Klage gegen Virgin und Creative Commons

Die Eltern einer texanischen Schülerin reichten vergangene Woche Klage gegen Virgin Mobile ein, da deren australischer Ableger ein Bild ihrer Tochter in einer Werbekampagne benutzt hatte. Das Bild war von einem anderen Erwachsenen unter Creative Commons Lizenz auf Flickr eingestellt worden. Dadurch sehen die Eltern die Persönlichkeitsrechte ihrer Tochter verletzt, da weder sie noch ihre Tochter selbst die Erlaubnis zur kommerziellen Nutzung gegeben hätten. Der Fotograf wiederum klagt gegen Creative Commons, weil er sich unzureichend über die Konsequenzen einer CC-Lizenz informiert sieht, welche die kommerzielle Nutzung erlaubt.

Lawrence Lessig hat in seinem Blog dazu Stellung genommen und stellt fest, dass sich CC-Lizenzen in der Tat bislang in keiner Weise mit dem komplexen Feld von Persönlichkeitsrechten auseinandergesetzt haben. Darüber hinaus betont er aber, dass CC-Lizenzen dennoch in der Rechtspraxis funktionierten und unterstreicht die CC inherenten Ziele:

Second, our desire to make our licenses clear far exceeds any obligation that may be imposed by the law. We’ve tried to make copyright simpler than Congress did (at least for the vast majority of those now regulated by copyright) (See, for example, the efforts we’ve taken to simplify the right of a copyright holder to terminate a transfer of his rights.) So too do we try to make the meaning of our licenses simpler than any standard that might be required by the law.

Er räumt aber gleichzeitig ein, dass der Schutz von Persönlichkeitsrechten ein Erfordernis darstellt, das Creative Commons zu einer intensiveren Beschäftigung mit der Materie zwingt:

But third, this case does demonstrate that there is work to be done beyond the scope of what CC has tried to do so far. The CC licenses, for example, don’t purport to deal with rights of privacy. We’ve already begun to think about whether we should because of an iCommons node, or project, our chairman, Joi Ito, wants to launch called the „freesouls“ project. Joi’s aim is to produce high quality images of interesting people, licensed under a CC-BY license. He certainly recognizes that means commercial entities (like Virgin) can use his photographs. But without a „model release,“ such use is not simple. Making it simpler — for those who want to enable that simple use, both photographer and subject — is the objective of Joi’s project. Simpler either by a general release, or a simple mechanism to secure particular permissions. Again, the CC-BY license solves the permissions problem for all copyrights. But it does not solve the permissions problem for a publicity right, or a right of privacy.

Grundsätzlich geht er aber davon aus, dass kein Gericht in einer solchen Situation eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch den Fotografen gesehen hätte. Vielmehr stellt er darauf ab, dass gerade nicht kommerzielle Lizenzen in der Lage seien, eine andere Kultur schaffen, in welcher gemeinschaftliches Teilen an die Stelle „kommerzieller Nutzung“ treten kann. Im Übrigen verweisst er darauf, dass sich der Charakter eines Bildes, dass z.B. von einem Spanner unter CC BY-NC Lizenz eingestellt wurde, nicht ändere und ebenso klar eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten darstellen kann, wie bei einem anderweitig lizenzierten Werk. Eine CC-Lizenz biete den meisten Nutzern hingegen mehr Schutz als freies Posting, ohne gleichzeitig auf restriktives Urheberrecht zurückgreifen zu müssen.

Weitere Informationen:
http://www.intern.de/news/
http://joi.ito.com/
http://yro.slashdot.org/
http://flickr.com/

Deine Spende für digitale Freiheitsrechte

Wir berichten über aktuelle netzpolitische Entwicklungen, decken Skandale auf und stoßen Debatten an. Dabei sind wir vollkommen unabhängig. Denn unser Kampf für digitale Freiheitsrechte finanziert sich zu fast 100 Prozent aus den Spenden unserer Leser:innen.

6 Ergänzungen

  1. Warum denn so kompliziert, der Fall ist doch völlig klar: Es gibt die Persönlichkeitsrechte abgebildeter Personen und es gibt das Urheberrecht des Fotografen. Creative Commons KANN nur zweites beeinflussen. Wenn Lawrence die Persönlichkeitsrechte mit einschließen will in eine etwaige neue Lizenz, dann muss diese Lizenz erst erfunden werden. Die Frage, ob Creative Commons eventuell darüber informieren sollte, dass die Persönlichkeitsrechte nicht eingeschlossen werden, ist ja das eigentlich Interessante hier. Deswegen hat ja der Fotograf geklagt, so wie ich das verstehe…

  2. gut zusammengefasst, allgemein stellt sich die Problematik gar nicht, wenn eine CC-Lizenz die kommerzielle Nutzung ausschließt. Da hier aber der Fotograf diese gewählt hat, hat er die Nutzung durch Virgin rechtlich überhaupt erst möglich gemacht, insofern ist es doch wieder nicht so einfach. Die Persönlichkeitsrechte Dritte kommen erst durch die Lizenzwahl ins Spiel, denn in einem Kontext der auch online als „persönlich“ zu verstehen ist, sind sie vordergründig nicht problematisch. Möglicherweise war dieser Unterschied dem Fotograf auch gar nicht bewusst, als er die Bilder auf Flickr hochgeladen hat. Es braucht also keine neue Lizenz, sondern die Lizenzen, welche die kommerzielle Nutzung ermöglichen, müssen diese Aspekte schon bei der Wahl klarstellen und das soll im Rahmen des „Freesouls“-Projekts ja offenbar geschehen.

  3. Ach so, dass das bei privater Nutzung nicht ins Spiel kommt, war mir nicht so ganz klar. Wieso denn eigentlich nicht? Wenn jemand ein Bild von mir verbreitet, was ich nicht möchte, müsste ich das doch unterbinden können, egal ob das kommerziell oder nicht kommerziell motiviert ist, oder wie ist das?!?

  4. @Musikdieb

    natürlich, L.Lessig sieht das allerdings nicht als so erheblich an, da sich diesbezüglich keine Unterschiede zu einer „normalen“ Lizenz ergeben. Für Creative Commons steht die Entstehung einer „Sharing Economy“ im Vordergrund , die es den Rechteinhabern selbst ermöglicht über die ihre Werke zu entscheiden. Die Annahme ist hierbei, dass es kulturelle Wertschöpfung gibt, die eindeutig im privaten Bereich liegt und solche die ebenso eindeutig im öffentlichen bzw. kommerziellen Bereich stattfindet.

    Behandelt man beide Bereiche gleich, tritt der Aspekt der „Sharing Economy“ zurück, den man mit den iCommons gerade fördern will. Die Rechteinhaber sollen durch ihren Willen kulturelle Räume schaffen können, die das gewöhnliche Urheberrecht nicht ermöglicht. Wenn die User dies nicht wollen, sollten sie keine CC-Lizenz wählen.

  5. Es darf nicht sein, dass Bilder von mir im Internet, Zeitungen oder TV gezeigt werden, von denen ich nichts weiss. Jede Veröffentlichung muss Genehmigungspflichtig sein. Ansonsten gibt es immer Versuche sich rauszureden und Bilder zu verkaufen die danach in einem Zusammenhang gebracht werden mit dem ich absolut nicht einverstanden bin.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.