bedrohungslage durch paranoide Politiker geschätzt?

    Diese dürfte alle anderen bedrohungen um Größenordnungen übertreffen (auch den Induvidualverkehr).

  9. In den Mund gelegt:

    „Wenn Sie sich die Todesfälle noch mal vor Augen führen, null, kann das kein Terror sein, die in irgendeiner Weise die gesamte Bevölkerung verunsichert.“

    Bezogen auf die vereitelten Terroranschläge in der jüngsten Vergangenheit…

  10. Ist es eigentlich Zufall, dass die ‚Text‘-Fassungen der Bundeskanzlerinnen-Podcasts sowie so ziemlich alle online verfügbaren Behördenveröffentlichungen und -vordrucke nur als PDF vorliegen?

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.