Bundesrat unterstützt die Musikindustrie-Lobby

Das war ja fast zu erwarten: Bundesrat sägt am Richtervorbehalt bei Auskunftsanspruch gegen Provider.

Der Rechtsausschuss des Bundesrats fordert eine deutliche Verschärfung des heftig umstrittenen Regierungsentwurfs zur einfacheren zivilrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte, um Urheberrechtsverletzer im Internet besser zu erfassen. Den Fachpolitikern ist vor allem der geplante Auskunftsanspruch gegen Netzprovider nicht weit genug gefasst, mit dem die Bundesregierung gemäß einer entsprechenden EU-Richtlinie das illegale Treiben in Tauschbörsen eindämmen will. Demnach sollen hierzulande allgemein auch indirekt an Rechtsverletzungen beteiligte Dritte verpflichtet werden, die Identität von Verdächtigen preiszugeben.

Nachdem die Bundesregierung den Gesetzentwurf der Richtlinie zur Durchsetzung von Geistigen Eigentum „relativ verbraucherfreundlich“* beschlossen hat, springt der Unions-dominierte Bundesrat als Vollstrecker der Medienindustrie in die Debatte. Und fordert weniger Datenschutz, weniger Rechtsstaat und mehr Abmahnmöglichkeiten. Nutzniesser dieser Forderungen sind vor allem Film- und Musikindustrie, die gerne neue „innovative“ Geschäftsmodelle nutzen wollen: Massenabmahnungen der eigenen Kundschaft und Zielgruppen, am besten gleich industriell durchgeführt. Argumentiert wird, dass z.B. ein rechtsstaatlicher Richtervorbehalt dem Justizsystem zuviele Kosten verursachen würde…

Diese Richtlinie ist übrigens der Vorgänger der IPRED2, wo gerade auf EU-Ebene versucht wird, dieselben Dinge gleich zu kriminalisieren. Das ist die Richtlinie, womit der CDU-Abgeordnete Klaus-Heiner Lehne sich theoretisch selbst in den Knast bringen könnte.

Update:

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9 Ergänzungen

  1. „Ich glaube, manche Politiker wissen echt nicht, was sie tun.“

    Wenn es sooo einfach wäre, dann würden allein schon kulturelle Argumente (Vielfalt etc.) ausreichen, um einen Politikwechsel zu erreichen.

    Das Problem ist: Die Politiker wissen GANZ GENAU was sie tun.

  2. Das würde ich nicht so unterschreiben. Ich mag auch keine Verallgemeinerungen a la „die Politiker“TM. Ich denke mal, die meisten Politiker sind sich tatsächlich nicht bewusst, welche Folgen ihre Gesetze für eine digitale Gesellschaft haben. Und der Rest lebt in den Erinnerungen des eigenen Jura-Studiums. Und da lernten die eben eine Zeitlang, dass „Geistiges Eigentum“ geschützt werden muss – im analogen Zeitalter.

  3. Somindest die Fachpolitiker, die für die Ausarbeitung der Gesetzesentwürfe etc. in ihren jeweiligen Bereichen zuständig sind, sollten sich umfassend zu informieren (über einen kostenlosen Internetanschluss dürften ja wohl die meisten Politiker verfügen … und für was gibt es schließlich Seiten wie diese hier) und sich nicht nur auf von Lobbyisten verbreitete Statements verlassen.

    „Geistiges Eigentum“ ist ein gutes Beispiel. Der Begriff wird in Deutschland erst seit den 1970er/1980er Jahren verwendet. Hinter seiner Einführung stand eine ganz klar ökonomisch motivierte Strategie mit dem Ziel, alle Formen von Eigentum gleich zu behandeln. Mit der ursprünglichen / eigentlichen Konzeption des „Urheberrechts“ (Ausgleich zwischen den Interessen der Schöpfer und der Allgemeinheit) hat all das, was heute mit dem „Schutz“ des „Geistigen Eigentums“ gemeint ist, nichts (wenig) zu tun.

  4. Es ist ganz einfach und damit sparen wir uns jegliche Diskussion:

    Wenn jemand anderem etwas gehört, gehört es nicht dir.
    Wenn du es trotzdem hast, hast du es gestohlen.
    Damit bist du ein Dieb und du wirst dafür bestraft.

    Alle diejenigen, die nichts gestohlen haben, brauchen sich gar keine Sorgen zu machen. Von ihnen und ihren Daten will niemand etwas. Sondern nur von denen, welche ein urheberrechtlich geschütztes Werk in irgendeiner Tauschbörse öffentlich anbieten bzw. herunterladen. Denn dieses einzige File überführt sie als Dieb.
    Diejenigen, die jetzt mit dem Datenschutz argumentieren, wollen nur ihr Verbrechen verschleihern, um damit in Ruhe weitermachen zu können.
    Wer hier also widerspricht, kann sich genau dort einreihen.

  5. Erstens: Es geht hier nicht um Diebstahl, es geht um Urheberrechtsverletzungen. Das kann dir jeder Jurist bestätigen. Und das Urheberrecht, genauso wie das Patentrecht, ist ein sehr wackliges, flexibles und vielschichtiges Gebilde. Das ist das berühmt-berüchtigte „geistige Eigentum“, über das weiter oben schon diskutiert wurde.

    Zweitens: Es geht tatsächlich um Datenschutz.

    Drittens: Beides hat im Grunde nichts miteinander zu tun, ausser, dass hier der Datenschutz zufälligerweise beim Thema „geistiges Eigentum“ ausgehebelt werden soll. Wenn du das hier vermengst, dient das in keinster Weise einer sachlichen Diskussion sondern ist lediglich ein persönlicher Angriff auf diejenigen, die sich in die Datenschutz-Diskussion einmischen und eventuell eine Urheberrechtsverletzung (Filesharing) begangen haben.

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