Schweiz: Detailinfos zum IFPI Vertrag für DJs

Wie bereits berichtet, hat die IFPI Briefe und einen Vertrag an 200 DJs versandt. Dabei wurden sie zu happigen Zahlungen für das Kopieren von Liedern aufgefordert.

Im Blog der Digitalen Allmend wurden nun die Briefe veröffentlicht. Auch wurden einige interessante Punkte des Vertrags zusammengestellt:

  • Der DJ muss der IFPI von jeder Promo-CD unaufgefordert eine kostenlose Kopie zusenden.
  • Wenn der DJ Hörproben eines Sets zwecks Promotion auf seine Website stellt, ist «die Spieldauer eines jeden Ausschnitts auf eine Dauer von 60 Sekunden limitiert.»
  • «Jede Tonaufnahme darf nur einmal je “Anklicken” wahrnehmbar sein.» Eine Wiederhohlung der jeweiligen Ausschnitte oder die Verwendung als Hintergrundmusik der Website ist nicht gestattet.
  • Der «DJ gewährt IFPI vollumfänglich Einblick in alle bezüglich Internet-Nutzung verfügbaren statistischen Daten (z.B. log-files).»
  • «Das Speichern (”Hosting”) [..] ist ausschliesslich auf einem Server mit Standort in der Schweiz gestattet.»
  • Der «DJ darf ausschliesslich Tonaufnahmen zur Vervielfältigung verwenden, die nicht aus [..] Online-Tauschbörsen stammen.»
  • «Tonaufnahmen, die mit einem Kopierschutz- oder einer sonstigen Schutzvorrichtung versehen sind, der ihre Vervielfältigung verhindert, dürfen nicht kopiert werden.»
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    7 Ergänzungen

    1. Also diesen Punkt finde ich ja mit Abstand am besten:

      «Jede Tonaufnahme darf nur einmal je “Anklicken” wahrnehmbar sein.»

      Wie stellt sich die IFPI das vor? Nutzererkennung per IP-Adresse oder Cookie?

      Wenn die IP-Adresse abgeglichen werden soll, dann kann es ja bei dynamischen Adressen der Fall sein, daß jeder nachfolgende „Besitzer“ der geloggten IP-Adresse die Hörprobe praktisch nicht mehr anhören kann, weil sie der „Vorbesitzer“ schon angehört hat. Und Cookies lassen sich – teils automatisiert – löschen. Also wozu der Aufwand?

      Bei dem ganzen Wahnsinn – Schwachsinn wäre mittlerweile eine maßlose Untertreibung – könnte ich das Fenster aufreissen und einfach laut rausschreien. Es ist unverkennbar, daß die für diese Hirnwichsereien Verantwortlichen von der Technik nicht den blassesten Schimmer haben und scheinbar auch an Weihnachtsmann, Osterhase und den warmen Eislutscher glauben.

    2. Mit dem Punkt «Jede Tonaufnahme darf nur einmal je “Anklicken” wahrnehmbar sein.» ist gemeint, dass die Aufnahme nicht automatisch als Schleife abgespielt werden darf.

      Um eine Tonaufnahme nochmals anzuhören, müsste man also einfach nochmals den „Play-Button“ anklicken.

    3. Na das sind ja Spasties… Was stellen sich die eigentlich vor? So etwas auch nur zu „fordern“ ist schon eine Frechheit!
      Die wollen offenbar ihre Wunschgesetzte (welche in der Schweiz nicht gelten) für sich durchsetzen.

      Aber man darfs mal wieder nicht zu ernst nehmen – sonst regt man sich noch auf.

    4. Zu Rechteerwerb und Schadensersatz sind mir zwei Punkte im DJ-Vertrag der Schweizer IFPI aufgefallen:

      Im Vertrag heißt es: „6. Die IFPI-Mitglieder können aus lizenzrechtlichen oder anderen wichtigen Gründen, die z.B. in der Person eines Interpreten liegen, jederzeit die Einschränkungen bestimmter mit diesem Vertrag eingeräumten Rechte verlangen, DJ verzichtet ausdrücklich auf die Geltendmachung jedweder Schadensersatzansprüche.“

      Im Klartext: Die Schweizer IFPI vergibt Rechte, ohne dazu in jedem einzelnen Fall von den Labels und/oder den Interpreten überhaupt ermächtigt worden zu sein. Weiß jemand, auf welcher Rechtsgrundlage die IFPI in der Schweiz agiert? In Deutschland sind für die kollektive Vergabe von Rechten kollektive Verwertungsgesellschaften (GEMA, GVL, VG Wort etc.) zuständig, für die strenge gesetzliche Regelungen gelten. Dadurch soll verhindert werden, dass die Lizenznehmer nachträglich böse Überraschungen erleben.
      Im Fall der DJs ist die GVL ( Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten) für das „Vervielfältigungsrecht zum Zweck der eigenen öffentlichen Wiedergabe“ zuständig.

      Und während die DJs auf Schadensansprüche verzichten, steht im Vertrag nichts darüber, ob auch die Labels / Interpreten deren Rechte durch die DJs verletzt wurden (weil sie sich auf den Vertrag mit der IFPI verlassen haben) auf Schadensersatzansprüche verzichten.

      Dies bedeutet: Mit dem IFPI-Vertrag erhalten die DJs keinerlei Rechtssicherheit. (Abgesehen davon, dass es ja nur um die Rechte der IFPI-Labels geht und – mindestens – 70 Prozent aller veröffentlichten Musik auf Labels erscheinen, die dem Phonokartell nicht angehören)

      Ungewöhnlich ist, dass im Vertrag zwar Rechte eingeräumt werden, aber nicht von „Lizenzzahlungen“ sondern von „Entschädigungen“ gesprochen wird.

    5. Ein Glück, dass es die IFPI gibt. Endlich kümmert sich mal jemand darum, dass dem geneigten Clubgänger keine geraubten Musikstücke präsentiert werden.

      Denn DJ’s die mit mp3’s arbeiten haben ihre Musik garantiert nicht aus legalen Quellen bezogen. Woher sollten auch diejenigen wissen, die mit Musik ihr Geld verdienen, dass es durchaus akzeptabel ist, für digitale Musik zu zahlen.

      Noch dankbarer dürften jene Musiker sein, die ihre Arbeiten unter der CCPL veröffentlichen, die ja ausdrücklich ein öffentliches Aufführen gestattet.

      Nur gut, dass der geneigte Musikhörer Verständnis dafür hat, wenn sich raffgierige Musikkonzerne und deren Verbände die Taschen voll schaufeln möchten und dabei kein Randereignis übersehen. Das verlockt richtig zu einem Besuch im nächsten CD-Geschäft.

      Schade nur für die Schweizer, das Künstler wie Richie Hawtin oder James Holden demnächst einen Bogen um ihr so schönes Land machen müssen.

    Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.