Tim O’Reilly warnt vor der Zukunft des Web 2.0

Tim O’Reilly warnt neuerdings vor den Gefahren durch Web 2.0:

„But there are dark sides to the internet and Web 2.0“

Als erste Gefahr nennt auch er nun die Bedrohung der Privatsphäre – das Thema hatten wir ja schon mehrfach (z.B. hier, hier, hier, …). Interessant und erfreulich, dass die großen Namen aus der Industrie (zuletzt Scott McNealy von Sun) sich inzwischen immer stärker zum Datenschutz bekennen und sich Gedanken darüber machen, welchen Einfluss ihre Technologien darauf haben.
Die zweite Sorge von O’Reilly ist die Zentralisierung von Macht und Informationen. Seine Prognose: Wenn man nichts dagegen unternimmt, wird aus der versprochenen Demokratisierung des Web 2.0 nur wieder einmal ein Oligopol von wenigen großen Firmen werden. Die meisten kennen wir ja bereits: Technorati, MySpace, Orkut, LinkedIn, Flickr, del.icio.us, YouTube, OpenBC, dazu noch Amazon, Google und Ebay aus der ersten Generation, … (Habe ich etwas wichtiges vergessen? Und wenn schon – ist in zwei Jahren eh bankrott.)

If history is any guide, the democratization promised by Web 2.0 will eventually be succeeded by new monopolies, just as the democratization promised by the personal computer led to an industry dominated by only a few companies. Those companies will have enormous power over our lives – and may use it for good or ill. Already we’re seeing companies claiming that Google has the ability to make or break their business by how it adjusts its search rankings. That’s just a small taste of what is to come as new power brokers rule the information pathways that will shape our future world.

Tim O’Reilly sagt voraus, dass es ein harter Kampf sein wird, wenn diese Konsequenzen verhindert werden sollen. Dazu gehören einerseits bewusste Entscheidungen über das technologische Design, um sicherzustellen, dass nicht alles, was gemacht werden kann, auch gemacht wird.

As a result, I urge you to think hard about the consequences of new technology. Don’t just take for granted that technology will bring us a better world. We must engage strenuously with the future, thinking through the dark side of each opportunity, and working to maximize the good that we create while minimizing the harm.

Es wird aber wohl auch (vermute ich) gesetzliche Vorgaben bzw. deren strikte Anwendung brauchen. Auf den guten Willen der Firmen sollte man sich nicht verlassen, gerade weil es Firmen sind. Als letzte Gefahr nennt O’Reilly nämlich die Gier.
Via RoughType.

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7 Ergänzungen

  1. KLeine Korrektur Ralf: del.icio.us und Flickr gehören zu Yahoo und Orkut zu Google. Interessant wäre auch noch zu wissen, welche Investorengruppen und VCs Anteile mehreren Firmen besitzen.

  2. Ich hatte zwar nicht das Gegenteil behauptet, aber danke für den Hinweis – hier hat die Konzentration also schon begonnen. Dennoch werden auch die Mutterfirmen Google und Yahoo zusehen müssen, dass ihre Sprösslinge irgendwann selber Geld einbringen, was wieder auf das Argument hier verweist. Gibt es irgendwo gute Informationen über die Investoren-Verflechtungen? Da kenne ich mich leider gar nicht aus.

  3. Zumindest bei FlickR gibt es eine Unterscheidung zwischen kostenlosen (max. 200 Bilder oder so) und bezahlten Accounts. ((Ähnlich wie bei OpenBC oder LiveJournal oder … bestimmte Basisfunktionalitäten kostenfrei sind, andere darüber hinausgehende aber kosten)). Ob damit Geld verdient wird, weiss ich nicht (bei FlickR sind das ~ 30 Dollar für zwei Jahre Gebühr).

  4. Technologie ist nicht alles. Langfristige Bindungen zwischen Anbieter und Nutzer schafft man nur durch Inhalte und Qualität. Mit Technologie werden Inhalte verpackt. Mehr nicht. Wer das anders sieht, wird nur so lange überleben, wie er sich von Hype zu Hype angeln kann. Und wer anfängt, über die dunkle Seite einer Technologie zu philosophieren, hat IMHO bereits daneben gegriffen.

    Datenschutz ist noch kein Qualitätsmerkmal. Das kann sich aber bald ändern, wenn immer mehr Menschen die Folgen von Datenmissbrauch tatsächlich zu spüren bekommen. Vor Jahren hat sich auch noch kein Otto-Normal-Nutzer für Viren, Spyware und Co. interessiert. Inzwischen weiß eigentlich jeder (Microsoft-)PC-Nutzer, daß man ein Antivirenprogramm benötigt. Die Schmerzgrenze beim Umgang mit Datenschutz ist eben noch nicht erreicht.

    Das Web 2.0 wird es aber mit Sicherheit auch noch geben, wenn die Menschen vorsichtiger mit ihren Daten umgehen. Hier von einer „dunklen Seite“ zu sprechen, finde ich ziemlich unsachlich. Das hört sich nämlich an, wie zwei Seiten einer Medallie. Aber ich denke nicht, daß die Technologie des Web 2.0 zwangsläufig mit mangelhaftem Datenschutz oder gar Datenmissbrauch einher geht.

    Der Kampf gegen die vermeintlichen Konsequenzen einer Zentralisierung von Informationen gewinnt man sicher nicht durch „Technologiesparsamkeit“. Wenn jemand alle zur Verfügung stehenden Technologien nutzen will, dann soll er es doch tun — wenn dadurch seine Inhalte besser Verpackt bzw. Zugänglich und Nutzbar werden. Man wird aber keinen Inhalteanbieter von Datenmissbrauch abhalten können, indem man ihm zwingt, auf bestimmte Technologien zu verzichten.

    Gesetzliche Vorgaben können helfen, den Datenschutz besser zu stellen, sofern diese Gesetze auf Geschäftsstrukturen, Organisation, Kommunikation und Abwicklung abzielen – nicht jedoch auf Technologie.

  5. Nachtrag: Eine Problematik wird mit der zunehmenden Verbreitung des „Web 2.0“ steigen: Langzeitarchivierung (durch archive.org u. a.) Statische Webseite zu archivieren ist überhaupt kein Problem, serverseitig dynamische Webseiten sind schon schwieriger. Aber durch die (clientseitige) dynamische Vermaschung von Informationen ist es mit heutigen Techniken nicht möglich, Inhalte – die ausschließlich an die Technik des „Web 2.0“ gekoppelt sind – zu archivieren.

    Ich beschäftige mich gerade in einem meiner Projekte mit diesem Thema und muss sagen, die Sache ist wesentlich komplexer als sie auf den ersten Blick aussieht.

  6. @GuidoZ

    „Technologie ist nicht alles. Langfristige Bindungen zwischen Anbieter und Nutzer schafft man nur durch Inhalte und Qualität. Mit Technologie werden Inhalte verpackt. Mehr nicht. Wer das anders sieht, wird nur so lange überleben, wie er sich von Hype zu Hype angeln kann.“

    Ich werde länger leben, als jeder Hype und ich sehe, dass Google Technik mit Inhalt verbindet.

  7. Es wird aber wohl auch (vermute ich) gesetzliche Vorgaben bzw. deren strikte Anwendung brauchen. Auf den guten Willen der Firmen sollte man sich nicht verlassen, gerade weil es Firmen sind. Als letzte Gefahr nennt O’Reilly nämlich die Gier.

    Die zentrale Gefahr wird dabei übersehen: Mangelndes Datenschutzbewußtsein bei den Benutzern.

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