Brauch ich jetzt eine Lizenz zum Rundfunken?

Die Taz hat ein Interview mit dem NRW-Medienwächter Norbert Schneider: „Besorgt euch eine Lizenz!“ Und darin formuliert er interessante Fragestellungen:

Das Netz ist also künftig nicht mehr frei?

Wenn ich in Zukunft die Nutzungszahlen beispielsweise von Radio NRW nehme und feststelle, dass ein Internet-Radio nur knapp dahinter liegt, kann ich doch nicht Radio NRW lizenzieren und dem Medienrecht unterstellen, und der Internet-Anbieter sagt: April, April, ich bin im Netz – und bleibt damit unberührbar. Das Gleiche gilt natürlich für Internet-TV. Vor dem Gesetz sind nun einmal alle gleich.
[…]
Sie wollen im Internet durchgreifen?

Wir sind keine Netzpolizei. Was wir überlegen, ist, ob wir nicht die Pionierphase im Netz, was die Verbreitung von Radio und Fernsehen angeht, für beendet erklären sollten. Ob wir nicht sagen sollen: Macht euch ehrlich und besorgt euch eine Lizenz! Das würde Klarheit bringen. Und den Betroffenen übrigens zeigen, dass Regulierung Schutz bedeutet und nicht Strangulierung.

Wa soll ich sagen? Nach bald zehn Jahren Beschäftigung mit Medienpolitik wundert mich nichts mehr. Mit dieser Meinung ist er auch nicht alleine, da gibt es noch viele andere (alte) Medienpolitiker, die mit dem klassischen Rundfunkdenken aus der Broadcast-Zeit aufgewachsen sind und in der Denkwelt hängengeblieben sind. Ist halt einfacher, das Netz zurück an die gute alte Zeit anzupassen, als umgekehrt alles neu zu denken mit dem ganzen p2p, Many-to-Many und sonstigem Buzzwords. Nur bleiben bei mir jetzt verschiedene Fragestellungen: Wo kann ich denn jetzt eine Lizenz für NetzpolitikTV kaufen? Und was ist mit meinen Podcasts? Wie teuer sind die und bekomme ich dafür auch meinen persönlichen Medienwächter? Gelten meine Creative Commons Lizenzen noch und muss ich Formulare ausfüllen und zurückfaxen?

Und vielleicht sollten wir den Herren noch kurzfristig zur re:publica einladen. Das könnte etwas Realitätscheck bringen.

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6 Ergänzungen

  1. Das macht doch gar keinen Sinn. Die Lizenzen sind ja dafür da das knappe Gut „Frequenzbereiche“ zu verwalten. Wie bitte schön wollen sie den Frequenzbereiche im Netz definieren?

    Zwar ist Bandbreite ein knappes gut, jedoch ist diese „noch“ privatwirtschaftlich „organisiert“ und erst wenn Bandbreite lizenziert (sagen wir mal Backbonebandbreite) werden muss, kann man überhaupt soweit denken Lizenzen für Internetradios zu verlangen. Das wäre dann das Ende der Netzneutralität aus staatlichem Aktionismus und führt bestimmt zu interessanten internationalen Rechtsstreitigkeiten.

    Der Typ gehört abgesetzt, weil ihm scheinbar nicht klar ist, was er eigentlich zu tun hat.

  2. So abwegig das auf den ersten Blick aussieht: Probiere das doch wirklich mal. Ich könnte mir gut vorstellen, dass einer von denen kommt.

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