Udo Jürgens wird Lobbyist

Udo Jürgens spielt jetzt den Cliff Richards. Bei einem Lobby-Treffen der IFPI (aka „Musikindustrie“) mit Bundeskanzlerin Merkel wurde er vermutlich als Wunderwaffe mitgenommen. Ob er ihr auch ein Ständchen sang, geht aus dem Artikel im Musikmarkt nicht hervor: Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft Vertreter der internationalen Musikindustrie. Dafür setzt er sich für eine Ausweitung seiner Rechte ein:

Stellvertretend für 27.000 Künstler aus ganz Europa – die eine entsprechende Petition unterschrieben haben – sagte Udo Jürgens: „Immer mehr Künstler müssen die bittere Erfahrung machen, dass ihre frühen Aufnahmen und ihr geistiges Eigentum ohne ihr Wissen, ihren Einfluss und ohne eine Entschädigung veröffentlicht und kommerziell ausgewertet werden.“ Die Künstler, davon 14.000 aus Deutschland, fordern deshalb eine Angleichung ihrer Schutzfristen von bisher 50 auf 95 Jahre wie in den USA.

Übersetzt heisst das, dass Udo Jürgens damit unsere Rechte, die der Allgemeinheit, „klauen“ möchte. Wenn die Schutzfrist ausläuft, wird ein Werk Allgemeingut (Im englischen auch Public Domain genannt). Dies gehört allen und das ist der Grund, weshalb man heutzutage so gut und einfach Werke von Goethe oder Schiller remixen darf. Wenn die Singularinteressen von Udo Jürgens jetzt ausgeweitet werden, geht das zu Lasten der Allgemeinheit.

Übrigens hat man gleich das ganze Aufgebot des Vorstandes der internationalen IFPI aufgefahren, um gestern Lobbying in Berlin zu machen. Vor Merkel war Zypries dran.

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

11 Ergänzungen

  1. sensationell, wäre ich musiker, ich würde mich selbstverständlich auch nur und ausschliesslich von udo jürgens vertreten lassen! der mann hat es einfach drauf! allergrössten respekt! der wahnsinn.

  2. “Immer mehr Künstler müssen die bittere Erfahrung machen, dass ihre frühen Aufnahmen und ihr geistiges Eigentum ohne ihr Wissen, ihren Einfluss und ohne eine Entschädigung veröffentlicht und kommerziell ausgewertet werden.“ diese sog. „kuenstler“ koennen sich mal bitte getrost bei den musik labels bedanken! ich werde auch weiterhin meine netlabels hoeren.

  3. Typischerweise haben die deutschen Phonoverbände nichts aus dem (aus Sicht des Phonokartells) Debakel um Cliff Richard gelernt. Wenn sich die hochbezahlten Herren Haentjes und Gorny mal bei ihren Kollegen von der britischen Abteilung der IFPI erkundigt hätten, dann hätte sie erfahren, dass es ein Fehler war, einen Multi-Millionär als Aushängeschild für eine Kampagne zu nehmen, bei der Musikkonzerne mit Hilfe von notleidenen Künstlern ihre Profite maximieren wollen.

    “Immer mehr Künstler müssen die bittere Erfahrung machen, dass ihre frühen Aufnahmen und ihr geistiges Eigentum ohne ihr Wissen, ihren Einfluss und ohne eine Entschädigung veröffentlicht und kommerziell ausgewertet werden.”

    Dies ist absolut richtig. Und in vielen (wenn nicht den meisten) Fällen sind für dieses schändliche Treiben die in der IFPI organisierten Labels/Musikkonzerne verantwortlich, an die sich die Künstler per Exklusivvertrag freiwillig gebunden haben.

    Für die Verlängerung der Schutzfrist gibt es keine kulturellen und noch nicht einmal ökonomische Argumente. Dies hatte auch Andrew Gowers in seinem Report für die britische Regierung dargelegt. Vor ein paar Wochen hat er sogar eingeräumt, dass er eigentlich eine VERKÜRZUNG vorschlagen wollte, es dann aber wegen der sicheren Ablehnung doch nicht gemacht hat.

    Gowers considered cutting music copyright to less than 50 years

    Andrew Gowers considered shortening the copyright term for music to less than 50 years in his Treasury-commissioned review of intellectual property, but pulled back from the plan because it was „politically prudent“ to do so.
    http://www.theregister.co.uk/2007/04/26/gowers_music_copyright/

  4. Der Verfasser dieses Werks war klug beraten, seine Ergüsse anonym zu veröffentlichen, vermutlich ahnt er, wie wenig Gehalt dahintersteckt.
    Wer nicht mal weiss, wie Cliff mit Nachnamen heißt, der kann auch nicht wissen, dass niemand etwas „der Allgemeinheit klaut“, sondern genau umgekehrt: Die Allgemeinheit profitiert vom geistigen Eigentum der Künstler, vor allem dann, wenn sie es kostenlos nutzen darf.
    Wer hier „Singularinteressen“ eines einzelnen offenbaren Feindbildes sieht, zeigt gleichzeitig seinen Horizont.
    Wetten, dass dieser Beitrag abschlägig „moderiert“ wird ??

  5. Martin, wie kommst Du darauf, dass ich diesen Beitrag anonym veröffentlicht haben soll? Das brauche ich hier nicht zu tun. Einen kleinen Rechtschreibfehler im Namen des Künstlers kann man als Argumentationsgrundlage wählen, um Kritik an der Argumentation zu nutzen, muss man aber nicht. Ich hab meine Meinung dargelegt.Öffentlich und nicht anonym. Was ist denn Deine (auch nicht anonyme) Meinung, wenn Du nicht mit meiner einverstanden bist?

  6. Hallo,
    laut §64,§65 UrhG gilt der Urheberschutz bis 70 Jahre nach dem Tod des Komponisten… fruher waren das wohl mal 50 Jahre *nach dem Tod*… also wenn dass Udo Jürgens nicht reicht, hoffe ich dass bis dahin seine Musik out ist.
    Schönen Gruß, Alex

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.