Morgen: Bundestag stimmt über Telemediengesetz ab

Morgen soll im Bundestag das umstrittene Telemediengesetz verabschiedet werden. Die Bundesregierung legt bei der so genannten „Internet-Gesetzgebung“ einen rasanten Zeitplan vor, den man ja gewöhnt ist. Für Debatten und Verbesserungen bleibt da keine Zeit. Argumentiert wird mit der Umsetzung des Rundfunkstaatsvertrages zum 1.März 2007. Allerdings ist das eine schlechte Ausrede für ein lückenhaftes Telemediengesetz, was bereits bei der Verabschiedung überaltert ist. Die Kritik von zivilgesellschaftlicher Seite findet man in einem gemeinsamen Papier (PDF), was von verschiedneen Bürgerrechtsorganisationen veröffentlicht wurde. Viele Informationen zur aktuellen Debatte finden sich in diesem Blog unter dem Schlagwort „Telemediengesetz„.

Der Datenschützer und Jurist Patrick Breyer erklärt im NetzpolitikTV-Interview die zivilgesellschaftliche Kritik am Telemediengesetz und warum diese Internet-Gesetzgebung alle Internetnutzer betrifft und gleichzeitig Bürger- und Verbraucherrechte befährdet:

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Das Video gibt es als MP4 und im freundlichen OGG Theora-Format in High Quality. Der Sound ist leider nur auf einer Spur. Ich hab aber gerade keine Zeit, da jetzt rumzubasteln.

Aktuell gibt es in der FTD einen Artikel dazu: Auf verschlungenen Pfaden.

Auch Wirtschaftsvertreter, Web-Aktivisten oder Datenschützer halten die Neufassung des wichtigsten deutschen Internetgesetzes für misslungen. Und selbst dort, wo die Novelle am Donnerstag abschließend beraten werden soll, distanzieren sich schon jetzt einige davon. Es gebe „weiteren Optimierungsbedarf“, sagt ein Bundestagsabgeordneter.[…]
Die Bundesregierung kennt eigentlich die Probleme der Internetwirtschaft, wartet mit dem großen Wurf aber lieber, bis neue Vorgaben aus Brüssel da sind. Denn die entsprechende EU-Richtlinie zum E-Commerce wird zurzeit überarbeitet. Bis dahin muss das Telemediengesetz behelfsmäßig halten – zumal durch die Änderungen an den Landesmediengesetzen sonst eine Lücke im Bundesrecht entstehen würde.

Der Arbeitsname des Telemediengesetzes ist übrigens „Gesetz zur Vereinheitlichung von Vorschriften über bestimmte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste (Elektronischer- Geschäftsverkehr-Vereinheitlichungsgesetz – EIGVG)“.

Stefan Krempl schreibt auf Heise über die heutige Sitzung des Wirtschaftsausschuss im Bundestag, der die Beschlussvorlage für das morgige Plenum mit den Stimmen der grossen Koalition beschlossen hat: Nutzerdaten sollen zur Gefahrenabwehr freigeben werden.

Es ist zu erwarten, dass das Plenum des Bundestags bei der für den morgigen Donnerstag geplanten Verabschiedung des ElGVG die Empfehlung der Wirtschaftspolitiker übernehmen wird. Demnach müssten die Anbieter von Tele- und Mediendiensten künftig Informationen wie Name, Anschrift oder persönliche Nutzerkennungen auch für Präventionszwecke herausrücken. Die Bundesregierung hatte in ihrem Entwurf zunächst vorgeschlagen, dass die Provider „für Zwecke der Strafverfolgung, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum“ zur Herausgabe von Bestands- und Nutzerdaten verpflichtet werden sollen. Dies ging dem Bundesrat nicht weit genug, da auf Internetplattformen auch „Anleitungen zum Bau von Sprengsätzen, Blankoformulare für Dienstausweise der Polizei oder Zugangsberechtigungen für einen bestimmten Flughafen angeboten werden“ könnten und dagegen im Vorfeld eingeschritten werden müsse.

Update:

Die grüne Fraktion hat sich heute geäussert: „Neuordnung der Medienordnung“ bereits bei Verabschiedung veraltet.

Stattdessen übernimmt sie einen Vorschlag des Bundesrates, der es der Polizei in den Ländern ermöglichen soll, bei den Diensten bereits zur vorbeugenden Gefahrenabwehr auf persönliche Daten zuzugreifen. Dies bedeutet Sammlung tausender Daten Unschuldiger – ohne dass eine Straftat vorliegt. Hier sehen wir einen nicht hinnehmbaren Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es ist klar: Dieses Gesetz ist ein Armutszeugnis und verdient die Bezeichnung „Neuordnung der Medienordnung“ nicht!

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5 Ergänzungen

  1. Mich wundert wirklich, warum alle Welt im Moment nur über das Telemediengesetz spricht – die andere Hälfte der Reform, nämlich der sechsten Abschnitt des neuen Rundfunk-Staatsvertrags, wird fast nie erwähnt. Dabei geht es dort genauso ums Eingemachte wie im TMG.

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