Linux-Verband fordert mehr Offenheit in der IT-Politik des Bundes

Der Linux-Verband schliesst sich unserer Kritik am IT-Gipfel an und fordert in einer Pressemitteilung „mehr Offenheit in der IT Politik des Bundes“ – Open Source Software gehört in Zielkatalog.

Als Reaktion auf die Äußerungen von Politikern und Initiatoren zum IT-Gipfel sieht der Linux-Verband drastische Defizite in der Information der politischen Entscheidungsträger. „Die Möglichkeiten, die Open Source und Freie Software sowohl Anwendern wie auch dem Arbeitsmarkt durch eigene Wertschöpfung bieten, werden offensichtlich nicht wahr-genommen“, so Elmar Geese, Vorsitzender des Linux-Verbandes in Berlin. Es gäbe neben der Open Source Industrie kaum eine zweite Branche, die pro Jahr mehr als 40% Wachstum in Europa verbuchen kann, daher sei es wirtschaftspolitisch unverantwortlich, dies zu ignorieren.

Das Problem liege nicht in der mangelnden Ertragsmöglichkeit, die ausgerechnet der Gründer der extrem erfolgreichen SAP bemängelt hatte. Auch sei nicht die „mangelnde Begeisterung der Lehrer“ schuld am angeblichen Mangel an Arbeitsplätzen, wie Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck glaubte. „In der deutschen Politik ist die Wahrnehmung von Open Source als Standortfaktor nicht angekommen, ganz im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern. Wenn ein IT-Gipfel von den gleichen Großunternehmen und deren Lobbyisten dominiert wird wie andere Public/Private Partnerschaften wie z.B. Sicherheit im Internet, kann man auch keine weitergehende Erkenntnis oder gar sinnvolle Initiativen erwarten.“Weder Open Source Geschäftsmodelle noch die strategischen Optionen für Open Source würden von der Politik und den Öffentlichen Händen hinreichend genutzt und so wird eine große Chance für die Wissensgesellschaft in Deutschland vertan. „Es gibt in Deutschland viel Wissen im Bereich von Open Source, wie z.B. zu Linux, KDE, SAMBA, Apache, OpenOffice und vielen weiteren Projekten. Dieses Wissen wird auch erfolgreich von einer zunehmenden Anzahl von Unternehmen genutzt, weiterentwickelt oder vermarktet“, betonte Geese.

Mittelständische Software-Unternehmen produzierten nach wie vor hierzulande erfolgreich ihre Lösungen und sorgten so für viele Arbeitsplätze in Entwicklung und Service. Hochqualifiziertes Wissen sei die wichtigste Ressource in der IT-Industrie. „Unsere Stärken nicht zu nutzen und weiter auszubauen, wäre ein großer Fehler“, so der mittelständische Unternehmer und Verbandsvorsitzende. „Deshalb muss der Einsatz von Open Source Software eine Priorität im Zielkatalog der Politik erhalten.“ Geese erklärte ferner, alle Aktivitäten seien kontraproduktiv, die weiter die technologische Abhängigkeit Europas von wenigen US-amerikanischen IT-Konzernen und deren geschlossener Entwicklungen zum Ergebnis hätten.

Der Linux-Verband als Vertreter des Linux Business in Deutschland werde sich zusammen mit den zahlreichen anderen Kritikern des Gipfels verstärkt um die Information der politischen Entscheidungsträger über die bereits existierende Bedeutung und das Zukunftspotential von Linux und Open Source bemühen, heißt es abschließend in der Stellungnahme.

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2 Ergänzungen

  1. Open Source mangelt es an PR

    Es hilft nicht, darüber zu klagen, dass Open Source Software bei Gipfeln, wie dem gerade stattgefundenen ‚IT-Gipfel‘ der Bundesregierung kaum Beachtung findet. Denn natürlich werden diese von den ‚Großen‘ der Branche dominiert, die kaum ein Interesse daran haben dürften, der Welt zu erklären, wie praktisch und leistungsfähig diese Form der Computerprogramme ist. Denn sie würden damit ihr eigenes Geschäftsmodell anzweifeln.

    Auch ist kaum zu erwarten, dass Politiker von diesem recht fachspezifischen Inhalt mehr wissen, als sie randständigen Zurufen entnehmen können.

    Trotz aller Erfolge, die Open Source Software auch in staatlichen Institutionen verzeichnen kann, gilt sie in den Köpfen der breiten Mehrheit nach wie vor als Spielwiese einiger weniger computerverrückter Hobbyisten. Dass sich das Bundesland Niedersachsen damit brüstet bereits demnächst seine Rechner auf Windows Vista umzustellen kann als Beleg dafür gewertet werden.

    Vielmehr müsste die Open Source Gemeinde genauso hohe Maßstäbe auf die öffentliche Darstellung anlegen wie sie bei der Qualität der veröffentlichten Software macht. Dies geschieht leider kaum. Anstatt das Novell die Vorteile des unter ihrer Obhut betriebenen opensuse-Projektes herausstreicht, bekommen Interessenten in der letzten Zeit eher den Eindruck, dass Novell viel lieber seine Produkte mit Microsoft abstimmt.

    Von anderen Projekten hört, sieht, spürt man noch weniger, wenn man diese nicht mit viel Interesse verfolgt.

    Dies festigt schnell den Eindruck, dass es sich bei Open Source Projekten doch vorwiegend um spaßige Spielereien einiger weniger nach Feierabend handelt auch wenn er grundsätzlich falsch sein mag.

    Um von großen proprietär arbeitenden Unternehmen im Rennen um die öffentliche Meinung nicht vollends abgedrängt wird, muss man auch in diesem Sektor einiges Mehr an Arbeit leisten. und dies geschieht leider viel zu wenig.

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