Datenhunger deutscher Polizeibehörden

Spiegel-Online berichtet ausführlich über den Datenhunger deutscher Polizeibehörden: Die Polizei, Dein Freund und Datensammler. Und der ist mehr als erschreckend.

Allein beim digitalen „Rauschgift-Informationssystem“ hatte Betzl bei mehr als einem Drittel der geprüften Fälle „erhebliche Zweifel an der Erforderlichkeit der Speicherung der Daten“. Auch sein schleswig-holsteinischer Kollege Thilo Weichert berichtet: „Es kommt immer häufiger vor, dass die Polizei unschuldige Bürger in ihren Akten als Verdächtige führt“. Angesichts von aktuell rund 3,4 Millionen Personen-Kriminalakten, die in Deutschlands Polizeistuben lagern, eine beängstigende Aussage. Auch Freigesprochene oder Bürger, deren Verfahren eingestellt wird, müssen laut Weichert damit rechnen, möglicherweise noch Jahre später in den Computern der Sicherheitsbehörden gespeichert zu sein. Zudem sei es „ein gängiges Problem“, dass die Kriminalakten von Verdächtigen auch nach den mehrjährigen Fristen oft nicht gelöscht würden.

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Als besonders fleißig beim Datensammeln gilt neben Bayern auch Hessen, wo laut dem hessischen BKA 2008 „das modernste Labor zur DNA-Analyse bundesweit“ entstehen soll. Weichert kritisiert, dass die Polizei zunehmend die DNA auch politischer Aktivisten abnehme. So soll die niedersächsische Polizei bei einer friedlichen Demonstration von Castor-Gegnern laut eines Berichts der „Datenschutz Nachrichten“ Zigarettenkippen für spätere DNA-Proben in Plastiktütchen einzeln gesammelt haben. In Oberbayern musste ein 20-Jähriger seinen DNA-Fingerabdruck abgeben, weil er verdächtigt wurde, die Hauswand eines NPD-Politikers mit Anti-Nazi-Sprüchen beschmiert zu haben. „Die Polizei sammelt Daten von politischen Aktivisten“, kritisiert Siegfrid Benker, Chef der Grünen-Stadtratsfraktion in München.

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Eine Ergänzung

  1. Angenommen es gäbe einen Massen-Speicheltest und ich ginge hin, dann hätten die meinen Namen auf der Liste, nebst der Nummer meiner Probe, das ganze wird EDV-technisch verarbeitet, damit die Freunde&Helfer mich abhaken können.
    Schon bin ich auf einer Liste von der ich nicht weiß, was mit ihr geschieht. Wenn die Polizei Backupdateien ihrer Arbeit anlegt, wovon man wohl ausgehen kann, dann landet mein Name zusammen mit dem Hinweis auf meine Teilnahme an einer DNA-Überprüfung, den anderen Daten aufgrund derer ich überhaupt zu dieser Überprüfung eingeladen wurde (Alter, Name, Größe, Geschlecht, Wohnort, ethnische Zugehörigkeit, Blutgruppe, Fingerabdrücke, ggf. sexuelle Präferenz, ggf. Beruf) irgendwo in deren Datenkeller. Ich komme aus deren Systemen doch nie wieder raus. Wenn diese Daten grenzübergreifend anderen Polizeibehörden mitgeteilt werden, hänge ich auch in deren Dateien und Backups drin.

    Was ist mit den Labors, von denen die Spurenträger überprüft werden? Die fertigen doch bestimmt auch Backups an? Drucken die Ergebnisse aus? Da haben sehr viele Menschen Umgang mit meiner DNA.

    Wenn die Polizei konsequent ist, gleicht sie meine Daten, die sie im Zuge der Ermittlungen zum Verbrechern A erhoben hat, auch gleich noch mit anderen Verbrechen ab. Ziemlich unübersichtlich das ganze.

    Die Konsequenz daraus kann nur sein, sich jeglicher Kontrolle zu entziehen. Obwohl… dann macht man sich ja erst recht verdächtig. Man kann sich der Verdächtigung durch den Staat also gar nicht entziehen.

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