Neue Interpretation für die informationelle Selbstbestimmung?

Brigitte Zypries war heute im Deutschlandfunk zur Vorratsdatenspeicherung und der Überwachungsgesetzgebung zu hören (MP3). Dabei gab es u.a. diesen Satz, der mir etwas komisch vorkam (Ab 4:18 Min):

DLF: Gehört die informationelle Selbstbestimmung nicht mehr zum Verständnis einer modernen Demokratie?

Zypries: Doch natürlich. Aber das Recht auf informationelle Selbstbestimmung heisst ja nur, dass Bürger darüber informiert werden müssen, wer was von ihnen speichert. Und das hat sich auch als Abwehrrecht gegen den Staat positioniert.

Wenn das jetzt so ist, dann muss wohl irgendwer die Wikipedia-Seite zu Informationeller Selbstbestimmung verbessern. Da steht:

Im deutschen Recht bezeichnet die Informationelle Selbstbestimmung das Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen.

Update: Transcript ist jetzt beim Deutschlandfunk online: Zypries verteidigt Vorratsdatenspeicherung.

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21 Ergänzungen

  1. Das ist der absolute Hammer! Die Frau ist als „Verfassungsministerin“ für die Kontrolle sämtlicher Gesetze auf Vereinbarkeit mit der Verfassung zuständig!

    Hier hat Schröder wirklich den Bock zur Gärtnerin gemacht. Ich will Herta wiederhaben!

  2. … und wenn die Grundrechte den Datensammlern nicht passen, dann werden sie eben passend gemacht… oder in dem Fall besser passend geredet… *kopfschüttel* Das hatten wir doch schon mit Bundeswehreinsatz im Inneren und Abschuss gekaperter Flugzeuge.

  3. Einen fast identischen Satz hat Wolfgang Schäuble in einem Artikel von sich gegeben, der in der aktuellen Ausgabe der „Zeitschrift für Rechtspolitik“ veröffentlicht worden ist. Datenschutz ist für Schäuble lediglich Transparenz der Datenerhebung und -verarbeitung.

    Wer hier von wem abgeschrieben hat oder ob diese Aussage bereits herrschende Meinung innerhalb der Regierung ist, lassen wir jetzt mal dahingestellt…

  4. Die Definitionshoheit über Begriffe ist wesentlich, um Menschen kontrollieren zu können. Zypries betreibt Neusprech, nichts anderes. So wie letztens irgendein Politiker (vergessen, wer) behauptet hat, Dtl. würde zu keinem Überwachungsstaat, schließlich habe keiner vor, zu foltern. Auch Sprüche wie „die wichtigste Freiheit ist die Freiheit, ohne Angst in der U-Bahn fahren zu können“ laufen auf sowas hinaus.

    Damit wird es Kritikern erschwert, andere Menschen zu erreichen, weil nicht die gleiche Sprache gesprochen wird. Ist die Neudefinition ausreichend verbreitet, kann man Kritik überhaupt nicht mehr prägnant ausdrücken. Wenn „Überwachung“ = „Folter“, was ist dann, auf Schritt und Tritt … „beobachtet“? zu werden?

    Zumindest nicht, bis Kritiker neue Begriffe erfunden haben. Das ganze ist ein Wettrüsten.

    Gruß, Kristine

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